Faire und nachhaltige Kita
Greta klopft mit ihren Händen vorsichtig die Erde fest und ruft: "Das werden mal Pommes!" Gerade hat sie alte, keimende Kartoffeln in die Erde gelegt. "Jetzt sind sie noch schrumpelig, aber bald kommt eine grüne Pflanze aus dem Boden und unter der Erde wachsen neue Kartoffeln", erklärt die Fünfjährige überzeugt. Und dann schlägt sie tatendurstig die Hände zusammen und schnappt sich die nächsten Exemplare aus dem Korb.
In der Evangelischen Kindertagesstätte am Burgacker in Duisburg ist Pflanztag. In den großen Töpfen soll in den nächsten Monaten Gemüse wachsen – unter den aufmerksamen Augen der Kinder. "Wir haben viele dieser kleinen Aktionen im Kindergartenalltag untergebracht", sagt Kitaleiterin Claudia Wiese-Kreie. "Es sind kleine Schritte für einen bewussteren Umgang miteinander und mit der Natur und unseren Ressourcen."
Neugier und kindlicher Gerechtigkeitssinn als Voraussetzung
Dem Team der Kindertagesstätte mitten in Duisburg ist es wichtig, mit den Kindern über den eigenen Tellerrand hinaus zu blicken. Die Ziele und Ideen des Vereins Faire Kita passen gut ins Konzept. Ressourcenschonung, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit: Das seien Themen, die im Kindergartenalltag gut aufgehoben seien. "Die Kinder bringen von sich aus eine große Portion Neugier mit", sagt Claudia Wiese-Kreie. Dazu komme, dass Kinder einen stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn hätten. Beste Voraussetzungen, um als "Faire Kita" im Einsatz zu sein.
In der Evangelischen Kirche im Rheinland ist das Kita-Zertifikat einer der Bausteine der Initiative ökofairEKiRche. Ökologische, faire und nachhaltige Aspekte sollen auf kreative Art und Weise in den Alltag integriert werden, so die Idee der gemeinsamen Initiative vom Düsseldorfer Landeskirchenamt, dem Rheinischen Dienst für Internationale Ökumene (RIO) und der Evangelischen Landjugendakademie Altenkirchen.
Kleine Spuren des Bemühens: Die Fläschchen mit Klebstoff zum Basteln werden regelmäßig mit einem Fair-Trade-Kleber aufgefüllt.
Mit fair gehandeltem Tee und Kaffee hat alles begonnen
In der Kita am Burgacker hat das "Faire Team" aus Mitarbeitenden und Eltern Ideen für den Kindergartenalltag entworfen. Große Themen sollten für die Kleinsten begreifbar gemacht werden. "Wir begannen mit einfachen Dingen, wir stellten auf fairen Kaffee und fairen Tee um", erzählt Wiese-Kreise.
Bei der Anschaffung des neuen Sitzteppichs für die Bücherei setzte die Einrichtung auf fairen Handel. Der Klebstoff, mit dem die Bastelklebeflaschen aufgefüllt werden, trägt ein Siegel, das über fairen Handel informiert. Die Einrichtung stellte ihr Catering um – und setzt seitdem auf saisonale und vor allem auf regionale Produkte.
"Überall im Kindergarten sind kleine Spuren unseres Bemühens zu erkennen, Nachhaltigkeit und fairen Handel zu leben", sagt die Kitaleiterin. Gemeinsam begaben sich Kinder und Erzieherinnen auch auf die Spur der Schokolade. Und landeten dabei in Afrika – für die Kinder ein spannender Ausflug in eine andere Kultur. "Uns war es wichtig, nicht mit Klischees zu arbeiten." Statt eines Trommelworkshops setzte die Kita also auf die Entdeckerlust der Kinder: Sie erfuhren viel über das Leben von Jungen und Mädchen in Afrika, bastelten mit Alltagsmaterialien und kamen über Kinderrechte ins Gespräch.
Für das eine Kind zu klein, für das andere genau passend: In der Kita werden Jacken und andere Kleidungsstände, aus denen die Kinder herausgewachsen sind, an der Wechselgarderobe aufgehangen.
Wechsel-Kleiderständer im Eingangsbereich
Verschwendung geht vielen der Kindergartenkinder in Duisburg inzwischen gegen den Strich. Sie sind sensibel geworden, wenn es darum geht, alte Dinge wegzuwerfen. Den tiefen Riss im großen Sitzsack hat eine findige Mutter mit der heimischen Nähmaschine ausgebessert, und regelmäßig kommt ein Hausmeisterservice, um defekte Stühlchen oder kleinere Schäden zu reparieren. "Wir überlegen mindestens zweimal, ob wir etwas wegwerfen", erklärt die Kitaleiterin.
Das gilt auch für die Kleidung der Kinder. Neben Kleiderbörsen setzt die Einrichtung dabei auf einen Kleiderständer im Eingangsbereich: "Da hängt meine alte Jacke", ruft Greta. Als ihr die nicht mehr gepasst hat, ist sie an dem Wechsel-Kleiderständer gelandet. Wer mag, kann hier gebrauchte und gut erhaltene Kleider beim Abholen der Kinder aufhängen – und sich gleichzeitig ein Kleidungsstück mitnehmen.
Malheurchen-Tasche ersetzt Plastiktüten
Auch die Malheurchen-Tasche ist im Bemühen um mehr Nachhaltigkeit entstanden: Sie hat die Plastiktüten abgelöst, in denen die Erzieherinnen den Eltern früher die Wäsche der Kinder mit nach Hause gaben, wenn der Weg zur Toilette zu lang für die kurzen Beine geworden war. "Der Stoff ist beschichtet und die Tasche kann direkt mit der Wäsche in die Waschmaschine gegeben werden", erklärt Wiese-Kreie. In die grünen Taschen wurde das Logo der Einrichtung eingestickt.
Eines steht fest: Der Einsatz für Nachhaltigkeit und fairen Handel hat die Erzieherinnen, Eltern und Kinder in der Kita am Burgacker erfinderisch werden lassen – und schon einiges bewirkt.
Text: Theresa Demski/ekir, Redaktion: Ann-Kristin Herbst
Fotos: Filip Urban/Unsplash (Teaserfoto); Markus Feger/ekir
Kinder und Kitas
Kita am Burgacker
In der Kita werden in zwei Gruppen bis zu 40 Kinder betreut. Schwerpunkte sind die sprachliche und die musikalische Förderung. Die Kita ist die erste in Duisburg zertifizierte "Faire Kita". Das heißt, dass die Einrichtung sich ressourcenorientiert verhält. Beispielsweise wird das Wasser beim Händewaschen nicht laufen gelassen, es gibt einen Stoffhandtuchhalter und im Eingangsbereich einen "Kleidertausch"-Ständer, an den Eltern zu klein gewordene Kinderkleidung hängen können, die von einer anderen Familie vielleicht noch genutzt werden kann.