26. September 2022

Wohnungslose

Ein Wohnzimmer für alle

Für wohnungslose Menschen entsteht im neuen Wichern-Wohnungslosenzentrum in Dortmund ein Ort zum Wohlfühlen. Besucher und Besucherinnen erhalten dort alle Unterstützungsangebote der Diakonie. Waschmöglichkeiten, Ruheräume, medizinische Untersuchungsräume sowie das komplette Angebot der Zentralen Beratungsstelle für wohnungslose Menschen (ZBS) sollen im Winter 2022/23 einziehen. Herzstück soll das große Wohnzimmer werden.    

  • Auf der Baustelle präsentieren die Verantwortlichen die Ideen für das neue Wohnzimmer.
  • Die Verantwortlichen zeigen die Skizzen und Entwürfe für das neue Wohnzimmer.
  • Das Wichernhaus in Dortmund an der Stollenstraße ist ein ehemaliges Kultur- und Tagungszentrum der Diakonie.
  • Ein grünes Miniatur-Haus mit zwei Schlüsseln dran.

Lesesessel statt Warteflur, offene Küche ohne Bedientresen, anstelle greller Büroleuchten flackert ein künstlicher Kamin: Im neuen Wichern-Wohnungslosenzentrum bündelt die Diakonie Dortmund künftg ihre Angebote für Menschen, die wohnungslos oder von Wohnungslosigkeit bedroht sind. Alles rund um Wasch- und Duschmöglichkeiten, Ruheräume, medizinische Untersuchungsräume sowie die Zentrale Beratungsstelle für wohnungslose Menschen (ZBS) werden hier im Winter 2022/23 einziehen. Herzstück der neuen Einrichtung, die sich noch im Umbau befindet, wird ein Wohnzimmer, das die Diakonie der Öffentlichkeit bereits vorgestellt hat. An deren Ausstattung  können sich Bürger*innen und Unternehmen beteiligen.

Das neue Wohnzimmer soll mit gemütlichen Sesseln, wohnlichem Licht und einem künstlichen Kamin ausgestattet werden.

Das neue Wohnzimmer soll mit gemütlichen Sesseln, wohnlichem Licht und einem künstlichen Kamin ausgestattet werden.

Gemütlich und sicher

Im Veranstaltungssaal des ehemaligen Kultur- und Tagungszentrums der Diakonie Dortmund wird in den nächsten Monaten ein Raum geschaffen, der Gemütlichkeit, Würde, Komfort und Sicherheit vereinen soll. Ausgestattet wird er mit Sesseln, Leseecken, Computerplätzen und offener Küche. Nutzer*innen, die sich hier künftig aufhalten, sind nicht zu Besuch, sondern Teil und Mitgestaltende der Gemeinschaft dieses Hauses – so die Philosophie. "Ein würdiger Tagesaufenthalt ist uns wichtig, denn Orte, an denen wir uns aufhalten, wirken sich darauf aus, wer wir sind und wer wir werden können. Nur wenn ich mich angenommen fühle und Teilhabe gegeben ist, können weitere Schritte gegangen werden. Dafür steht der Tagesaufenthalt in seiner aufwendigen Gestaltung", sagte Diakonie-Geschäftsführerin Uta Schütte-Haermeyer beim Vorstellen der Idee.

Es gibt keine Bedienungstresen, keine Barrieren, stattdessen setzen die Mitarbeitenden auf Selbstbedienung, -nutzung und -bestimmung. Hochwertige Materialien und ein modernes, gemütliches Ambiente stehen bei der Einrichtung im Vordergrund. In der Mitte des über 200 Quadratmeter großen Raumes wird ein großer Esstisch stehen, der für Gemeinschaft und ein barrierefreies Sozialgefüge steht. Hier wird gemeinsam gegessen, gelesen, geschrieben, gespielt und geredet. An der Stirnwand, früher der Standort der Bühne, werden rund um einen alten Steinkamin Bücherregale und ein großer Fernseher an der Wand angebracht. 

Der Dortmunder Architekt und Innenraumdesigner Andreas Georg Hanke hat eine Bleistiftskizze vom künftigen Wohnzimmer angefertigt.

Skizzen des Dortmunder Architekten und Innenraumdesigners Andreas Georg Hanke zeigen, wie das Wohnzimmer einmal aussehen soll.

Pläne vom Architekten

Ehrenamtlich unterstützt und begleitet wird das Projekt "Wohnzimmer" von Andreas Georg Hanke. Der Dortmunder Architekt und Innenraumdesigner ist vertraut mit der Gestaltung öffentlicher Räume. Im Wichernhaus liegen ihm besonders die Aspekte Würde und Sicherheit am Herzen: "Den Schwächsten einen Ort zu geben, der in Qualität und Ausstattung dem entspricht, was man sich auch fürs eigene Zuhause wünscht – das wäre doch mal etwas, was unsere Stadt auch für Menschen, die keines haben, lebenswert machen würde. Deswegen arbeite ich für diese Sache."

Noch sind Wohnzimmer und Beratungsräume leer, sie werden aufwendig renoviert. Doch einen Vorgeschmack liefern ein Wohnzimmer im Kleinformat sowie detaillierte Zeichnungen des Architekten, der bei seinen Gestaltungsideen auch von Adolf Winkelmann und Christiane Schaefer-Winkelmann ehrenamtlich unterstützt wird. Das Dortmunder Filmemacher-Ehepaar setzt sich ebenfalls für das neue "Wohnzimmer" für Wohnungslose im Wichernhaus ein. Gemeinsam werben sie für weitere engagierte Menschen und Unternehmen, die die Ausstattung des Raumes unterstützen wollen.

Ein Wohnungsloser liegt auf einer Bank am Bahnsteig.

Leben auf der Straße: Das Symbolfoto zeigt einen Wohnungslosen, der auf einer Bank am Bahnsteig liegt. 

„Jeder braucht ein Zuhause“

Neben dem neuen Konzept, wohnungslosen Menschen ein Gefühl von Gemütlichkeit, Geborgenheit und einem Zuhause zu vermitteln - abseits von Behördenfluren, Wartezimmern, Verpflegungsschlangen oder Beratungsbüros - steht der nachhaltige Ansatz der Diakonie-Wohnungslosenhilfe im Vordergrund: Das neue Zentrum bietet neben dem zwanglosen Aufenthalt zu zuverlässigen Zeiten auch Kochgelegenheiten, Wasch- und Duschmöglichkeiten in einem Waschcafé, Ruheräume, medizinische Untersuchungsräume sowie die Wichern-Suppenküche. Dessen ehrenamtliches Team gibt seit vielen Jahren einmal in der Woche an diesem Ort Mittagessen aus. 

Die Zentrale Beratungsstelle für wohnungslose Menschen (ZBS) arbeitet seit über 40 Jahren in der Rolandstraße und zieht zur Eröffnung des Wichernhauses ebenfalls in die Stollenstraße 36. Neben dem 20-köpfigen Team an Fach- und Unterstützungskräften ziehen auch die momentan über 700 Erreichbarkeitsadressen für Menschen ohne eigenen Wohnsitz um. In modernen Beratungsbüros, direkt neben dem Wohnzimmer, erhalten Besucher*innen Hilfe und Begleitung beim (Wieder-)Erlangen von Grundsicherung, Krankenversicherung sowie der Suche nach einer Wohnmöglichkeit. "Wohnen ist ein Menschenrecht. Jeder Mensch braucht ein eigenes Zuhause. Unser Ziel ist darum die Begleitung von diesem Wohnzimmer auf Zeit in das eigene Wohnzimmer. Darum ist es jetzt so wichtig, dass wir die Beratungsstelle und den Tagesaufenthalt an einem Ort in einem integrierten Wohnungslosenhilfezentrum zusammenführen", erklärt Diakonie-Geschäftsführer Pfarrer Niels Back. Eine aktuelle Studie im Auftrag des Landes NRW habe ergeben, dass mehr Betroffene als gedacht nicht durch die Hilfsangebote für Wohnungslose erreicht werden. "Hier machen wir einen ersten, wichtigen Schritt, um unsere Angebote noch zugänglicher zu machen", so Back weiter.

Vier Hände halten ein Papierhaus in der Hand.

Für das neue Wohnzimmer werden noch Spenden benötigt.

Spenden gewünscht

Für die Ausstattung des Wohnzimmers sucht die Diakonie weitere engagierte Menschen und Unternehmen, die wohnungslose Menschen unterstützen möchten und den Ansatz der Diakonie teilen. Spenden sind unter www.diakoniedortmund.de/wohnzimmer möglich oder an folgendes Konto der Sparkasse Dortmund: Diakonisches Werk Dortmund und Lünen, IBAN: DE90 4405 0199 0001 7777 77, BIC: DORTDE33XXX, Stichwort: Wohnzimmer.

Text: Diakonie Dortmund, Fotos: Diakonie Dortmund, Pixabay, Shutterstock, Skizze: Andreas Georg Hanke

Ihr/e Ansprechpartner/in
Verena Bretz
Stabsstelle Politik und Kommunikation
Weitere Informationen

Wohnungslosigkeit in Dortmund

Eine in 2022 veröffentlichte Studie der Gesellschaft für innovative Sozialforschung (GISS) im Auftrag des Landes NRW zeigt, dass weit mehr Menschen in Dortmund von Obdachlosigkeit betroffen sind als bisher bekannt. DIe Studie gibt auch einen Einblick in die Lebenslagen der Betroffenen – von den Gründen des Wohnungsverlusts bis hin zu deren gesundheitlicher Situation. Die Ergebnisse nutzt die Diakonie zur konzeptionellen Weiterentwicklung: "Deutlich wird bereits jetzt, dass die Zentrale Beratungsstelle für wohnungslose Menschen verstärkte Anstrengungen unternehmen muss, um Obdach- und Wohnungslose zu erreichen, die bisher noch nicht ins Hilfesystem integriert sind. Die Aufsuchende Sozialarbeit, die wir eingerichtet haben, muss weiter ausgebaut werden. Außerdem muss ein noch stärkerer Fokus auf den Problemkreis der psychischen Erkrankungen gelegt werden", sagt Diakonie-Geschäftsführer Niels Back. Jede*r dritte Betroffene leidet laut Selbstauskunft an einer chronischen psychischen Erkrankung.