18. Juli 2023

Zwei Jahre nach der Flut

Der lange Weg zum Wieder-Einzug

Mit der Flut kam die Zerstörung. Das Haus von Edith Eschweiler aus Stolberg war nach der Katastrophe im Juli 2021 knapp zwei Jahre lang unbewohnbar. Erst Ende Mai konnte sie dort wieder einziehen. Fluthilfeberaterin Franziska Schmitz vom Regionalteam Stolberg der Diakonie Katastrophenhilfe Rheinland-Westfalen-Lippe hat sie auf dem langen Weg des Wiederaufbaus unterstützt und begleitet.

  • Edith Eschweiler (li.) und Fluthilfeberaterin Franziska Schmitz im Keller des Hauses. Eschweiler zeigt ein Foto des zerstörten Kellers.
  • Edith Eschweiler sitzt auf der neuen Treppe in ihrem Haus in Stolberg.
  • Edith Eschweiler mit der alten Tür aus dem Anbau ihres Hauses in Stolberg.
  • Fluthilfeberaterin Franziska Schmitz vom Regionalteam Stolberg.
  • Edith Eschweiler (li.) und Fluthilfeberaterin Franziska Schmitz mit der alten Tür aus dem zerstörten Anbau des Hauses.

Das Erdgeschoss war gerade frisch saniert, die neue Hightech-Küche nicht ein einziges Mal benutzt. Da kam die Flut. "Der Keller war voll, auch im Erdgeschoss stand das Wasser", erinnert sich Edith Eschweiler. Und was sich hinterher als besonders großes Problem herausstellte: Die Feuchtigkeit war in dem alten Gemäuer des Hauses, das 1920 im Zentrum von Stolberg erbaut worden war, bis in die beiden oberen Etagen geklettert. Die Folge waren auch dort Risse in den Wänden und aufgeschwemmte Böden. "Als Franziska Schmitz mich das erste Mal im Haus besucht hat, standen nur noch die Grundwände, alles andere war kaputt, auch Strom gab es nicht", so Eschweiler. Das war im September 2022. Zuvor hatte es immer wieder große Probleme mit der Versicherung gegeben. "Die Bauarbeiten stockten zu diesem Zeitpunkt, weil mir das Geld fehlte, um die Handwerker zu bezahlen."

Edith Eschweiler (li.) aus Stolberg und Fluthilfeberaterin Franziska Schmitz mit einem gefüllten Aktenordner in der neuen Küche des Hauses.

Flutbetroffene Edith Eschweiler (li.) aus Stolberg hat sich gemeinsam mit Fluthilfeberaterin Franziska Schmitz durch Rechnungen, Formulare und Gutachten gearbeitet.

Echte Herausforderung

Den Kontakt zu Franziska Schmitz hatte zuvor eine Mitarbeiterin der evangelischen Kirchengemeinde vermittelt. "Ich war beim Optiker, und wir kamen dort zufällig ins Gespräch. Ich wusste ja bis dahin überhaupt nicht, dass es finanzielle Unterstützung vom Land und sogar aus Spendenmitteln gibt", berichtet die 58-Jährige. "Ehrlich gesagt war ich mit der gesamten Situation total überfordert, dieser ganze Papierkram ist nichts für mich." Für Franziska Schmitz hingegen war die neue Klientin "aus fachlicher Sicht ein Glücksgriff". Sie erzählt: "Ich konnte in diesem besonders komplexen Fall quasi alles durchspielen: Gemeinsam mit Edith habe ich beim Land die Anträge für Hausrat und Wiederaufbau gestellt und im Abschluss sämtliche Förderlinien, die wir als DKH RWL anbieten: von der Haushaltsbeihilfe über den Härtefallantrag und schließlich die Wiederaufbauhilfe. Das war für mich eine echte Herausforderung und sehr spannend."

Fluthilfeberaterin Franziska Schmitz (oben) und Edith Eschweiler sitzen auf der neuen Treppe.

Fluthilfeberaterin Franziska Schmitz (oben) und Edith Eschweiler sitzen auf der neuen Treppe. Beide Frauen sind schnell ein gutes Team geworden.

Für Edith Eschweiler hingegen war die Zusammenarbeit anfangs nicht wirklich leicht. "Franziska war ja für mich eine fremde Person. Und sie ist so jung und gleichzeitig so wahnsinnig kompetent und strukturiert. Ich hingegen kam mir komisch vor, weil ich so hilflos war und ständig geweint habe." Hinzu kam, dass sie für die Antragstellung ihre finanzielle Situation offenlegen musste.  "Da kommt alles auf den Tisch, man zieht sich regelrecht aus, das war mir schon unangenehm." Aber mit ihrer Geduld und Freundlichkeit habe die Fluthilfeberaterin dann doch ganz schnell ihr Vertrauen gewinnen können. "Ich bin so froh, dass ich Franziska habe", sagt Edith Eschweiler heute. Die habe ihr nämlich nicht nur immer wieder Mut gemacht, sie getröstet und ihr zugehört. Sondern sie habe ihr beispielsweise auch gezeigt, wie man Excel-Tabellen anlegt und Belege scannt. "Ich war so eine Art Sortierungshilfe und habe Edith auch manchmal ein bisschen getriezt, damit sie ihre Sachen hinterher selbst erledigen konnte", erklärt Franziska Schmitz und lacht. Was bis heute geblieben ist: Noch immer habe die 58-Jährige Hemmungen, die Spendengelder anzunehmen, berichtet die Fluthilfeberaterin. "Aber ich bestärke sie jedes Mal, dass ihr das zusteht und genau für Menschen wie sie da ist."

Flutbetroffene Edith Eschweiler (li.) und Fluthilfeberaterin Franziska Schmitz mit dem neuen Industriesauger.

Mit dem Geld aus der Förderlinie Haushaltsbeihilfe konnte sich Edith Eschweiler (li.) unter anderem diesen Industriesauger kaufen. 

Industriesauger im Dauereinsatz

Die Zusammenarbeit der beiden Frauen war erfolgreich: Im Dezember 2022 wurden die Anträge vom Land bewilligt, kurz danach kam auch schon das Geld der DKH RWL, mit dem die Haubesitzerin den 20-prozentigen Eigenanteil beim Wiederaufbau reduzieren konnte. "Ab Januar konnte ich die Rechnungen wieder bezahlen, und es ging endlich voran auf der Baustelle", so Edith Eschweiler. Die Treppe wurde neu gemacht, Wände wurden verputzt, Böden gelegt, die Bäder erneuert. Von der Haushaltsbeihilfe hat sie unter anderem einen Industriesauger gekauft, der während der Bauarbeiten nahezu täglich im Einsatz war. Aber worüber Edith Eschweiler besonders glücklich ist: Sie hat endlich wieder eine Küche. "Ich koche und backe für mein Leben gern", sagt sie. 

Was jetzt noch fehlt, sind die beiden Türen für den Außenanbau und ein Bett. Denn seit dem Wiedereinzug vor wenigen Wochen schlafen Edith Eschweiler und ihr Partner auf Matratzen im Erdgeschoss. "Für uns ist hier alles noch ein bisschen fremd und ungewohnt, wir müssen uns hier erst einfinden und neu sortieren", sagt die 58-Jährige. Aber sie ist glücklich, dass sie dabei ihren Partner an der Seite hat. Den hatte sie übrigens erst vier Wochen vor der Flutkatastrophe kennengelernt. Und nachdem ihr Haus zerstört war, hat er sie spontan zu sich ins benachbarte Merkstein geholt. "Das war natürlich ein Risiko, aber es hat wunderbar geklappt mit uns, sodass er Anfang Juni zu mir nach Stolberg gezogen ist." Gemeinsam mit ihm wird sie vielleicht auch ihre große Angst vor Wasser überwinden. Und irgendwann möchte sie sich auch wieder mit einem guten Gefühl im Keller aufhalten können. "Früher habe ich da so gerne stundenlang gebastelt und gebügelt", erzählt sie. "Aber ich war dort unten, als das Wasser kam, das war sehr schlimm für mich. Seitdem kann ich dort nicht mehr gut sein."

Text: Verena Bretz, Fotos: Thomas Lohnes/DKH

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Verena Bretz
Stabsstelle Politik und Kommunikation
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