11. Dezember 2015

Evangelischer Krankenhausverband

Neuer Vorsitzender will Profil der Kliniken stärken

Krankenhausstärkungsgesetz, Hospiz- und Palliativgesetz, Gesetz zur Suizidhilfe: Eine ganze Reihe von neuen staatlichen Regelungen wirken sich jetzt auf die Arbeit der evangelischen Krankenhäuser aus. Sie haben sich unter dem Dach der Diakonie RWL zu Verbänden zusammengeschlossen. Günter Geisthardt ist neuer Vorsitzender des Verbands evangelischer Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Im Gespräch erzählt er, vor welchen Herausforderungen die Kliniken in seiner Region nun stehen.

Günter Geisthardt

Günter Geisthardt

Foto: privat

Herr Geisthardt, Sie sind neuer Vorsitzender des Verbandes der evangelischen Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Bei der Diakonie RWL wird der Verband gern als „kleine Schwester“ des deutlich größeren Krankenhausverbands in NRW bezeichnet. Was macht den Verband aus?

Verglichen mit dem Verband in Nordrhein-Westfalen sind wir tatsächlich eine „kleine Schwester“, weil es in unserer Region sehr viel weniger evangelische Krankenhäuser gibt. Hier dominieren, insbesondere im Norden von Rheinland-Pfalz, die katholischen Kliniken. Allerdings gibt es auch einige große evangelische Krankenhäuser, etwa bei der Kreuznacher Diakonie sowie in Speyer. Insofern haben wir durchaus Gewicht in der Krankenhauslandschaft. Der Verband ist ein wichtiges Forum für den Austausch unter unseren Trägern und eine Plattform, um Interessen zu bündeln und dann gegenüber der Politik und den Krankenkassen weitgehend geschlossen aufzutreten.

Seit September stehen Sie den Diakonissen Speyer-Mannheim vor, einem sozial-diakonischen Unternehmen mit 4.200 Mitarbeitenden und zwei großen Krankenhäusern in Speyer und Mannheim. Sie selbst sind kein Mediziner oder Verwaltungsdirektor, sondern Pfarrer. Wie wird sich das auf die Arbeit des Verbandes auswirken?

Ich sehe meine Aufgabe in der Moderation und Repräsentation des Verbands. Dabei vertrete ich das Erbe, den Auftrag und das Profil der evangelischen Krankenhäuser. Natürlich geht es auch um Fachlichkeit und Wirtschaftlichkeit, denn sie sind die Voraussetzung für gute Angebote, die wir kranken Menschen, die unsere Hilfe brauchen, machen können. Die wirtschaftliche Kompetenz bringen die Geschäftsführer der Krankenhäuser mit, die ja meist Betriebswirte sind. Mir ist besonders wichtig, dass wir die Patienten nicht als Fälle, sondern als Menschen sehen. Diese Haltung vermitteln wir all unseren Fachkräften, denn sie macht ein evangelisches Krankenhaus aus. Dazu gehört auch das Angebot einer qualifizierten Seelsorge und einer ethischen Beratung. Gerade zu Beginn und Ende des Lebens stehen Menschen oft vor schwierigen Entscheidungen, etwa bei Schwangerschaftskonflikten und in der Sterbebegleitung. In jedem evangelischen Krankenhaus sollte ein Ethik-Komitee daher Standard sein.

Der neue Vorstand des Verbands evangelischer Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz und Saarland: Martin Zentgraf, Elke Grothe-Kühn und Günter Geisthardt (v.l.)

In den vergangenen Wochen wurden ja einige Gesetze auf den Weg gebracht, die sich auch auf die Krankenhauslandschaft auswirken werden: die Krankenhausreform sowie das Hospiz- und Palliativgesetz. Sind Sie zufrieden?

Die Verbesserung der Palliativversorgung ist für uns von großer Bedeutung. Das neue Gesetz gibt uns mehr Möglichkeiten, die Übergänge zwischen stationärer und palliativer Versorgung zu gestalten. Wir sind gerade dabei, ein dichteres Netz in der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung im südlichen Rheinland-Pfalz zu stricken. Hier gibt es noch Lücken. Positiv ist auch, dass die Finanzierung der Palliativstationen durch das neue Gesetz sichergestellt ist. Die Kliniken mussten immer wieder harte Kämpfe mit den Krankenkassen um die Tagessätze ausfechten.

Wie sich das Krankenhausstärkungsgesetz auswirken wird, ist noch nicht ganz abzusehen. Aber die Geschäftsführer der Kliniken unseres Verbands sehen diese Reform kritisch. Zwar soll die medizinische Versorgung in der Fläche aufrechterhalten werden, was für ein in einigen Teilen dünn besiedeltes Flächenland wie Rheinland-Pfalz wichtig ist. Doch die schwierige Personalsituation in den Krankenhäusern wird bestehen bleiben, den Pflegenotstand beseitigt dieses Gesetz keineswegs.

Seit Anfang November ist die organisierte Sterbehilfe verboten. Darum ist in Deutschland hart gerungen worden. Wie stark hat Sie die Diskussion darum beschäftigt?

Mich beschäftigt das Thema Sterbebegleitung schon sehr lange. Daher habe ich die Debatten um die Sterbehilfe intensiv verfolgt. Diese Diskussion wurde auf hohem Niveau geführt und hat meines Erachtens dazu beigetragen, die Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren. Mit dem neuen Gesetz ist nun ein guter Weg gefunden worden. Es verbietet die gewerbsmäßige und auf Wiederholung angelegte Sterbehilfe, schützt aber gleichzeitig Ärzte, die Todkranke auf ihrem letzten Lebensweg begleiten.

Sie sind Vorsteher der Diakonissen Speyer-Mannheim und damit auch ihrer Krankenhäuser. Was bedeutet das für Sie?

Ich sehe darin ein besonderes Erbe, das zugleich Verpflichtung für uns ist, eine gute Medizin und Pflege anzubieten. In unseren Krankenhäusern arbeiten keine Diakonissen mehr im aktiven Dienst, aber sie haben die Kliniken über Jahrzehnte mit ihrem Engagement und ihrer Haltung der christlichen Nächstenliebe und Fürsorge geprägt und damit entscheidend für den guten Ruf in der Bevölkerung beigetragen. Auf dem Gelände in Speyer befindet sich auch das Mutterhaus der Diakonissen. Insofern können unsere Patienten ihnen auch noch begegnen. Viel Wert haben die Diakonissen auf eine gute Geburtshilfe gelegt und dafür ist unser Krankenhaus auch in ganz Rheinland-Pfalz bekannt.

Wie stark beschäftigt die Krankenhäuser Ihres Verbands die medizinische Versorgung der Flüchtlinge?

Es ist Thema in all unseren Kliniken. In Speyer haben wir gerade ein Projekt der Diakonissen Hebammenschule mit Pro Asyl und der Gedächtniskirchengemeinde für schwangere Flüchtlingsfrauen gestartet. Auszubildende unserer Schule bieten eine Hebammensprechstunde mit Dolmetschern an und betreuen die Frauen während der Schwangerschaft und Geburt. Das Projekt wird sehr gut angenommen.

Das Gespräch führte Sabine Damaschke.