21. November 2019

Gute-Kita-Gesetz

1,2 Milliarden Euro für Kitas in NRW

Geld für die Kleinsten – Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und NRW-Familienminister Joachim Stamp haben in Düsseldorf den "Gute-Kita-Vertrag" unterzeichnet. Mit den 1,2 Milliarden Euro soll die Betreuung in den 9.500 Einrichtungen verbessert und die Eltern mit einem zweiten beitragsfreien Kita-Jahr entlastet werden. "Qualität muss vor Beitragsfreiheit kommen", betont Kita-Expertin Sabine Prott.

  • Diakonie-RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann (zweiter v. l.) und Kita-Expertin Sabine Prott (links) tauschten sich mit Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und NRW-Familienminister Joachim Stamp aus.
  • Zu Besuch in der Kita der Diakonie Düsseldorf: NRW-Familienminister Joachim Stamp und Bundesfamilienministerin Franziska Giffey.
  • NRW-Familienminister Joachim Stamp unterhält sich mit einer Erzieherin und Kindern in der Kita der Diakonie Düsseldorf.
  • Eine Erzieherin in der Kita der Diakonie Düsseldorf liest einem Jungen vor.
  • Was hast du heute gemacht?, fragt ein Mädchen Bundesfinanzministerin Franziska Giffey.
  • Unbeirrt vom Trubel spielen die Kinder weiter.

Blitzlichtgewitter im Evangelischen Familienzentrum in der Collenbachstraße. Rund 20 Journalisten drängen sich nach der Unterzeichnung des "Guten-Kita-Vertrags" in den Räumen der Einrichtung der Diakonie Düsseldorf. Sie sind gekommen, um Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und NRW-Familienminister Joachim Stamp zu interviewen – und, um schöne Bilder zu machen von den Kindern. Die lassen sich von den großen Fernseh-Kameras nicht aus der Ruhe bringen, spielen weiter und unterhalten sich ganz nebenbei souverän mit den erwachsenen Besuchern.

Ein Mädchen fragt die Ministerin, was sie heute gemacht habe. "Weißt du, der Joachim und ich haben heute einen ganz großen Vertrag unterschrieben. Weißt du, was ein Vertrag ist?" Das Mädchen im gelben Kleid schüttelt den Kopf. "Wir beide haben uns vorgenommen, dass wir für die Kindergärten in Nordrhein-Westfalen ganz viel Geld ausgeben wollen, damit die noch besser werden."

Auch Diakonie-RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann und Kita-Expertin Sabine Prott besuchten die Mitgliedseinrichtung, um sich mit den Ministern zu unterhalten. Die Bundesregierung investiert deutschlandweit rund 5,5 Milliarden Euro in die Weiterentwicklung der Kindertagesbetreuung. Der Löwenanteil, 1,2 Milliarden, geht an das bevölkerungsreichste Bundesland NRW. Mit dem "Gute-Kita-Vertrag" wird ein zweites Kindergartenjahr beitragsfrei. 

Mehr Geld für Ausbildungs-Kitas

Das Land plant, das Geld in sieben Handlungsfelder zu investieren. Unter anderem sollen Einrichtungen, die Erzieherinnen und Erzieher ausbilden, einen höheren Zuschuss bekommen. Für Auszubildende im ersten Ausbildungsjahr gibt es 8.000 Euro und 4.000 im zweiten und dritten Ausbildungsjahr. Auch der NRW-weite Zuschuss für die Fortbildung von Fachkräften wird von fünf auf zehn Millionen Euro verdoppelt. In der Kindertagespflege sollen die Pauschalen um rund 30 Prozent erhöht und die Qualifizierung der Pflegepersonen verbessert werden. Außerdem sollen 30 Millionen Euro zusätzlich in die sprachliche Bildung und in den Ausbau von flexibleren Betreuungszeiten gesteckt werden. 

Zu Besuch in der Kita der Diakonie Düsseldorf: NRW-Familienminister Joachim Stamp und Bundesfamilienministerin Franziska Giffey.

Zu Besuch in der Kita der Diakonie Düsseldorf: NRW-Familienminister Joachim Stamp und Bundesfamilienministerin Franziska Giffey.

Sozial gestaffelte Elternbeiträge 

"Wir freuen uns, dass die Bundesregierung und das Land die Kitas stärker unterstützen wollen", sagt Sabine Prott. Allerdings sei die Befreiung der Eltern von Beiträgen für zwei Kitajahre ein übertriebenes politisches Geschenk, so Heine-Göttelmann. Beitragsfreiheit ist für sozial benachteiligte Familien  sinnvoll, aber nicht für die wohlhabende Mittelschicht, solange immer noch Geld für die Verbesserung der Qualität in den Kitas fehlt. "Landeseinheitliche, sozial gestaffelte Elternbeiträge würden zu mehr Gerechtigkeit und mehr Chancengleichheit führen", sagt Prott. Es könne nicht sein, dass Familien, die in ärmeren Städten und Gemeinden lebten, hohe Kita-Beiträge bezahlen müssten, während reichere Beitragsfreiheit einführten.  Arme Familien werden übermäßig stark belastet, wie eine Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt.

Bislang sind die Mittel aus dem "Gute-Kita-Gesetz" bis 2022 befristet. "Wir hoffen, dass der Bund sich dauerhaft finanziell beteiligt und die Bundesmittel entfristet", sagt Heine-Göttelmann. Nur so könne die Qualität in der Kindertagesbetreuung langfristig gesichert werden. Zusätzliches Personal, das durch die Bundesmittel finanziert wird, drohe sonst nach drei Jahren plötzlich wegzufallen. "Wir müssen die Kinderbetreuung nachhaltig und planbar angehen."

Text, Fotos und Video: Ann-Kristin Herbst

Ihr/e Ansprechpartner/in
Sabine Prott
Geschäftsfeld Tageseinrichtungen für Kinder
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Ein Artikel zum Thema:
Kinder und Kitas

Studie der Bertelsmann Stiftung
Regelmäßig untersucht die Bertelsmann Stiftung, wie es um die frühkindlichen Bildungssysteme in den Bundesländern bestellt ist. Obwohl sich gemessen an dem Personalschlüssel die Qualität der Kitas in Nordrhein-Westfalen kontinuierlich verbessere, gebe es noch einiges zu tun, heißt es in der jüngsten Studie vom Mai 2018. Eine Fachkraft betreut rechnerisch 8,7 Kinder. Die Stiftung empfiehlt einen Personalschlüssel von 1 zu 7,5 in Kindergartengruppen. Folge man dieser Empfehlung fehlten in NRW rund 15.600 Fachkräfte. Dafür müsste das Land nach Angaben der Stiftung 736 Millionen Euro jährlich bereitstellen. Bei der Betreuungsrelation zwischen den Kreisen zeige sich eine große Spannweite. Eine Fachkraft betreut beispielsweise in Olpe im Durchschnitt 10,1 Kinder, in Düsseldorf sind es nur 7,9 Kinder. "Der Wohnort entscheidet über die Bildungschancen von Kindern", schreiben die Autoren der Studie.