Ehrenamtsarbeit in der Pandemie
Viele setzen während der Pandemie auf digitale Angebote, im "zentrum plus" wird jetzt wieder ganz analog telefoniert. Warum?
Wir machen den Menschen, die wir im zentrum plus begleiten, natürlich auch digitale Angebote. Aber nicht alle älteren Menschen, die zum Beispiel noch zu Hause leben, finden dazu einen Zugang. Wenn beispielsweise bereits eine leichte Demenz vorliegt, sind die Menschen von einem Videotelefonat oft schlicht überfordert. Hinzu kommt, dass viele Menschen in der digitalen Kommunikationswelt außen vorbleiben, weil ihnen beispielsweise die finanziellen Mittel fehlen. Uns war aber wichtig, auch zu diesen Menschen Kontakt zu halten. Darum haben wir die "Telefonsterne" ins Leben gerufen. Das sind Ehrenamtliche, die bis zu drei Mal in der Woche ältere Menschen anrufen, die alleine zu Hause leben.
Saule Skarzauskaite, Leiterin des "zentrum plus" der Diakonie Düsseldorf in Heerdt
Und das funktioniert?
Das klappt wunderbar. Wir haben versucht, Menschen zusammenzubringen, von denen wir wissen, dass sie ähnliches erlebt oder ähnliche Interessen haben. Zum Beispiel eine ältere Dame, die aus dem ehemaligen Ostpreußen stammt, mit einer Ehrenamtlichen, die ebenfalls Bezüge zur Gegend hat. Damit die Gesprächsthemen nicht ausgehen, haben wir uns außerdem vorab mit den Ehrenamtlichen zusammengesetzt und uns Themen überlegt, über die sie mit den älteren Menschen sprechen können. Der Vorteil des Telefondienstes ist, dass die Ehrenamtlichen schnell merken, wenn irgendetwas bei ihren Telefonpartnerinnen und –partnern nicht in Ordnung ist – und uns das dann zurückmelden. So können wir schnell eingreifen, wenn wir merken, dass jemand Hilfe braucht. Einfach mal einen Menschen anrufen, von dem ich weiß, dass er alleine ist – das könnte ich eigentlich auch. Natürlich. Es gibt so viele ältere Menschen die alleine leben.
Gibt es etwas, worauf ich dabei achten muss?
Beim Telefonieren zählt jedes Wort, darum ist es sinnvoll, sich vorab über das Gespräch Gedanken zu machen: Fragen sind zum Beispiel nicht nur dazu da, um Auskunft zu erhalten. Fragen können dem Angerufenen auch dabei helfen, Lösungen für Probleme zu finden. Wichtig ist auch, ein wirkliches Interesse für die Themen des Gegenübers mitzubringen und sich klar zu machen, dass der Angerufene und nicht man selbst beim Gespräch im Mittelpunkt steht. Einen Menschen anzurufen, um eine gute Tat zu tun, aber dann ausschließlich von sich selbst zu sprechen, ist kontraproduktiv. Das bedeutet auch, dass die Zuhörenden manchmal aushalten müssen, dass sich keine Lösung für ein Problem findet. Übrigens ist es beim Telefonieren auch wichtig, Schweigen aushalten zu können. Darauf kann ich den Angerufenen auch aufmerksam machen, indem ich sage: "Was meinen Sie, sollen wir vielleicht einmal eine Pause machen?"
Und wenn das Gespräch kein Ende nimmt?
Auch das müssen Sie in dem verabredeten Zeitraum aushalten. Schließlich haben Sie das Angebot gemacht, dann müssen Sie auch die Geduld mitbringen, das Gespräch in Ruhe zu Ende zu führen. Wenn das Gespräch sich dem Ende nähert, kann man aber zum Beispiel darauf hinweisen, in dem man den Blick auf das Kommende lenkt, etwa durch eine Frage wie: "Was machen Sie denn nach unserem Telefonat?"
Das Gespräch führte Anne Wolf (Diakonie Düsseldorf).
Diakonie RWL-Reportage über Weihnachten im "zentrum plus"
Corona-Virus: Wichtige Hinweise für diakonische Träger
Ehrenamt / Freiwilliges Engagement
Die Diakonie RWL und das Referat Ehrenamt der Diakonie Düsseldorf haben eine Broschüre zum qualifizierten Telefonieren mit vielen Praxisbeispielen und Tipps herausgebracht. Die Broschüre "Engagementfeld telefonieren – Handreichung für Ehrenamtskoordinatoren und - koordinatorinnen" richtet sich in erster Linie an Mitarbeitende in sozialen Einrichtungen, die ein Telefonangebot aufbauen wollen, enthält aber auch viele nützliche Tipps für "Normaltelefonierer".