Diakonie beteiligt sich an Aktionswoche Alkohol
Ralph Seiler Porträt
Eine Kunstausstellung zum Thema Sucht in Bonn und Solingen, Projekttage in der Gesamtschule Aachen, ein Fußballturnier in Selm und ein Abend mit dem Bremer Nationalspieler Uli Borowka über „Fußball und Alkohol“ – Viele Suchthilfeverbände und – gruppen diakonischer Träger in Rheinland, Westfalen und Lippe nutzen die Aktionswoche Alkohol vom 13. bis 21. Juni, um gezielt Jugendliche anzusprechen.
Aufklärung schon in Kitas und Schulen
Unter dem Motto „Alkohol? Weniger ist mehr“ findet die bundesweite Präventionskampagne bereits zum fünften Mal statt. Alle, die Alkohol trinken - also 90 Prozent der Bevölkerung - sollen angeregt werden, ihr Trinkverhalten einzuschätzen und zu prüfen, ob der eigene Konsum von Bier, Wein und Schnaps gesundheitsverträglich ist. Rund 1.200 Veranstalter machen mit. Selbsthilfegruppen verteilen in Fußgängerzonen Selbsttests und Broschüren, betriebliche Suchtberaterinnen und Suchtberater informieren Mitarbeiter und Führungskräfte.
„Für die Diakonie ist Präventionsarbeit, wie sie in der Aktionswoche geschieht, ebenso wichtig wie die verschiedenen Beratungs- und Hilfsangebote unserer Einrichtungen“, betont Ralph Seiler, Geschäftsbereichsleiter der Diakonie RWL. Denn die Grundlagen für einen problematischen Umgang mit Alkohol werden laut Seiler bereits in den Familien gelegt. „Wer als Kind regelmäßig beobachtet, wie Eltern und Verwandte Bier und Wein nutzen, um lustig und locker zu werden, übernimmt oft dieses Trinkverhalten.“ Daher hält es Seiler für sinnvoll, bereits in Kitas und Schulen über die Folgen des Alkoholkonsums aufzuklären.
Mehr Jugendliche bleiben abstinent
Erste Erfolge der intensiveren Präventionsarbeit unter Kindern und Jugendlichen sind bereits sichtbar. Laut einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verzichten immer mehr 12- bis 17-Jährige vollständig auf Alkohol. 30 Prozent gaben der repräsentativen Umfrage zufolge an, noch nie in ihrem Leben Alkohol getrunken zu haben. Vor zehn Jahren waren es lediglich 13 Prozent. Leider steht dieser positiven Entwicklung ein fast unverändert hoher regelmäßiger Alkoholkonsum der Jugendlichen ab 16 Jahren gegenüber. Knapp 32 Prozent trinken danach mindestens einmal pro Woche Alkohol.
„Nach wie vor ist Suchtprävention ein großes Thema“, sagt Seiler. „Es bewusst bei Kindern und Jugendlichen anzusetzen, macht Sinn, weil sie unsere Zukunft sind und sich Erfolge bei ihnen langfristig auch auf die Erwachsenenbevölkerung auswirken.“ Dass es Zeit brauche, bis sich der Umgang mit Alkohol in der Gesellschaft verändere, sei klar.
Komatrinken aus Naivität
Im Alter von 16 bis 17 Jahren entwickeln Jugendliche oft das Konsumverhalten, das sie später beibehalten. Es ist einerseits vom Umgang mit Alkohol in ihrem Elternhaus, andererseits von ihrem sozialen Umfeld in Freundeskreis, Schule und Sportgruppen geprägt. Die meisten Jugendlichen betrinken sich nicht regelmäßig. Zwei Drittel, die mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus landen, geraten aus Naivität, durch Trinkspiele oder Wetten in diese Situation – und werden nach diesem Erlebnis nicht wieder auffällig.
Allerdings trifft Alkoholmissbrauch das jugendliche Gehirn ungleich härter als ein Erwachsenen-Hirn. Denn das Gehirn von Jugendlichen befindet sich noch in einem Umbauprozess, Nervenzellen werden neu verknüpft, andere verschwinden. Daher gefährden schon geringe Mengen ihre Gesundheit und schädigen dauerhaft Gehirnzellen. In Deutschland sind Studien zufolge rund 100.000 Jugendliche bis 25 Jahre alkoholabhängig oder stark alkoholgefährdet.
Insgesamt, so betont Seiler, gibt es in Deutschland rund zehn Millionen problematisch trinkende Menschen, bei 1, 6 Millionen wurde eine Alkoholabhängigkeit diagnostiziert. „Es handelt sich also um ein zentrales Problem, auch wenn der Durchschnittskonsum insgesamt leicht zurückgeht.“ Die Aktionswoche Alkohol will darauf aufmerksam machen – und auch zeigen, wo Menschen Unterstützung finden in der Suchthilfe und Selbsthilfe.