22. Februar 2022

Notunterkunft für Frauen

Mehr als ein Dach über dem Kopf

Ein Haus für wohnungslose Frauen mit Notschlafstelle, Tagesstätte und Wohnraum auf neun Etagen: Das Kooperationsprojekt der Diakonie Düsseldorf mit der NRW-Landeshauptstadt ist eine bundesweite Besonderheit. Morgen öffnet die neue Einrichtung am Düsseldorfer Hauptbahnhof ihre Türen. Auch für Frauen mit Kindern wird gesorgt.

  • Caféraum der neuen Notunterkunft für Frauen
  • Blick durch zwei Blumenampeln ins Café der neuen Notunterkunft für Frauen
  • Blick in ein Zimmer der neuen Notunterkunft für Frauen
  • Leeres Büro der neuen Notunterkunft für Frauen

Eine graue Fassade mit großen Fenstern, vor der Tür fahren Busse und Autos vorbei. Früher war das neue Haus für wohnungslose Frauen in Düsseldorf ein Hotel. Ab morgen wird es Schutzraum für all diejenigen sein, die ihr Zuhause verloren haben. "Schon seit 2004 gibt es mit der Ariadne eine Notschlafstelle nur für Frauen. Doch die 12 Plätze waren von Beginn an ständig belegt, und das änderte sich auch nicht, als wir sie fast verdoppelt haben", sagt Stefanie Volkenandt, Leiterin der Abteilung "Beratung und soziale Integration" bei der Diakonie Düsseldorf. "Dass wir nun 36 Plätze anbieten können – und zwar auch für Frauen mit Kindern – ist ein echter Gewinn."

Zwölf Jahre lang hat Stefanie Volkenandt die "Ariadne" geleitet und sich dafür eingesetzt, dass die Angebote für wohnungslose Frauen ausgebaut werden. Etwa 250 leben derzeit nach Angaben der Stadt in Düsseldorf. In NRW hat die Zahl der wohnungslosen Frauen stark zugenommen. Inzwischen stellen sie rund ein Drittel aller Wohnungslosen. In jedem vierten wohnungslosen Haushalt leben Kinder. Für sie und ihre Mütter hat die Diakonie Düsseldorf 2015 die "Kleine Ariadne" eröffnet. Nun sind beide Einrichtungen in das neue Haus am Hauptbahnhof umgezogen.

Portraitfoto von Stefanie Volkenandt

Stefanie Volkenandt freut sich vor allem über das "Café Ariadne" in der neuen Notunterkunft.

"Highlight" des Hauses: ein Café

Hinzu kommt noch das "Café Ariadne", in dem sich die Frauen tagsüber aufhalten können. Eine Besonderheit, die es – so betont Stefanie Volkenandt – in Düsseldorf noch nicht gab. Im Erdgeschoss ist es neben einer Küche und einem Beratungsraum zu finden. Damit sollen Hemmschwellen gesenkt werden, die Einrichtung zu betreten.

Die Notschlafstelle der "Ariadne" und "Kleinen Ariadne" erstreckt sich von der zweiten bis zur fünften Etage. Jedes der barrierearmen Zimmer verfügt über ein eigenes Bad. Pro Etage sind zusätzlich eine Gemeinschaftsküche und ein Wäscheraum eingerichtet. Darüber hinaus gibt es ein rollstuhlgerechtes Zimmer und einen eigenen Trakt für Schwangere und Frauen mit Kindern.

Die Etagen darüber sind für die kommunale Unterbringung reserviert. Die insgesamt 27 Zimmer verfügen über ein eigenes kleines Bad und eine Küche. Hier können wohnungslose Frauen für einen längeren Zeitraum wohnen. Der Sozialdienst des Amtes für Migration und Integration betreut die Unterkunft der dauerhaften kommunalen Unterbringung, während die Diakonie die Tagesstätte und die Notschlafstelle betreibt. 

Portraitfoto von Michael Schmidt, Vorstand der Diakonie Düsseldorf

Schutzorte für Frauen zu schaffen, hat eine lange Tradition bei der Diakonie Düsseldorf, betont Vorstand Michael Schmidt.

Über 100 Jahre aktiv für schutzbedürftige Frauen

"Wir freuen uns sehr, die gute Kooperation mit der Stadt Düsseldorf an diesem neuen, zentralen Standort fortzusetzen und auszubauen", erklärt Michael Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Düsseldorf. "Wir sorgen seit mehr als 100 Jahren für schutzbedürftige Frauen in unserer Stadt, und damals wie heute ist es wichtig, ihnen Schutzräume zu schaffen, in denen sie zur Ruhe kommen können."

Das Ziel der neuen Einrichtung sei neben der Existenzsicherung und sofortigen Unterbringung der Frauen die langfristige Überwindung ihrer Wohnungslosigkeit, sagt Schmidt. Insgesamt neun Mitarbeitende unterstützen sie unter anderem bei der Klärung von Leistungsansprüchen und bei Anträgen sowie Behördenterminen. Außerdem vermitteln sie fachliche Hilfsangebote wie Sucht- und psychiatrische Hilfen, Schuldnerberatungen und medizinische Hilfen. 

Eine Frau kämmt ihrer Tochter im Bad der "Kleinen Ariadne" die Haare.

Frauen mit Kindern finden in der "Ariadne" Schutz und Hilfe. Aber es dauert oft lange, bis sie diesen Schritt gehen.

Raus aus Gewaltbeziehungen

"Die Frauen, die zu uns kommen, haben eine Menge durchgemacht", erzählt Stefanie Volkenandt. "Viele haben Demütigungen und Gewalt in ihren Beziehungen erlebt. Aus Angst, dass man ihnen die Kinder wegnimmt, versuchen sie so lange wie möglich bei Bekannten und Verwandten unterzukommen, bevor sie sich wohnungslos melden."

Wer zur "Ariadne" kommt, bringt also oft ein großes Paket an Problemen mit. Dass die Frauen mit ihren Kindern nun am Düsseldorf Hauptbahnhof eine Einrichtung finden, in der es die Hilfsangebote unter einem Dach gibt und die Notschlafstelle rund um die Uhr geöffnet ist, sieht Stefanie Volkenandt als großen Fortschritt. Ähnliche Angebote wünscht sie sich auch in anderen Städten. 

Die Sozialarbeiterin verweist auf eine Abfrage der Fachkonferenz Frauen im Fachverband Wohnungslosenhilfe der Diakonie RWL im vergangenen Jahr. Danach nehmen 74 Prozent der Kommunen in NRW wohnungslose Frauen rund um die Uhr auf, 69 Prozent haben Angebote für Mütter mit Kindern. Das stimmt sie positiv. "Aber da ist noch Luft nach oben", betont Stefanie Volkenandt.

Text: Sabine Damaschke/Diakonie Düsseldorf, Fotos: Shutterstock, Diakonie Düsseldorf, Rheinische Post