23. Dezember 2021

Weihnachten in Flutgebieten

Keiner soll alleine bleiben

Eine Kirche voller Geschenke, eine neu gestimmte Orgel, Heiligabend im Zelt: Damit es auch für die Menschen in den Flutgebieten Weihnachten wird, haben sich Kirche und Diakonie in Heimerzheim, Eschweiler und Bad Neuenahr eine Menge einfallen lassen. Denn gerade jetzt soll niemand alleine feiern müssen. 

  • Ein Junge steht mit Weihnachtsbaum auf dem Rücken in einer Kirche voller Geschenke.
  • Eine Gruppe von Helfern steht im weihnachtlich geschmückten Altarraum vor lauter Geschenken.
  • Geschenk mit Karte und Briefen
  • Pfarrer Thomas Richter steht in der Dreieinigkeitskirche von Eschweiler vor dem von der Flut beschädigten Boden.
  • Geschenkübergabe am mit bunten Kugeln geschmückten Wunschbaum
  • Stühleschleppen im Weihnachtszelt in Bad Neuenahr

365, 366, 367 – Natalie Kallas zählt die bunt verpackten Pakete, die sich direkt vorm Weihnachtsbaum mit den großen, roten Christbaumkugeln der Maria-Magdalena-Kirche in Heimerzheim stapeln. Viele sind mit Weihnachtsgrüßen, Sternchen oder kleinen Weihnachtsbären behängt. Auf dem Boden grinst Mr. Bean von einer hellgelben DVD-Hülle, daneben schaut ein Stoffhund aus seiner Verpackung. 

Ein buntes Durcheinander, in das Gemeindemitglied Natalie Kallas gemeinsam mit weiteren Ehrenamtlichen und Elke Feuser-Kohler, mobile Fluthelferin des Diakonischen Werks Bonn und Region, Ordnung bringt. Feuser-Kohlers Sohn Bastian spielt derweil auf dem Keyboard. Dann setzt er sich wieder in Bewegung und hilft mit, die Pädcken zu sortieren.

Natalie Kallas sortiert mit Felix Schmitz (links) und Bastian Feuser die Geschenke, damit alle an die richtigen Adressaten kommen.

400 Weihnachtswünsche erfüllt 

400 Geschenke für Flutbetroffene sind zusammengekommen bei einer Gemeinschaftsaktion der Diakonie und der örtlichen AWO für die Gemeinden des Swisttals. Alle haben einen bestimmten Adressaten, dem damit ein persönlicher Weihnachtswunsch erfüllt wird.

"Oft ist ein kleiner Gruß beigelegt", erzählt Pfarrerin Claudia Müller-Bück, deren Stelle um 25 Prozent für die Fluthilfe aufgestockt und aus Spendenmitteln für die Diakonie Katastrophenhilfe bezahlt wird. "Völlig fremde Menschen haben so eine Verbindung. Und dass jemand an einen denkt, ist vielleicht viel wichtiger als das Geschenk selbst."

Die Päckchen werden an Heiligabend nach der Christvesper in der Maria-Magdalena-Kirche verteilt. Wer nicht da ist, erhält sein Geschenk später. Die Besucherinnen und Besucher des Weihnachtsgottesdienstes sind zudem zu einer gemeinsamen Weihnachtsfeier mit Braten, Rotkohl und Knödeln eingeladen. Die Feier hat der Seniorenbeirat Swisttal mitorganisiert.

Pfarrer Thomas Richter in der Kirche

Pfarrer Thomas Richter freut sich, dass die Orgel zu Weihnachten wieder spielt.

Orgeltöne aus Eschweiler

Knapp 65 Kilometer entfernt wird in der Dreieinigkeitskirche von Eschweiler gerade die Orgel gestimmt. Im Fünf-Sekundentakt erklingen dumpfe Töne aus der Kirche, die in der Innenstadt liegt. "Unsere Orgel war durch das Hochwasser stark in Mitleidenschaft gezogen", berichtet Pfarrer Thomas Richter. Insgesamt wird der Schaden, den die Überschwemmung hier an kirchlichen Gebäuden verursacht hat, auf etwa 1,7 Millionen Euro geschätzt. Gerade noch rechtzeitig zum Weihnachtsfest ist nun die Heizungsanlage wieder repariert.

Im Keller arbeiten aber weiterhin fast ununterbrochen die Bautrockner. Die herausgerissenen Bodenplatten wurden mit Beton ausgegossen, damit sie für die Weihnachtsgottesdienste wieder begehbar sind, an einigen Stellen liegt noch der Bauschutt. 

"Unsere Gemeindeglieder sollen hier ein möglichst normales Weihnachtsfest erleben", hofft Richter. Er möchte die Flut mit ihren schlimmen Folgen deshalb nur am Rande thematisieren. Der Blick soll nun in die Zukunft gerichtet sein. Thomas Richter ist es wichtig, den Gästen seiner Heiligabend-Gottesdienste Zuversicht zu vermitteln. 

Zwei Frauen mit einem kleinen Jungen, der ein Geschenk in den Händen hält.

Ulrike Hoffmann übergibt Ben und seiner Mutter Sandra Richter sein Weihnachtsgeschenk.

Wunschbaum der Friedenskirche 

Von Eschweiler in der Städteregion Aachen sind es rund 90 Kilometer bis nach Bad Neuenahr-Ahrweiler. Hier hat das Hochwasser besonders viel Schaden angerichtet. Doch auch in Ahrweiler soll es Weihnachten werden. Der kleine Ben hält sein Geschenk schon in der Hand. Er hat sich einen kleinen Traktor gewünscht, den ihm Ulrike Hoffmann zwei Tage vor Heiligabend in der Friedenskirche übergibt. Sie arbeitet ehrenamtlich für das Projekt KERIT, eine offene Begegnungs- und Beratungsstätte in Trägerschaft der Evangelischen Kirche Bad Neuenahr.

Ulrike Hoffmann hatte die Idee zu einem "Wunschbaum" mit Sternen, auf die Menschen, die von der Flut stark betroffen sind, ihre Wünsche schreiben konnten. Mit Hilfe von Spenden hat sie 40 Wünsche im Wert von bis zu 20 Euro erfüllt. Nun kommen die "Beschenkten" in die kleine Friedenskirche, um sich ihre Geschenke abzuholen. "Mir ist es einfach ein Bedürfnis, zu helfen", sagt Ulrike Hoffmann. Vor der Tür leuchtet noch der Wunschbaum, an dem die Sterne hingen.

Zwei Männer mit einem Stehtisch im leeren Zelt

KERIT-Leiter Peter Göbler räumt mit Helfer Matthias Zajons Stehtische und Stühle ins Weihnachtszelt.

Weihnachten im beheizten Zelt

An Heiligabend und den Weihnachtsfeiertagen lädt KERIT zum gemeinsamen Feiern in ein beheiztes Zelt ein, das mit Spendengeldern der Diakonie RWL und einer evangelischen Kirchengemeinde aus Goldbach in der Schweiz gekauft wurde. An den Nachmittagen gibt es Weihnachtspunsch, Waffen und viel Gelegenheit, miteinander zu reden und zu spielen.

"Es ist schön, dass wir dieses Angebot noch rechtzeitig organisieren konnten", meint KERIT-Projektleiter Peter Göbler. "An Weihnachten rücken die Flutbetroffenen ein Stück näher zusammen und freuen sich auf ein gemeinsames Fest."

Text: Jörg Stroisch/Redaktion: Sabine Damaschke, Fotos: Frank Schultze

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Ulrich T. Christenn
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