Spendenbilanz "Brot für die Welt"
Zum dritten Mal in Folge hat sich die Zahl der weltweit Hungernden erhöht auf jetzt 821 Millionen Menschen. Eine Hauptursache ist der weltweite Temperaturanstieg. Extremwetterereignisse, Überschwemmungen und Dürren vernichten immer öfter die Lebensgrundlage vieler Menschen und untergraben Chancen auf Entwicklung.
"Die Folgen des Klimawandels treffen vor allem die Menschen, die ihn am wenigsten verursacht haben, und sie treffen sie in ihrer Existenz", sagte die Präsidentin von "Brot für die Welt", Cornelia Füllkrug-Weitzel, bei der Präsentation der Jahresbilanz in Berlin. Diese Menschen verfügten über die wenigsten Ressourcen, müssten aber gigantische Kosten tragen, um die Katastrophen zu bewältigen. Die Verursacher des Klimawandels würden sich nur unzureichend für sie einsetzen.
Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von "Brot für die Welt"
Klimawandel bekämpfen
Um Hunger und Fluchtursachen langfristig zu bekämpfen, müsse der weltweite Temperaturanstieg begrenzt werden. "Brot für die Welt" fordert einen klaren Kurs von der Bundesregierung. Die schnelle Senkung der CO2-Emissionen sei der zentrale Hebel. Der Kohleausstieg müsse zügig vorangehen und es brauche eine ehrliche Bepreisung der CO2-Emissionen. "Die Kosten des Klimawandels werden ausgeblendet. Je weniger wir heute gegen den Klimawandel tun, umso teurer kommt er alle zu stehen", so Füllkrug-Weitzel.
Scharfe Kritik übte die "Brot für die Welt"-Präsidentin auch an der Migrationspolitik der EU: "Dass man Menschen auf dem Weg nach Europa absichtsvoll, nämlich zur Abschreckung, sterben lässt, ist ein humanitäres Armutszeugnis für die EU." Es müsse mehr Menschlichkeit geben in der Debatte um die Seenotrettung von Geflüchteten. Von der Bundesregierung forderte die Präsidentin ein Ende der Kooperation mit der libyschen Küstenwache. Bootsflüchtlinge sollten nicht länger in libysche Lager zurückgebracht werden.
Eine Regenrinne am Mount Kenya sorgt für sauberes Trinkwasser.
Kreativ an Trinkwasser kommen
Die Folgen des Klimawandels machen sich auch in den Projekten des Hilfswerks bemerkbar. Die Bewässerung von Agrarflächen und sauberes Trinkwasser in ländlichen Regionen seien oft die wichtigsten Aufgaben in vielen der 90 Einsatzländer. So auch in Kenia, wo sich die Trockenzeiten durch extreme Wetterbedingungen verlängert haben. "Brot für die Welt" greift auf unkonventionelle Methoden zurück, um genügend Trinkwasser zu sammeln. Am Mount Kenya hat das Hilfswerk eine Rinne am Felsen finanziert. Mit ihrer Hilfe wird das Regenwasser erst gesammelt, gefiltert und dann in einem Tank gespeichert.
Im vergangenen Jahr sind die Spenden um 1,8 Millionen auf 63,3 Millionen Euro gestiegen. Das ist das viertbeste Spendenergebnis seit der Gründung des evangelischen Hilfswerks vor 60 Jahren. 2018 wurden 726 Hilfsprojekte neu bewilligt, darunter haben Projekte zur Ernährung und ländlichen Entwicklung den größten Anteil.
Diakonie RWL-Fundraiser Ulrich Christenn hatte die Idee zur Verdoppelungsaktion.
Menschenrechte in Lateinamerika
11,1 Millionen Euro kamen aus dem Rheinland, Westfalen und Lippe. In der rheinischen Kirche konnten 6,2 Millionen Euro, in der westfälischen Kirche 4,7 Millionen Euro und in der lippischen Landeskirche 271.000 Euro gesammelt werden.
Die Gelder wurden auch für Projekte in Lateinamerika genutzt, die sich für Menschenrechte einsetzen. "Unsere Spender verstehen, dass es nicht ausreicht, landwirtschaftliche Projekte zu unterstützen und Brunnen zu bohren, wenn gleichzeitig Menschen von ihrem Land vertrieben werden oder sie unter Gewalt und Justizwillkür leiden", sagte Diakonie RWL-Fundraiser Ulrich Christenn.
"Brot für die Welt" unterstützt Mütter bei der Suche nach ihren verschwundenen Kindern. (Foto: Ulrich Christenn)
Suche nach Verschwundenen
Er war im vergangenen Jahr in Mexiko unterwegs und besuchte Mütter, deren Söhne und Töchter verschwunden sind. Drogenkriege prägen das lateinamerikanische Land in vielen Regionen. In den vergangenen zwölf Jahren starben 200.000 Menschen – mehrere Tausende verschwanden. "Brot für die Welt" unterstützt die Angehörigen bei der Suche und hilft ihnen, Verbrechen bei der Staatsanwaltschaft zu melden. Ohne die Kollekten wäre diese Hilfe nicht möglich. "Wir danken allen, die mit ihren Spenden das Fundament dafür legen, dass Millionen Menschen in mehr als 90 Ländern Wege aus Armut und Not finden", sagte Christenn.
Text: Ann-Kristin Herbst/ "Brot für die Welt", Fotos: "Brot für die Welt"
Interview mit Fundraiser Ulrich Christenn zum Mexiko-Projekt
Spenden und Fundraising