15. Dezember 2021

Adventsaktionen in Flutgebieten

Weihnachtsfreude wecken

Ob Adventstüten mit selbstgebackenen Plätzchen, Herrnhuter Sterne oder eine Tauschbörse für Weihnachtsschmuck: Mit kleinen Geschenkaktionen wollen Mitarbeitende und Ehrenamtliche aus Diakonie und Kirche den Menschen in den Flutgebieten Hoffnung geben. Hoffnung auf ein Weihnachtsfest, das trotz allem etwas Freude und Ruhe in die Familien bringt. 

  • Drei Mitarbeitende der Diakonie RWL stehen mit Drehorgel und Geschenktüten in Bad Neuenahr.
  • Diakonie RWL-Fundraiser Frank Ufermann steht vor dem Kofferraum mit der verpackten Drehorgel.
  • Kekse verpackt in Tüten
  • Mutter mit Kind, das sich über eine Adventstüte freut

Eigentlich, so meint die Euskirchener Vikarin Dorothee Lindenbaum, müsste man rote Kugeln an die Bautrockner hängen, Kerzen auf den blanken Estrich stellen und den Stern von Bethlehem an die Wand malen, an der ja eh die Tapete fehlt. "Es wird ein besonderes Weihnachtsfest dieses Jahr, glaube ich. Ein bisschen stiller, ein bisschen nachdenklicher. Und ein bisschen inniger vielleicht auch, weil wir spürbar enger zusammengerückt sind", schreibt sie in der Weihnachtsausgabe "PROtestant" der Evangelischen Kirchen in Bonn und Region. 

Stiller und nachdenklicher werden sicher viele Menschen in den Flutgebieten feiern. Aber auf Weihnachtsschmuck und Geschenke sollen sie nicht verzichten müssen. Mit vielen kleinen Aktionen zeigen Mitarbeitende und Ehrenamtliche aus Diakonie und Kirche in dieser Adventszeit ihre Solidarität mit den Menschen, die in der Flutnacht Mitte Juli vieles verloren haben. Darunter auch den Weihnachtsschmuck, der im Sommer ja meistens im Keller lagert.

Screenshot der Online-Weihnachtsbörse

Von der Lichterkette bis zum Baumständer: Die "Weihnachtsbörse" bietet Weihnachtsschmuck zum Tausch an.

Weihnachtsschmuck mit Geschichte

Michael, Vater von drei Kindern aus Bad Münstereifel, brachte Flutseelsorgerin Pfarrerin Judith Weichsel und Geschäftsführerin Nadine Günther-Merzenich mit ihrem Team der Diakonie Euskirchen auf die Idee, eine Online-Tauschbörse für Weihnachtsschmuck anzubieten. Denn Vater Michael betonte am Rande einer Veranstaltung für von der Flut betroffene Menschen, dass seine ganze Weihnachtsdekoration davongeschwommen sei, er aber keine neue kaufen wolle. "Ich wünschte, mir würde jemand von seinen Sachen abgeben. Muss gar nicht neu sein, sondern lieber mit einer Geschichte." Seit dem ersten Advent gibt es die Tauschbörse – und sie wird rege genutzt. 

Pfarrerin Kerstin Laubmann sitzt vor einer Kiste mit Päckchen und hält einen Herrnhuter Stern in der Hand.

Pfarrerin Kerstin Laubmann von der Evangelischen Kirchengemeinde Remagen-Sinzig mit dem Paket voller Herrnhuter Sterne aus Sachsen 

Hoffnungslicht des Ostens 

Weihnachtsschmuck mit einer Geschichte – das sind ohne Frage die Herrnhuter Sterne. Vor über 160 Jahren erfunden, gilt der aus Papier und Pappe besonders gefaltete Stern als Ursprung aller Weihnachtssterne. Kerstin Laubmann, Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Remagen-Sinzig, hatte daher die Idee, den von der Flut betroffenen Menschen in Sinzig mit diesen Weihnachtssternen ein Hoffnungslicht zu bringen. Für ihre Aktion bekam sie Unterstützung von sächsischen Kirchenmitgliedern, die ihr die kleinen, weißen Sterne schickten. 

In Heimerzheim ist es ein Wunschbaum mit knapp 400 bunten Karten, der Freude aufs Fest bereiten soll. Auf den Karten haben Menschen aller Altersgruppen, die im Swisttal von der Flut betroffen sind, ihre Wünsche notiert. Nun hofft Elke Feuser-Kohler, Mitarbeiterin des mobilen Fluthilfe-Teams der Diakonie, dass sich genug Menschen finden, die eine Karte mitnehmen und als "Wunscherfüller" aktiv werden.

Drei Mitarbeitende der Ev. Kirche in Merzig stehen vor einem Berg von Geschenken.

Achim Bill (Vorsitzender des Fördervereins "Cor et manus"), Paula Gerling (FSJ’lerin der Ev. Kirchengemeinde Merzig) und Prädikantin Silja Pagel brachten die Geschenke von Merzig nach Hellenthal.

"Sternschnuppen" für Kinder

Die evangelische Kirchengemeinde im saarländischen Merzig hat sich schon vor der Adventszeit als "Wunscherfüller" für Kinder aus dem Schleidener Tal bei Aachen auf den Weg gemacht. Im August hatte die Kirchengemeinde Merzig in Kooperation mit der Kreisstadt Merzig eine Sommerfreizeit für Kinder aus dem Flutgebieten organisiert. Dafür gab es mehr Spenden als benötigt.

Also wurde das Geld für die Aktion "Sternschnuppen" verwendet. Die Kinder schrieben ihre Weihnachtswünsche auf Karten. Über 60 Geschenke für bis zu 50 Euro pro Kind konnten damit gekauft und zum Ort Hellenthal im Schleidener Tal gebracht werden.

Diakonie RWL-Fundraiserin Hanne Llyod-Heume hält eine Adventstüte hoch.

Diakonie RWL-Fundraiserin Hanne Llyod-Heume hatte die Idee zur Adventstütenaktion.

Mit Gebäck eine Freude machen

Am vergangenen dritten Adventswochende haben auch Mitarbeitende des Diakonie RWL-Zentrums Fundraising und Drittmittel kleine Adventsüberraschungen in den Hochwassergebieten verteilt. "Es fühlt sich einfach nicht richtig an, demnächst in Ruhe Weihnachten zu feiern, ohne persönlich etwas für die Betroffenen zu tun", sagt Referentin Hanne Lloyd-Heume, die die Idee zur privat organisierten Aktion hatte. Mit Drehorgel und 2.000 Weihnachtstütchen ging es nach Sinzig und in Bad Neuenahr-Ahrweiler. In der Fußgängerzone, am Bahnhof und im Gemeindehaus haben die Fundraiserinnen und Fundraiser einige der Tütchen mit selbst gebackenen Keksen und liebevollen Adventsgrüßen an Passanten verteilt und sich mit den Menschen unterhalten. 

Die restlichen Adventstüten wurden dem mobilen Helfer-Team der Diakonie RWL und Diakonie Katastrophenhilfe in Bad Neuenahr übergeben. Das Team will die Tüten vor allem Kindern überreichen, wenn es von der Flut betroffene Familien bei der Beantragung von Hilfsgeldern unterstützt. 

Text: Sabine Damaschke, Fotos: Evangelische Kirchengemeinde Remagen Sinzig /Hans-Dieter Laubach, Ev. Kirchengemeinde Merzig / Frank Paqué, Diakonie RWL/Christina Reeker