Spendenbilanzen
Es ist eine überschattete Jahresbilanz des evangelischen Hilfswerks "Brot für die Welt". Zu präsent sind die dramatischen Szenen von verzweifelten Menschen, die versuchen, auf das Flughafengelände Kabuls zu gelangen. "Wenn ich die Bilder in Afghanistan sehe, wird mir Angst und Bange", sagt "Brot für die Welt"-Präsidentin Dagmar Pruin während der Vorstellung der Bilanz 2020 in Berlin.
Deutschland und der Westen dürften sich jetzt nicht zurückziehen und die Menschen ihrem Schicksal überlassen. Es müsse bei den neuen Machthabern auf die Einhaltung der Menschenrechte und die Gewährung zivilgesellschaftlicher Freiheit gedrungen werden. Es sei wichtig, dass humanitäre Organisationen wie die "Diakonie Katastrophenhilfe", die Schwester des Hilfswerks von "Brot für die Welt", weiterhin Zugang zu den Notleidenden bekämen. Denn bereits vor dem Vormarsch der Taliban hungerten elf Millionen Menschen.
Es reicht nicht: "Im Kampf gegen den weltweiten Hunger müssen wir uns deutlich stärker anstrengen", fordert Ulrich Christenn, Leiter des Diakonie RWL-Zentrums Drittmittel und Fundraising.
Solidarität gibt Hoffnung
"Mir kommt es oft so vor, als befände sich die Welt im Ausnahmezustand", sagt Ulrich Christenn, Leiter des Zentrums Fundraising und Drittmittel. "Doch die große Solidarität der Spenderinnen und Spender gibt mir Hoffnung." "Brot für die Welt" hat im vergangenen Jahr 76,8 Millionen Euro aus Spenden und Kollekten erhalten – das ist ein Plus von 12,4 Millionen gegenüber dem Vorjahr. Es ist das beste Spendenergebnis seit der Gründung 1959. 14 Millionen Euro stammen aus Rheinland, Westfalen und Lippe. In der rheinischen Kirche konnten 7,59 Millionen, in der westfälischen Kirche 5,99 Millionen und in der lippischen Landeskirche 437.342 Euro gesammelt werden. Rund 242.663 Euro wurden im Saarland gesammelt.
"Das Geld werden wir dringend brauchen, denn wir müssen uns im Kampf gegen den Hunger deutlich stärker anstrengen", so Christenn. Bis 2030 sollte kein Mensch mehr hungern. Dieses erklärte Ziel wollten Entwicklungsorganisationen gemeinsam mit den Regierungen erreichen. Die Corona-Pandemie hatte die Pläne allerdings zunichte gemacht. Allein im vergangenen Jahr sind 120 Millionen Menschen hinzugekommen. "811 Millionen Menschen, die hungern. Das ist eine unbegreifliche Zahl", sagt Ulrich Christenn. "Wir dürfen uns nicht resigniert vom globalen Süden abwenden, sondern müssen für Gerechtigkeit kämpfen."
Folgen des Klimawandels: Die Diakonie Katastrophenhilfe und die Diakonie RWL begleiten die Menschen in den Flutregionen beim Wiederaufbau.
Diakonie Katastrophenhilfe leistet Soforthilfe in NRW
Auch die Spendeneinnahmen der "Diakonie Katastrophenhilfe", der Schwesterorganisation von "Brot für die Welt", lagen 2020 mit 28,6 Millionen Euro deutlich über denen des Vorjahres. Aktuell unterstützt die Diakonie Katastrophenhilfe gemeinsam mit der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe die Menschen in den Hochwassergebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Die Organisationen leisten derzeit unbürokratische Soforthilfen in Form von Bargeld oder Trockengeräten. "Wir gehen jetzt den Wiederaufbau an", sagt Ulrich Christenn. Dabei komme den Betroffenen auch die internationale Erfahrung der Hilfsorganisation nach Flutkatastrophen in Asien zugute.
"Der Klimawandel ist längst kein Horror-Szenario mehr, sondern Realität", betont Dagmar Pruin. Es brauche weltweit, aber auch in Deutschland, deutlich höhere öffentliche Investitionen in die Vorsorge, den Bau von Dämmen, Rücklaufbecken oder Schutzräumen.
Schnelle Hilfe: Haiti wird häufig von Naturkatastrophen getroffen. Die Diakonie Katastrophenhilfe ist deshalb dauerhaft in der Region.
Verheerende Schäden in Haiti
Auch in Haiti leistet die Diakonie Katastrophenhilfe nach dem schweren Erdbeben Soforthilfe. Mehr als 1.400 Menschen haben ihr Leben verloren. Hunderte werden noch vermisst. Nach offiziellen Angaben wurden mehr als 37.000 Häuser komplett zerstört. Auch die lokale Infrastruktur, Schulen und Gesundheitseinrichtungen erlitten verheerende Schäden. In Zusammenarbeit mit den langjährigen Partnern leistet die Diakonie Katastrophenhilfe rasche Hilfe, sorgt für sauberes Trinkwasser und Notunterkünfte.
Insgesamt wurden von "Brot für die Welt" rund 1.800 Projekte weltweit gefördert, darunter sind 669 Projekte in 79 Ländern, die neu bewilligt wurden. Schwerpunkte waren: Ernährung und ländliche Entwicklung, Menschenrechte, Klimagerechtigkeit, Gesundheit und der nachhaltige Umgang mit Ressourcen. Bei der "Diakonie Katastrophenhilfe" waren es 170 Projekte in 39 Ländern. Die meisten Mittel sind 2020 mit 5,2 Millionen Euro in den Südsudan gegangen.
Text: Ann-Kristin Herbst und Sabine Portmann (mit Material von Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe),
Fotos: Brot für die Welt/Diakonie Katastrophenhilfe, Frank Schultze/Diakonie Katastrophenhilfe, Diakonie Katastrophenhilfe/KORAL.
Digitale Pressemappe zur Jahresbilanz
Spenden und Fundraising
Jahresergebnis 2020
Insgesamt hat "Brot für die Welt" knapp 77 Millionen Euro aus Spenden und Kollekten erhalten, bei der "Diakonie Katastrophenhilfe" waren es 28,6 Millionen Euro. In der Corona-Pandemie haben viele Menschen deutlich mehr gespendet. Das außergewöhnlich gute Ergebnis lasse sich aber auch durch die Einnahmen aus den Weihnachtskollekten 2019 zum Jubiläumsjahr von "Brot für die Welt" erklären. Es dauere eine gewisse Zeit, bis die Landeskirchen alle Kollekten weiterleiteten, sagt Dagmar Pruin. Für 2021 rechnet die Präsidentin der Hilfswerke mit einer deutlich niedrigeren Spendenbilanz, da viele Kirchen ihre Gottesdienste in der Corona-Pandemie einschränken mussten und die Kollekten so geringer ausfielen.