Krebsberatung
Petra Grunwald-Drobner ist eine der wenigen Krebsberaterinnen, die es in NRW gibt. (Foto: Diakonie Paderborn-Höxter)
"Krebsberatung ist persönliche Beratung, von Angesicht zu Angesicht." So beschreibt Petra Grunwald-Drobner, was sie seit gut zehn Jahren bei der Diakonie Paderborn-Höxter tut. Die Expertin berät die Betroffenen, deren Angehörige, aber auch Verwandte oder Freunde von Krebskranken.
Sie arbeitet eng und gut mit Ärzten zusammen, macht aber keine therapeutischen Angebote im engeren Sinne. Neben ihrer Einzelberatung begleitet sie einen Angehörigenkreis. Das alles macht die Sozialarbeiterin mit psychoonkologischer Zusatzausbildung inzwischen auf einer halben Stelle, die aus Projektmitteln finanziert wird.
Selbsthilfe hält Petra Grunwald-Drobner für wichtig. Krebs ist eine seelische Bedrohung, führt aber schnell auch zu sozialem Abstieg. "Viele rutschen in eine finanzielle Schieflage", beobachtet die Diakonie-Beraterin. Krebskranke können nicht mehr arbeiten, das Familieneinkommen sinkt – oft bis zur Existenzgrenze. Auch müssen krebskranke Menschen überall zuzahlen, etwa, wenn sie aus medizinischen Gründen zusätzliche Vitamine brauchen.
Für Medikamente müssen Krebspatienten oft zuzahlen. Viele bringt das in finanzielle Nöte. (Foto: Vista/pixelio.de)
Eine Krankheit mit Familie
Krebs ist eine Krankheit mit Familie. Partnerschaften werden belastet, die Erziehung von Kindern gerät unter Druck. Im Paderborner Raum konnte die Krebsberatung auf dem Land mit Hilfe der "Aktion Lichtblicke", einer Spendenaktion der Lokalradios mit Sozialverbänden wie der Diakonie RWL, in einem Projekt ausgebaut werden. Vor allem die Eltern krebskranker Kinder finden hier Unterstützung. Wer weite Wege hat und in seiner Mobilität eingeschränkt ist, hat es schwer, an gute Beratung zu kommen.
Auf die Frage nach neuen Trends in der Krebsberatung kann die Psychoonkologin Petra Grunwald-Drobner auch auf Erfreuliches hinweisen: "Früher war Beratung reine Frauensache, heute kommen immer mehr Männer." Sie machen inzwischen etwa 30 bis 40 Prozent der Klienten aus. Erfreulich sind natürlich auch die Fortschritte in der Krebsmedizin. Die Betroffenen haben deutlich bessere und längere Überlebenschancen. Das wiederum, so macht die Sozialarbeiterin klar, führt dazu, dass der Beratungsbedarf für Krebsberatung steigt.
Früher waren die Gesundheitsämter für Krebsberatung zuständig. (Foto: Hartmut910/pixelio.de)
Nur 23 Krebsberatungsstellen in NRW
Vor über 25 Jahren haben sich die Krebsberatungsstellen aus den Gesundheitsämtern heraus entwickelt. In NRW sind von Minden bis Aachen 23 Krebsberatungsstellen aktiv. Das ist wenig, denn statistisch gesehen muss jeder zweite Bürger im Laufe seines Lebens mit einer Krebsdiagnose rechnen. In diakonischer Trägerschaft gibt es jeweils eine Krebsberatungsstelle in Paderborn und in Hagen.
Die frühere Landesarbeitsgemeinschaft Krebsberatungsstellen NRW hat sich zum 31. März 2016 aufgelöst. Nachfolgeorganisation ist jetzt der Fachverband Krebsberatungsstellen NRW. So soll die Schlagkraft im Sinne der Betroffenen erhöht werden. Wesentliches Ziel des Fachverbandes KBS NRW ist es, strukturell, fachlich und finanziell die hohe Beratungsqualität der Krebsberatung zukunftssicher zu machen. Denn das Land NRW fördert die Krebsberatungsstellen nur von Jahr zu Jahr mit einmaligen Beihilfen.
Mal wieder eine Frage des Geldes: Der Bedarf an Krebsberatung steigt, aber die Finanzierung ist nicht auskömmlich. (Foto: Vista/pixelio.de)
Beratung ohne Planungssicherheit
Für 2017 und 2018 hat das Land jeweils eine Überbrückungsfinanzierung von 500.000 Euro bewilligt. Pro ambulante Krebsberatungsstelle sind somit 21.700 Euro ausgezahlt worden. Bei dieser Mittelbewilligung handelt es sich um eine einmalige Zuwendung des Landes, aus der keine finanziellen Zusagen oder Ansprüche für folgende Jahre abgeleitet werden können. Für 2019 besteht daher keine Planungssicherheit.
Um eine ambulante Krebsberatungsstelle mit mindestens zwei Vollzeitkräften und einer halben Verwaltungskraft besetzen zu können, werden etwa 250.000 Euro jährlich benötigt. Für eine solche Finanzierung sieht der nordrhein-westfälische Fachverband aber nicht nur das Land in der Pflicht. Die Sozialversicherungsträger, also vor allem Krankenkassen und Rentenversicherung, das Land, die Kommunen, die Deutsche Krebshilfe und die Träger mit ihren Eigenmitteln sind hier gefordert, eine Mischfinanzierung zustande zu bringen.
Pflaster drauf, wird schon? Nein, meint der Fachverband Krebsberatungsstellen NRW und fordert die Regelfinanzierung. (Foto: Cameraobscura/pixelio.de)
Regelfinanzierung sichern
Die psychoonkologische Versorgung in Deutschland wird derzeit in einer Studie erforscht. Aus dieser Analyse im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums könnte der Bedarf für eine Regelfinanzierung der ambulanten Krebsberatungsstellen deutlich werden. In jüngster Vergangenheit mussten bereits vier Krebsberatungsstellen in NRW ihre Arbeit einstellen, auch solche, die eine lange Tradition aufweisen konnten und vor Ort gut vernetzt waren.
In einer Stellungnahme macht der Fachverband anschaulich, was nötig ist: "Wir wünschen uns für NRW, dass Herr Minister Laumann und die gesundheitspolitischen Sprecher aller Fraktionen die existenziellen Nöte der ambulanten Krebsberatungsstellen thematisieren und eine Perspektive in Aussicht stellen, die die Existenz der Krebsberatungsstellen bis zum Eintritt der Regelfinanzierung sichert."
Nachgerechnet ergibt sich Folgendes: Wenn 23 Krebsberatungsstellen jeweils 250.000 Euro im Jahr brauchen, dann geht es um eine Gesamtsumme von knapp sechs Millionen Euro. Der Haushalt des NRW-Gesundheitsministeriums liegt bei über sechs Milliarden Euro. Mit nur 0,1 Prozent des Landes-Gesundheitsbudgets ließe sich also gute Krebsberatung auskömmlich finanzieren. Und: Die Beratungsstellen wollen gar nicht das Land alleine in die Pflicht nehmen, sondern streben auf Dauer eine Teilung der finanziellen Verantwortung an.
Text: Reinhard van Spankeren
Diakonie RWL-Portrait über Petra Grunwald-Drobner
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