Krankenhausplanung NRW
Kurz vor Weihnachten gibt es Post für die rund 50 evangelischen Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen, die die Diakonie RWL als Trägerverband unterstützt. In der Woche vor den Festtagen, so hat es Ministerialdirigent Helmut Watzlawik angekündigt, soll ihnen durch Feststellungsbescheide mitgeteilt werden, welche medizinischen Leistungen sie spätestens ab 2026 noch abrechnen dürfen und welche nicht. Für diese Entscheidungen habe das NRW-Gesundheitsministerium in Zusammenarbeit mit den maßgeblichen Verbänden im Krankenhausplan 2022 einvernehmlich eigene Qualitäts- und Auswahlkriterien entwickelt, die erfüllt sein müssen. "Es gibt keine Willkürentscheidungen." Entsprechend werde es bei der Leistungsgruppenzuteilung Gewinner und Verlierer geben, so Watzlawik weiter. "Aber unterm Strich ist der Krankenhausplan NRW eine gute und wichtige Sache, denn es muss sich dringend etwas ändern in der nordrhein-westfälischen Krankenhauslandschaft. Es kann kein 'Weiter so!' geben."
Kein Krankenhausschließungsplan
Als Leiter der Abteilung IV Krankenhausversorgung im nordrhein-westfälischen Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS NRW) hat Watzlawik nun bei der Mitgliederversammlung des Verbandes Evangelischer Krankenhäuser (VEK-RWL) im Haus der Diakonie RWL den derzeitigen Stand der Krankenhausplanung NRW vorgestellt und mit den anwesenden Fachleuten diskutiert. Einen Tag vor der Abstimmung im Bundesrat kam aus dem MAGS zudem eine eindeutige Position zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) des Bundes: Das Gesetz benötige Übergänge und nachvollziehbare Finanzierungsstrukturen, die im Gesetz sehr unkonkret ausgestaltet wurden. Grundsätzlich bestimmten die Qualitätssteigerung und der effektive Einsatz von Geld und Personal die Ziele der NRW-Reform und nicht das Sparen, so Watzlawik. "Der Krankenhausplan NRW ist kein Krankenhausschließungsplan." Vielmehr stelle das Land bis zum Jahr 2030 insgesamt 2,5 Milliarden Euro 'on top' für Einzelförderungen von Krankenhäusern zur Verfügung, um mit dem Geld Investitionen in die Zukunft zu tätigen, wenn etwa Gebäude erweitert werden müssen.
Silvia Raffel, Leitung Geschäftsfeld Krankenhaus und Gesundheit der Diakonie RWL, sagt: "Für viele unserer Krankenhäuser bedeuten die Auswahlentscheidungen des Landes NRW schmerzhafte Einschnitte."
Schmerzhafte Einschnitte
Dennoch seien die Herausforderungen für die Mitglieder des VEK-RWL immens, sagt Silvia Raffel, Leitung Geschäftsfeld Krankenhaus und Gesundheit der Diakonie RWL. "Für viele unserer Krankenhäuser bedeuten die Auswahlentscheidungen des Landes NRW schmerzhafte Einschnitte, da etablierte Spezialisierungen keine Zukunft mehr haben und die entsprechenden Erlöse wegbrechen. Unser Ziel als Diakonie RWL ist, die evangelischen Krankenhäuser im anstehenden Transformationsprozess bestmöglich zu unterstützen."
Die Bescheide des Ministeriums wirken zum 1. April 2025. In einigen Leistungsbereichen ist ein Übergangszeitraum bis Ende des Jahres 2025 vorgesehen, um keine abrupten Brüche zu riskieren und einen notwendigen Zeitraum für den Aufbau neuer Kapazitäten einzukalkulieren. "Die Veränderungen in der Krankenhauslandschaft sollen gesteuert passieren und nicht etwa unkontrolliert, wie es in der Vergangenheit leider passiert ist", so Watzlawik, der ankündigt, die Entwicklung der Patientenströme genau zu beobachten und bei Bedarf nachzujustieren. Schließlich wolle man die Reform als "lernendes System" ausgestalten.
Ralf Wenzel, Vorstandsvorsitzender Evangelischer Krankenhausverein zu Aachen von 1867, kritisiert, dass die Krankenhausplanung NRW zu sehr auf die großen Kliniken setze.
Aus für Kooperationen?
Ralf Wenzel, Vorstandsvorsitzender Evangelischer Krankenhausverein zu Aachen von 1867, bezeichnet die Krankenhausplanung NRW als "grundsätzlich richtig" und begrüßt auch die Forderung nach mehr Zentrierung und Spezialisierung. Das Aachener Luisenhospital etwa habe sich schon früh auf den Weg gemacht, Spezialisierungen anzubieten. "Unsere drei Zentren wurden auch bestätigt", berichtet er. "Allerdings finden sich Kooperationen, etwa zwischen unterschiedlichen Trägern, in der Reform nicht so wieder, wie wir es uns wünschen würden." Dabei ließe sich gerade mit solchen Kooperationen die breite, flächendeckende Versorgung der Menschen garantieren. Seine Prognose: "Die Bevölkerung wird sich daran gewöhnen müssen, für spezielle Eingriffe künftig in die großen Kliniken fahren zu müssen."
Denn die Krankenhausreform setze zu sehr auf große Häuser, kritisiert er. "Mittelständische konfessionelle Häuser geraten mit der Planung in Schieflage, obwohl sie bei den Patient*innen beliebt und in NRW die Stützen der Krankenhausversorgung sind", sagt er. Doch die Reform verfestige das sowieso schon vorhandene Ungleichgewicht. Kirchliche Kliniken agierten nicht profitorientiert, bekämen keine Zuschüsse von den Kommunen, bestritten einen Großteil der notwendigen Investitionen mit Eigenmitteln und erhielten keinen Defizitausgleich. Wenzel: "Aus meiner Sicht müssten das Land oder die Kommunen für den Defizitausgleich da sein." Was er sich für die künftige Krankenhauslandschaft in NRW wünscht: "Wir als Krankenhaus-Träger bleiben selbstständig und setzen verstärkt auf Kooperationen, damit die Menschen auch in zehn Jahren noch solche Häuser wie das Luisenhospital finden."
Olaf Walter, Geschäftsführer Evangelischer Verbund Augusta Ruhr, sieht für die kirchlichen Häuser in Zukunft die Finanzierung als große Herausforderung.
Reform dringend nötig
Olaf Walter, Geschäftsführer Evangelischer Verbund Augusta Ruhr, zu dem sieben Krankenhäuser mit rund 2.500 Betten gehören, bewertet die Krankenhausplanung NRW ebenfalls als "dringend geboten" und begrüßt, dass das MAGS NRW in der Umsetzung auf viel Partizipation gesetzt habe und den Konsens mit allen Beteiligten suche. "Dennoch werden die Bescheide Einzelfallentscheidungen beinhalten, mit denen manche nicht zufrieden sind. Aber damit müssen wir alle umgehen." Die große Herausforderung in der Zukunft sei die Finanzierung - gerade für die kirchlichen Häuser. Denn diese erhalten keine Ausgleichszahlungen bei Verlusten, während die kommunalen und universitären Krankenhäuser defizitäre Ergebnis aus den öffentlichen Haushalten ausgeglichen bekommen.
Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann und SPD-Landtagsabgeordneter Josef Neumann nutzten die Gelegenheit zum Austausch mit Ministerialdirigent Helmut Watzlawik.
Zu kompliziert
Verschärft wird die Situation mit der Krankenhausreform des Bundes. Die hat ebenfalls eine Bündelung der Ressourcen zum Ziel, wird vom NRW-Gesundheitsministerium sowie von vielen Experten und Betroffenen aber kritisiert, weil sie zu kompliziert und so nicht umsetzbar sei.
Dennoch hat der Bundesrat am 22. November den Weg für das sogenannte Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) frei gemacht. "Die Entscheidung ist aus meiner Sicht bedauerlich, da ich einen erheblichen Nachbesserungsbedarf sehe", bewertet Silvia Raffel die Entscheidung. "Wir haben eine Reform, die nicht realisierbar ist und die angespannte wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser nicht verbessert. Unsere Kliniken wissen nicht, was kommt. Eine Black Box zur Finanzierung und hinsichtlich der Auswirkungen des KHVVG ist unverantwortlich für das Krankenhauspersonal und Patient*innen. Derzeit gibt es mit dem Gesetz keine Klarheit und keine Sicherheit."
Grundsätzlich sei auch eine Krankenhaus(finanzierungs)reform auf Bundesebene richtig und wichtig. Raffel: "Aber mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz in seiner jetzigen Form ist erst einmal eine Chance verpasst, grundlegende Veränderungen konstruktiv im Einvernehmen aller Beteiligten anzugehen. Wirtschaftliche Anreize für die Weiterentwicklung einer sektorenübergreifenden Versorgung sind völlig unzureichend, und die versprochene Entbürokratisierung und Entökonomisierung bleiben Lippenbekenntnisse."
Text: Verena Bretz, Fotos: Jana Hofmann
Um die Finanzierung von (konfessionellen) Krankenhäusern verständlich zu erklären, hat die Diakonie RWL einen zweiminütigen Film zum Thema produziert. Diesen finden Sie hier: Woher kommt das Geld für die Krankenhäuser?