20. September 2022

Online-Beratung

Die Schwelle senken

Ein paar Klicks und schon landen Ratsuchende an der richtigen Stelle, können Termine vereinbaren oder per Chat, Telefon oder Video Hilfe finden. Das Potenzial von Beratung im Internet ist riesig. Seit Juli stellt die Diakonie Deutschland eine eigene Plattform für Online-Beratung zur Verfügung. Die Sucht- und Drogenhilfe der Diakonie Mark-Ruhr ist eine der ersten Stellen, die sie nutzen – mit großem Erfolg.

  • Frank Bannasch und Paul Kortüm-Jung benutzten bereits erfolgreich das neue Beratungs-Portal der Bundesdiakonie für ihre Arbeit.
  • Jemand hält ein Smartphone in den Händen.
  • Internetchat im Wohnzimmer.

"Ohne das Angebot der Plattform wäre ich nicht zu Ihnen gekommen." An den Satz erinnert sich Frank Bannasch gut: Eine neue Klientin sagte ihm das gleich beim ersten Kennenlernen. Frank Bannasch ist Fachdienstleiter für den Bereich Sucht- und Drogenhilfe bei der Diakonie Mark-Ruhr. Seine Beratungsstelle ist eine der ersten, die die neue Plattform der Diakonie Deutschland für Online-Beratung nutzen. Und wie bei der Klientin ist sie für einige der Grund, aus dem sie sich trauen, überhaupt Kontakt zur Beratungsstelle aufzunehmen.

Seit Juli steht die Plattform zur Verfügung. In einer Startphase sollten erst einmal die Einrichtungen, die bereits mit anderen Varianten der Online-Beratung gearbeitet haben, das neue Angebot ausprobieren. Jetzt wird es auch breiter ausgerollt. Die neue Plattform ermöglicht es Klient*innen und Beratenden, ersten Kontakt aufzunehmen, Beratungstermine zu vereinbaren und diese durchzuführen. Per Chat, Videokonferenz oder telefonisch – auf dem Laptop, Tablet oder Smartphone. Menschen, die an einer Beratung interessiert sind, geben das Themenfeld ein, in dem sie Bedarf haben, ihre Postleitzahl und kommen in wenigen Schritten mit Mitarbeitenden in Kontakt.

"Jüngere chatten oder mailen lieber, als anzurufen"

"Die Komm-Struktur der Beratungsstellen ist etwas, das bei jüngeren Leuten nicht so gut ankommt. Sich aufzumachen und zu einem Termin vor Ort zu gehen, ist und war immer hochschwellig", sagt Frank Bannasch. Sein Kollege Paul Kortüm-Jung bestätigt: "Die Generation der unter 30-Jährigen telefoniert sehr ungern." Die Chatfunktion der Beratungsstelle ist daher eine gute Möglichkeit, auch ohne Telefonat einen Termin zu vereinbaren. Klient*innen können jedes Mal aufs Neue entscheiden, ob sie chatten, telefonieren oder mit Video sprechen wollen. Im Portal müssen sie sich außerdem nicht mit ihrem richtigen Namen anmelden, sondern können vorerst anonym bleiben.

Um das Angebot bekannter zu machen, wurden im Gebiet der Diakonie Mark-Ruhr Postkarten mit QR-Codes verteilt. Wer sie mit der Handy-Kamera einscannt, landet direkt im Beratungsportal. Die Codes können auch zu einem bestimmten Mitarbeitenden führen. Das ist sinnvoll, wenn Ratsuchende bei Vorträgen oder Präventionsveranstaltungen die Berater*innen kennenlernen konnten. So können sie sicher gehen, dass sie mit ihrem Anliegen an ein bekanntes Gesicht geraten.

Frau sucht auf dem Beratungsportal der Bundesdiakonie nach einem passenden Beratungsangebot.

Ganz bequem von zu Hause aus können Ratsuchende ein passendes Angebot für sich finden.

Online-Beratung als zusätzliches Angebot

Ein großer Vorteil der neuen Plattform ist, dass Menschen sich zu Hause beraten lassen können, betont Paul Kortüm-Jung. "Ich sehe das trotzdem nicht als 'entweder online oder persönlich'", so der Sozialarbeiter. "Vielmehr ist Online-Beratung eine sinnvolle Ergänzung, um den Menschen ein flexibles Angebot machen zu können." Auch in der nach wie vor bestehenden Corona-Pandemie hat die Online-Beratung Vorteile: Erst neulich hatte der Sozialarbeiter eine Klientin mit positivem Corona-Test. Die Krisenberatung musste deshalb aber nicht ausfallen, sondern wurde nur ins Digitale verlagert.

Eine Frage, die bei allen digitalen Angeboten von Bedeutung ist, ist die nach dem Datenschutz. "Für uns war es sehr erleichternd, dass wir ein Programm bekommen haben, bei dem geprüft wurde, ob es datenschutzkonform ist", sagt Frank Bannasch. Die einzelnen Träger und Beratungsstellen haben meist nicht die Möglichkeit, selbst zu prüfen, ob ein Portal auch unter Datenschutz-Aspekten geeignet ist. Klassische Messenger wie WhatsApp seien in der Beratung nicht erlaubt: zu unsicher.

Das Beratungsportal der Diakonie Deutschland ermöglicht den Einrichtungen, digital und datenschutzkonform Klient*innen zu erreichen.

Frank Bannasch sieht viele Vorteile in dem Beratungsporal. Gespräche sind zum Beispiel auch während des Mobilen Arbeitens möglich.

Gesucht: Mehr Stellen für Online-Beratung

Doch noch nutzen nicht alle Stellen das neue Portal. Auch bei der Diakonie Mark-Ruhr ist es bislang nur die Sucht- und Drogenberatung – Insolvenz- und Schuldnerberatung sowie Wohnungslosenhilfe stehen aber in den Startlöchern. "Wir hoffen, dass bald mehr Stellen das Portal nutzen", sagt Frank Bannasch. Da die Beratungsangebote der Träger meist kommunal finanziert sind, ist es auch nur in Ausnahmefällen möglich, sich von einer Beratungsstelle Hilfe zu holen, die nicht im eigenen Postleitzahlgebiet liegt. 

Auch für die Beratenden hat das Portal Vorteile, betont Frank Bannasch: Beratungsgespräche sind damit auch im Mobilen Arbeiten, also von zu Hause möglich. Um die Scheu vor dem neuen, digitalen Portal zu senken, hat Paul Kortüm-Jung bereits ein Handbuch geschrieben, mit dem alle – egal wie digitalaffin oder geübt – einen Einstieg finden können. Auch bei einer Stelle zu hospitieren, die das Portal bereits nutzt, den Erfahreneren also über die Schulter zu gucken, sei eine gute Möglichkeit, den Übergang zu erleichtern, erzählt der Sozialarbeiter.

Ob nun tatsächlich mehr Klient*innen in die Beratungsstelle gefunden haben, lässt sich schwer sagen. Wären sie nicht gekommen, hätte es das Angebot nicht gegeben? Was Frank Bannasch aber sagen kann, ist, dass sich das Angebot in seiner Beratungsstelle mittlerweile etabliert hat. Zwei bis drei Anfragen gebe es durchschnittlich jede Woche. "Die Kurve bricht im Moment nicht mehr", sagt er.

Text: Carolin Scholz; Fotos: Diakonie Mark-Ruhr, Diakonie Deutschland/Canva, Pixabay

Ihr/e Ansprechpartner/in
Jana Hofmann
Stabsstelle Politik und Kommunikation
Weitere Informationen

Bei Fragen zum Online-Beratungsportal hilft das Zentrum Kommunikation der Diakonie Deutschland weiter: 

Jörn Hoffmann 
Telefon: 030 652 11-1871
Mail: online-beratung@diakonie.de