Jahresbilanz 2022
"Die geplanten Kürzungen der Bundesregierung bei der Humanitären Hilfe sind in Anbetracht der aktuellen Lage rückwärtsgewandt und kurzsichtig", sagte Pruin bei der Vorstellung der Jahresbilanz in Berlin. Der Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2024 sieht Kürzungen bei humanitären Hilfsmaßnahmen im Ausland um fast eine Milliarde Euro vor. "Wer ein so wichtiges Budget um ein Drittel reduziert, kürzt nicht, sondern betreibt Kahlschlag", so die DKH-Präsidentin. Stattdessen brauche es in Anbetracht der Klimakrise mehr Bereitschaft für umfangreiche und vorausschauende Hilfe.
Viele Spenden für Ukraine
Die Diakonie Katastrophenhilfe verbuchte im Jahr 2022 Spenden in Höhe von insgesamt 97,4 Millionen Euro. Es war das bisher höchste Spendenergebnis in der Geschichte der Organisation. Das Spendenaufkommen stieg im Vergleich zum Vorjahr, in dem das Hochwasser in Deutschland bestimmend war, nochmals um fast die Hälfte (2021: 66,6 Millionen Euro). Ausschlaggebend war der Krieg in der Ukraine: Für Hilfsmaßnahmen sind bis Januar 2023 zweckgebundene Spenden in Höhe von fast 68 Millionen Euro eingegangen. Zehn Millionen Euro konnten daraus für Maßnahmen in Deutschland bereitgestellt werden. In 245 eigenen Projekten unterstützten Landeskirchen und ihre Träger Geflüchtete aus der Ukraine bei der Unterbringung, Begleitung und Integration in Deutschland.
Auch in Rheinland-Westfalen-Lippe steigerte die Diakonie Katastrophenhilfe ihre Spendeneinnahmen deutlich. Insgesamt 19,3 Millionen Euro Spenden gingen auf den Gebieten der evangelischen Landeskirchen in Rheinland, Westfalen und Lippe ein. 2021 waren es noch rund elf Millionen Euro. "Dieses sehr starke Ergebnis verdeutlicht einmal mehr die bis heute ungebrochene Solidarität der Spenderinnen und Spender mit den Menschen in der Ukraine", so Kirsten Schwenke, Vorständin des Diakonischen Werks Rheinland-Westfalen-Lippe (Diakonie RWL). "Auch die vielen anderen Krisen weltweit sorgen für eine hohe Bereitschaft, sich für die Betroffenen einzusetzen. Wir danken den Spenderinnen und Spendern dafür, dass sie die Menschen in Not im Blick behalten."
In allen Regionen im Diakonie RWL-Gebiet spendeten Menschen deutlich mehr als im Vorjahr an das evangelische Hilfswerk: Auf dem Gebiet der Evangelischen Kirche im Rheinland kamen 2022 Spenden in Höhe von 13,3 Millionen Euro (7,5 Millionen Euro) zusammen. Im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen spendeten Menschen insgesamt 5,7 Millionen Euro (3,3 Millionen Euro). 338.000 Euro Spenden (172.000 Euro) können dem Gebiet der Lippischen Landeskirche zugeordnet werden.
Marc Bartholomies (re.) zeigt der Reisegruppe um Diakonie RWL-Vorständin Kirsten Schwenke (links) die zerstörten Wohnräume im Keller seines Hauses in Erftstadt-Blessem.
"Menschen in Flutgebieten nicht vergessen"
Neben Unterstützung für die Menschen in der Ukraine lag ein Schwerpunkt der Projektausgaben der Diakonie Katastrophenhilfe auf der Hochwasserhilfe Deutschland. "Auch wenn die Flut zwei Jahre nach der Katastrophe nicht mehr im Fokus der Öffentlichkeit steht, dürfen wir die Menschen nicht vergessen", so Schwenke, die zum zweiten Jahrestag Betroffene in den jeweiligen Regionen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen besucht hat. "Unsere Hilfe wird noch lange benötigt, sowohl finanziell als auch psychosozial. Deshalb bleibt die Diakonie vor Ort, solange sie gebraucht wird."
Insgesamt erreichten die umfassenden Hilfsmaßnahmen bisher, von den Soforthilfen (Bargeldhilfen sowie Bautrockner und Heizlüfter), Haushaltsbeihilfen, über Härtefall- und Wiederaufbauhilfen sowie die psychosoziale Begleitung durch die mobilen Fluthilfe-Teams bis Mai 2023 mehr als 40.000 Menschen. Ergänzend dazu kommt die Vielzahl an Menschen, die die Beratungsangebote angenommen, aber keinen Antrag gestellt haben. Bis mindestens 2025 hat die Diakonie Katastrophenhilfe Rheinland-Westfalen-Lippe ihre Hilfe zugesichert.
Winterhilfe für Menschen in der Ukraine: Eine Partnerorganisation der Diakonie Katastrophenhilfe verteilt unter anderem warme Decken.
Auf dem Gebiet der Diakonie RWL wurden seit 2022 über 80 Projekte gefördert, die Geflüchtete aus der Ukraine helfen. Tausende Ukrainer*innen konnten unterstützt werden. So gibt es neben zahlreichen Sprachcafés auch Einrichtungen, die bis heute gezielt geflüchteten Kindern und Jugendlichen helfen. Die Diakonie Münster etwa eröffnete eine betreute Wohngruppe für bis zu 20 Kinder und Jugendliche, die ohne einen Erziehungsberechtigten an ihrer Seite in Deutschland ankamen. Durch ihr bereits etabliertes Netzwerk konnten diese Kinder bei Bedarf an Beratungsstellen und Psychiater*innen vermittelt werden. Ein ähnliches Ziel verfolgte auch das Psychosoziale Zentrum in Düsseldorf, das eine Therapiegruppe für Kinder einrichtete und ihnen bei ihrer Traumabewältigung beistand. Wurde in den individuellen Vorgesprächen, die auch die Situation der Eltern und des Umfeldes einbezog, der Bedarf für eine andere Therapieform festgestellt, konnte den Kindern ebenso weitergeholfen werden. Alle diese Angebote sollen eine transgenerationale Traumaweitergabe verhindern und den Kindern eine weitestgehend normale Kindheit ermöglichen.
Text: Jana Hofmann mit Material der Diakonie Katastrophenhilfe, Fotos: DKH/Diakonie RWL
Spenden und Fundraising
Diakonie Katastrophenhilfe
Die Diakonie Katastrophenhilfe wurde 1954 gegründet. Sie ist das Hilfswerk für humanitäre Hilfe der evangelischen Kirchen in Deutschland. Gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen unterstützt die Diakonie Katastrophenhilfe Menschen, die Opfer von Naturkatastrophen, Krieg und Vertreibung geworden sind und diese Notlage nicht aus eigener Kraft bewältigen können. Die Hilfe wird unabhängig von politischer Einstellung, Religion, Geschlecht, Hautfarbe und Nationalität geleistet. Dabei achtet das Hilfswerk auf strikte Neutralität.