17. Juni 2022

Sprachkurs für Geflüchtete

"Ehrenamt – ein schönes Wort"

Erst einmal ankommen – Viktoria Opanasyk ist mit ihrem Mann und ihren drei Kindern vor dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland geflüchtet. Im Café Connect der Diakonie Gütersloh hat sie Anschluss gefunden. Und ein neues Ehrenamt: Die studierte Germanistin gibt Deutschkurse für andere Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind.

  • Volle Konzentration vor der "Klasse": Viktoria Opanasyk übt mit Ukrainer*innen die Kommunikation auf Deutsch. (Foto: Diakonie Gütersloh)

Eine eigene Wohnung, Essenspakete und Behördengänge − Viktoria Opanasyk und ihre Familie haben viel Unterstützung erfahren, seit sie im ostwestfälischen Gütersloh angekommen sind. Am 11. März sind sie und ihr Mann mit den beiden zwölf- und vierjährigen Töchtern und dem knapp über ein Jahr alten Sohn aus der Nähe von Kiew geflohen. "Meine Mutter und mein Bruder sind mit uns geflohen", erklärt Viktoria Opanasyk. Jetzt lebt sie mit ihrer Familie in einer Wohnung, die ihnen Bekannte aus Gütersloh vermittelt haben.

Im Rathaus bekam sie eine Liste mit Stellen, an die sie sich bei unterschiedlichen Belangen wenden kann, darunter auch die Flüchtlingsberatung der Diakonie Gütersloh und das Café Connect. "Ich finde es toll, dass die Diakonie so etwas anbietet", bekräftigt Viktoria Opanasyk. "Es war direkt so gemütlich und beruhigend". Der Begegnung mit anderen Ukrainer*innen misst sie eine große Bedeutung zu, denn so könne man erfahren, wie es anderen gehe. "Und wir tauschen uns aus, geben uns Tipps", sagt sie.

Im Café Connect unterstützen – aber wie?

Auch Katharina Stein von der Flüchtlingsberatung hat diese Erfahrung gemacht: "Wenn es zum Beispiel um ein Formular geht, dann hat es oft jemand aus der Gruppe dabei und zeigt es den anderen, damit sie wissen, wie es ausgefüllt werden sollte." Hilfe zur Selbsthilfe ist ein wichtiges Thema, damit die Menschen sich nicht ausgeliefert, sondern wirksam und selbstbestimmt fühlen.

Wirksam wollte auch Viktoria Opanasyk sein. "Ich habe direkt beim ersten Treffen gedacht, dass ich hier helfen möchte", sagt sie. Ihre Idee war zunächst, Ukrainer*innen, mit der Deutschen Sprache zu helfen, beispielsweise bei Formularen oder der generellen Kommunikation. Viktoria Opanasyk hat ihre ersten Deutschkenntnisse als Au-pair vor rund 20 Jahren gesammelt. Ihre Einschätzung: "Für mich war es sehr hilfreich, die Sprache dort zu lernen, wo sie auch als Muttersprache gesprochen wird".

Auch in der Kinderbetreuung wird gesucht: Yelena Sentyay passt ehrenamtlich auf die Kinder der Besucher*innen des Café Connect auf. (Foto: Diakonie Gütersloh)

Auch in der Kinderbetreuung wird gesucht: Yelena Sentyay passt ehrenamtlich auf die Kinder der Besucher*innen des Café Connect auf.

Mut finden, Deutsch zu sprechen

Zurück in der Ukraine hat sie dann Deutsch und Englisch mit dem Ziel studiert, Lehrerin zu werden. "Dann kam meine erste Tochter zur Welt und meine Pläne haben sich etwas verändert", erinnert sie sich. Viktoria Opanasyk hat kurze Zeit als Grundschullehrerin gearbeitet und später mehrere Jahre als Erzieherin in einem Kindergarten.

"Ich habe zehn Jahre lang kein Deutsch gesprochen", sagt sie. Verlernt hat sie es definitiv nicht. Durch die erneute Übung und den Ansporn, andere mit ihren Kenntnissen zu unterstützen, ist alles wieder parat. Katharina Stein habe sie dann ermuntert, einen Sprachkurs anzubieten. "Wir haben einfach losgelegt", schmunzelt die Ukrainerin. Elf Personen nahmen am ersten Termin teil, es gibt mehr Anfragen als Plätze. "Wir müssen schauen, wie oft ich das anbieten kann", sagt die dreifache Mutter. Ihre Motivation ist groß, und sie sieht einen besonderen Bedarf: Oft werden Deutschkurse auf Englisch unterrichtet. "Das ist vor allem für ältere Menschen schwierig, die kein Englisch in der Schule hatten", erklärt sie. Ihr ist es wichtig, dass die Ukrainer*innen den Mut finden, Deutsch zu sprechen, und zwar "mehr als nur ein paar Worte".

Viktoria Opanasyk wollte im Café Connect einfach unterstützen. Jetzt bietet sie einen Sprachkurs an und findet: "Helfen tut gut!" (Foto: Diakonie Gütersloh)

Viktoria Opanasyk wollte im Café Connect einfach unterstützen. Jetzt bietet sie einen Sprachkurs an und findet: "Helfen tut gut!"

"Helfen tut einfach gut"

Katharina Stein sieht in dem Angebot von Viktoria Opanasyk eine besondere Chance: "Die Kursteilnehmer haben jetzt schon Erfolgserlebnisse, ganz konkret zum Beispiel beim Einkaufen. Ich denke, dass sie sich im Anschluss daran auch einen Zertifikatskurs zutrauen."

Viktoria Opanasyk ist froh, dass sie den Sprachkurs anbietet und kann anderen Ukrainer*innen ein ehrenamtliches Engagement nur empfehlen, denn: "Helfen tut einfach gut!", ist sie sich sicher. "Dadurch fällt es leichter, sich zu integrieren, man fühlt sich besser und es lenkt von dem ab, was gerade in der Ukraine passiert", sagt sie. Auch ihre Bekannten, die in Polen geblieben sind, arbeiten dort als Freiwillige, als "Volunteers", wie sie sagt. Dann lernt sie den Begriff "Ehrenamt" kennen und findet: "Ein schönes Wort!"

Text: Diakonie Gütersloh, Redaktion: Ann-Kristin Herbst, Fotos: Diakonie Gütersloh

Weitere Informationen

Ehrenamtliche gesucht

Die Diakonie Gütersloh sucht nach Freiwilligen, die Deutsch und Ukrainisch oder Russisch sprechen und gerne Deutschkurse geben möchten. Interessierte müssen keine Erfahrungen als Lehrer mitbringen. Die Kurse sollen niedrigschwellig ein erstes Alltagsvokabular vermitteln.

Außerdem sucht das Café Connect nach Ehrenamtlichen, die bei der Kinderbetreuung unterstützen. So können auch Mütter und Väter die Deutschkurse besuchen.
Kontakt: Diakonie Gütersloh, Tel. 05241 9867 3301, E-Mail: fluechtlingsberatung@diakonie-guetersloh.de

Auch Spenden für die Flüchtlingsarbeit der Diakonie sind willkommen.
Diakonie Gütersloh e.V., KD Bank eG, Dortmund
IBAN: DE50 3506 0190 2118 1550 28
BIC: GENODED1 DKD
Verwendungszweck: Flüchtlingsberatung