1. März 2018

Positionspapier Rückkehrmanagement

Von Integration bald ausgeschlossen?

Mit der Großen Koalition gibt es eine härtere Flüchtlingspolitik. Asylbewerber sollen in zentralen Einrichtungen – sogenannten AnKERzentren – bleiben, bis sie abgeschoben oder in die Kommunen verteilt werden. Die Diakonie RWL übt in einem Positionspapier Kritik an diesem "Integrierten Rückkehrmanagement".

Fingerabdruck wird genommen

Von der Registrierung bis zum Asylbescheid - In den AnKER-Zentren soll bald alles unter einem Dach passieren (Foto: Christoph Püschner/BfW)

Schnellere und effizientere Asylverfahren, mehr Zusammenarbeit der Behörden und eine unabhängige Beratung – all das verspricht die Große Koalition von CDU/CSU und SPD. Was gut klingt, hat aber vor allem ein Ziel: Es sollen weniger Flüchtlinge in den Kommunen aufgenommen und mehr Asylbewerber schon aus Landesunterkünften abgeschoben werden.

Dafür will die Große Koalition zentrale Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen, sogenannte "AnKER"-Zentren, schaffen. Geflüchtete sollen dort bis zu 18 Monate untergebracht werden. Die Diakonie RWL sieht in diesen Zentren eine Fortsetzung der Politik des "Integrierten Rückkehrmanagements", das sie jetzt im Positionspapier "Rückkehrmanagement gefährdet Flüchtlingsschutz" kritisiert. Bereits seit Februar 2017 setzen die Länder, darunter Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland, auf eine umfassende Neuorganisation von Rückkehr und Abschiebungen.

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Jutta Vormberg leitet die Diakonie Paderborn-Höxter und engagiert sich als Vorsitzende des Fachverbandes Migration und Flucht in der Diakonie RWL. (Foto: Carls/Diakonie RWL)

Ein Recht auf Individuellen Schutz

"Immer länger werden Geflüchtete zum Aufenthalt in Landesunterkünften verpflichtet, direkt nach ihrer Ankunft über eine freiwillige Rückkehr informiert und mit finanziellen Anreizen dazu ermutigt", beobachtet Jutta Vormberg, Vorsitzende des Fachverbandes Migration und Flucht der Diakonie RWL und Vorstand der Diakonie Paderborn-Höxter. "Das sehen wir mit Sorge, denn jeder Asylsuchende sollte erst einmal seine Gründe darlegen können, warum er hier Schutz sucht und den Asylbescheid abwarten dürfen."

In ihrem Positionspapier bemängelt die Diakonie RWL, die pauschalierte Einteilung von Geflüchteten nach sicheren und unsicheren Herkunftsländern widerspreche dem Grundrecht auf Asyl. Es sei ein Gebot der Menschlichkeit, aber auch eine Verpflichtung, die sich aus der Genfer Flüchtlingskonvention ergebe, allen geflüchteten Menschen individuell Schutz zu gewähren.

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Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann

Asyl nicht mit Rückkehr verknüpfen

"Die Durchführung der Asylverfahren soll vom Rückkehrmanagement getrennt werden und die Rückkehr aus den Kommunen heraus erfolgen", fordert Diakonie RWL- Vorstand Christian Heine-Göttelmann.

Zumal allein in NRW im Jahr 2016 über 61 Prozent der Flüchtlinge einen Schutzstatus erhielten und auf absehbare Zeit in Nordrhein-Westfalen bleiben werden. Im vergangenen Jahr waren zum Stichtag 30. Juni bundesweit 226.000 geflüchtete Menschen ausreisepflichtig, aber nur 48 Prozent von ihnen hatten einen Asylantrag gestellt. Die anderen Flüchtlinge erhielten eine Duldung, weil sie in ihrem Heimatland verfolgt wurden oder dort Bürgerkrieg herrschte.

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Manfred Hoffmann, Geschäftsfeldleitung Flucht, Migration und Integration der Diakonie RWL

Integration fördern statt behindern

Schon diese Zahlen zeigen nach Ansicht der Fachleute, dass die einseitige Priorisierung des "Integrierten Rückkehrmanagements" kontraproduktiv ist. "Die monatelange Isolation der Flüchtlinge in Aufnahmezentren verzögert und behindert die Integration", beobachtet Manfred Hoffmann, der das Geschäftsfeld Flucht, Migration und Integration der Diakonie RWL leitet. Geflüchtete hätten ein Recht auf zivilgesellschaftliche Kontakte und damit auch auf eine temporäre Aufnahme in den Kommunen. "Das gilt erst recht für die schulpflichtigen Kinder, denen das Recht auf Bildung in den Aufnahmezentren verweigert wird."

In ihrem Positionspapier appellieren die Flüchtlingsexperten an Bund und Länder, die Integration zu fördern statt gezielt partiell zu behindern. "Zugleich unterstützen wir die Landesregierungen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland mit unseren Flüchtlings- und Rückkehrberatungsstellen dabei, dass abgelehnte Flüchtlinge bei der Entscheidungsfindung und Organisation von Ausreise, Rückkehr und Weiterwanderung Unterstützung finden", bietet Flüchtlingsexperte Dietrich Eckeberg an. Dabei sei für die Diakonie aber wichtig, dass die Beratungen freiwillig, unabhängig und ergebnisoffen geschehen.

Text: Sabine Damaschke