Flüchtlingshilfe – Gute Beispiele
Ali Bobaki
Der Tag hat sich eingebrannt in sein Gedächtnis. Jener Tag, der ihn vor Leid, vielleicht auch vor Folter und Tod bewahrte: Es ist der 26. August im vergangenen Sommer. Ali Bobaki, ein syrischer Flüchtling aus Aleppo, wird zur "Anhörung zu den Asylgründen" in die Zweigstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge auf der Erkrather Straße in Düsseldorf geladen.
Er sei "sehr, sehr nervös" gewesen, erzählt der 19-Jährige in bemerkenswert flüssigem Deutsch. Drei Stunden habe er gewartet, bis er aufgerufen wurde. Würde es ihm gelingen, die Gründe für seine Flucht aus Syrien tatsachengenau zu schildern? Oder würde er Namen, Orte und Zeiten verwechseln und wichtige Fakten vergessen? Da waren ja schließlich auch seine Nervosität und die Angst, die manchmal lähmt.
Einen klaren Kopf behalten
Damit Ali Bobaki einen klaren Kopf behielt, hat Paul Gollenbusch, ein ehrenamtlicher Flüchtlingshelfer, den jungen Mann zur Anhörung begleitet. Sechs Stunden lang haben sie sich zuvor auf den Termin vorbereitet, bei dem das Bundesamt prüfen wollte, ob ein Recht auf Schutz in Deutschland besteht. "Wir sind die Fluchtgeschichte durchgegangen, haben sie strukturiert", sagt Paul Gollenbusch.
Projektkoordinator Christian Arnold
Der ehrenamtliche Anhörungsbegleiter wurde im Rahmen des Projekts "ArrivalAid" auf seine Aufgabe vorbereitet. Die Diakonie Düsseldorf hat das Projekt vor rund einem Jahr gestartet. Es sei bundesweit fast einmalig, betont Projektkoordinator Christian Arnold. Bislang gibt es nur bei der Diakonie München ein ähnlich umfassendes Beratungs- und Betreuungsprojekt. Bislang beteiligen sich in Düsseldorf 41 Ehrenamtliche. Rund 200 Flüchtlinge haben seit dem Start des Projekts deren Dienste in Anspruch genommen, die meisten stammen aus dem Iran und Afghanistan. 92 wurden auf die Anhörung vorbereitet, 86 Prozent von ihnen haben einen positiven Asylbescheid erhalten.
Asylrecht erfordert umfassende Schulung
Alle ehrenamtlichen Anhörungsbegleiter werden umfassend in Fragen zum Asylrecht und im Umgang mit traumatisierten Flüchtlingen geschult. Über ein Portal im Internet erfahren sie die Namen der Flüchtlinge, die Unterstützung bei der Anhörung wünschen. "Die Ehrenamtlichen entscheiden dann selbst, wie viele Fälle sie übernehmen möchten", erklärt Projektkoordinator Christian Arnold. Auch aufgrund dieser Flexibilität engagierten sich auffallend viele Berufstätige – darunter Rechtsanwälte, Lehrer und Selbstständige – bei diesem Projekt.
Paul Gollenbusch
Unter ihnen ist Paul Gollenbusch einer der aktivsten. Erst habe er sich nur sporadisch engagieren wollen, erzählt der selbstständige Masseur. Als er aber sah, dass nach wie vor Tausende Asylsuchende unbegleitet beim Bundesamt vorsprechen, entschied er sich, mehr zu tun.
"Teilweise harren sie den ganzen Tag in stickigen Räumen aus", sagt er. "Sie trauen sich nicht einmal, auf Toilette zu gehen – aus Angst, sie würden die Anhörung verpassen und sofort abgeschoben."
An der Seite der Asylbewerber
Ali Bobaki ist das erspart geblieben. Er bewahrte Ruhe während der Anhörung und fasste sogar Vertrauen zu seinem Anhörer, der ihm gegenübersaß. Akribisch erzählte der junge Syrer von den Ursachen seiner Flucht aus Syrien. In Aleppo hat er studiert und sollte zum Militärdienst eingezogen werden. Bei einer Straßenkontrolle in Syrien wurde er verhaftet. Beim Verhör konnte die Schreie anderer Inhaftierter hören, die gefoltert wurden. Genau das würde ihn auch erwarten, sollte er nach Syrien abgeschoben werden.
Ali Bobaki wurde Asyl gewährt, drei Jahre darf er in Deutschland bleiben. Es habe ihm "sehr geholfen", dass er nicht allein bei der Anhörung war und Paul Gollenbusch ihm zur Seite stand. Im Moment lernt junge Syrer weiter Deutsch, um bald studieren zu können. Und zwar, so betont er, "am liebsten Informatik".
Text: Thomas Becker, Foto: Petra Warras