Freitag, 16. Juni 2017

Überschuldung stoppen, Beratung ausbauen

Diakonie RWL beteiligt sich an Aktionswoche Schuldnerberatung

Düsseldorf/Münster, 16. Juni. Raus aus den Schulden – mit einer guten Beratung ist das möglich. Doch kostenfreie Hilfe gibt es bislang nur für 15 Prozent der knapp sieben Millionen überschuldeten Menschen in Deutschland. Das Diakonische Werk Rheinland-Westfalen-Lippe (Diakonie RWL) fordert daher den Ausbau der sozialen Schuldnerberatung. 

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Petra Köpping
Geschäftsfeld Berufliche und soziale Integration
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Ein Artikel zum Thema:
Soziale Hilfen

„Wer in der Schuldenfalle sitzt, muss schnell freien Zugang zu einer qualifizierten Beratung bekommen“, betont Vorstand Christian Heine-Göttelmann aus Anlass der Aktionswoche Schuldnerberatung. Als größter diakonischer Landesverband der Freien Wohlfahrtspflege beteiligt sich die Diakonie RWL an der bundesweiten Aktionswoche, die vom 19. bis 23. Juni stattfindet.

Unter dem Dach der Diakonie RWL arbeiten zwischen Bielefeld und Saarbrücken rund 80 Schuldnerberatungsstellen, die im vergangenen Jahr über 53.000 Menschen beraten haben. „Der Bedarf ist viel höher, doch unsere Stellen sind teilweise zu bevorzugter Beratung einzelner Klienten verpflichtet“, erklärt Heine-Göttelmann. Das betrifft Menschen, die arbeitslos gemeldet sind, Hartz IV beziehen oder bei denen eine besondere Hilfebedürftigkeit, etwa durch eine Behinderung festgestellt wurde. Alle anderen, die Arbeit haben, aber so wenig verdienen, dass sie immer mehr Schulden anhäufen, zählen nicht dazu. „Dabei nimmt die Zahl der prekär Beschäftigten, die von ihrem Lohn kaum leben können und deshalb Schulden anhäufen, rasant zu.“ Insgesamt leben derzeit rund acht Millionen Menschen in Deutschland von einem Niedriglohn.

Im Wahljahr 2017 appelliert die Diakonie RWL an die Politik, einen Rechtsanspruch auf kostenfreie Schuldnerberatung einzuführen. „Ein geordnetes Verfahren zur Schuldenregulierung begrenzt den Schaden für Schuldner und Gläubiger“, erläutert die für Schuldnerberatung zuständige Expertin der Diakonie RWL, Petra Köpping. Es profitierten aber auch Wirtschaft und Gesellschaft, weil die Gefahren sozialer, gesundheitlicher und wirtschaftlicher Folgekosten nachhaltig gemildert würden. Wissenschaftliche Studien belegen laut Köpping, dass Überschuldung Stress und psychischen Druck auslöst, der seelisch und körperlich krank macht.

Für den dringend notwendigen Ausbau der kostenfreien Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen sieht die Diakonie RWL besonders die Bundesländer in der Pflicht. In NRW etwa sind die Fördermittel von derzeit 5,5 Millionen Euro seit 1999 kaum erhöht worden. „Von der neuen Landesregierung erwarten wir eine Erhöhung der Mittel auf mindestens 8,25 Millionen Euro pro Jahr“, so Köpping.

Die bundesweite Aktionswoche Schuldnerberatung wird von der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) veranstaltet und steht unter dem Motto „Überschuldete brauchen starke Beratung!“. Bundesweit gibt es rund 1.400 Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen. Sie haben im Jahr 2015 knapp 650.000 Menschen beraten, die durchschnittlich 34.400 Euro Schulden hatten. Das entsprach etwa dem 33-fachen ihres Monatseinkommens. Hauptursachen für die Überschuldung waren Arbeitslosigkeit, längerfristiges Niedrigeinkommen, gesundheitliche Probleme, Trennung oder Tod des Partners.

Mehr zum Thema finden Sie in einem Interview mit Petra Köpping unter Link sowie in einer Reportage über die Schuldnerberatung der Diakonie Köln: https://www.diakonie-rwl.de/themen/soziale-hilfen/diakonie-gegen-armut-0