6. April 2023

Schulsozialarbeit

Kreativität statt Krise

Zur Alfred-Herrhausen-Schule in Düsseldorf gehen besondere Schülerinnen und Schüler. Lehrerschaft und Schulsozialarbeit haben deshalb auch ein besonderes Konzept für die Förderschule. Die Pandemie haben sie gut gemeistert, auch weil sie in den mehr als 20 Jahren gemeinsame Arbeit viele Strukturen für Familien in Not geschaffen haben. Doch dieses Jahr, da sind sich alle sicher, wird die Zahl der Hilfesuchenden wieder steigen.

  • Kind malt einen Regenbogen an ein Fenster. (Foto: Shutterstock)

"Alfred-Herrhausen-Schule – die besondere Schule", heißt es auf der Homepage mit einem Zwinker-Smiley dahinter. Eine wertschätzende und gelungene Umschreibung für den sperrigen Begriff: "Städtische Förderschule für die Förderschwerpunkte Lernen sowie emotionale und soziale Entwicklung". Besonders ist auch das Schulkonzept: Als eine der ersten Schulen in Düsseldorf arbeitete die Alfred-Herrhausen-Schule mit der Schulsozialarbeit zusammen. Schon damals war das eine Mitarbeiterin der Diakonie Düsseldorf. Rund 20 Jahre ist das nun her. 

In der Pause toben Kinder auf dem Schulhof, Jugendliche sprayen mit Hilfe eines Künstlers bunte Graffitis an eine Gebäudewand. Schulleiter Peter Zerfaß und die Schulsozialarbeiterinnen Eva Dahmen, Petra Draheim-Klein und Stefanie Meckenstock gehen über den Schulhof – und sind sofort umringt von Kindern, die etwas erzählen, fragen, loswerden möchten. Auf den ersten Blick eine typische Schulhofsituation, auf den zweiten ein Zeichen dafür, dass die Schule eine gute Arbeit macht: Die Kinder vertrauen den Erwachsenen. Und darauf kommt es an.

Ein eingespieltes Team: Schulleiter Peter Zerfaß und die Schulsozialarbeiterinnen Eva Dahmen, Petra Draheim-Klein und Stefanie Meckenstock. (Foto: Diakonie Düsseldorf)

Ein eingespieltes Team: Schulleiter Peter Zerfaß und die Schulsozialarbeiterinnen Eva Dahmen, Petra Draheim-Klein und Stefanie Meckenstock.

Kleiderbörse für alle

Für Peter Zerfaß sind die Schulsozialarbeiter*innen eine enorme Bereicherung für den Schulalltag. "Wir schauen immer, was Kindern und Eltern wirklich hilft – und entwickeln dann entsprechende Angebote", erklärt Eva Dahmen von der Diakonie Düsseldorf. Als zum Beispiel auffiel, dass viele Eltern sich keine neue Kleidung für die Kinder leisten konnten, diese teilweise ohne Turnsachen oder wärmenden Mantel zum Unterricht erschienen, richteten die Schulsozialarbeiterinnen eine Kleiderbörse ein – legten aber bewusst den Fokus auf das Thema Nachhaltigkeit. Denn: Aus Kostengründen gebrauchte Kleidung zu tragen, ist nicht unbedingt cool. Aus Umweltschutzgründen Kleidung eine zweite Chance zu geben, schon. Mittlerweile ist die Kleiderbörse so beliebt, dass alle Schüler*innen regelmäßig vorbeischauen.

Ganzer Stolz der Schulsozialarbeiterinnen ist der Schulgarten samt Gewächshaus. Hier züchten die Kinder und Jugendlichen Kräuter und Gemüse, das sie anschließend im Hauswirtschaftsunterricht und in Projekten verwerten. "Die Gartenarbeit fördert die Wahrnehmungsfähigkeit. Sie entschleunigt und hilft, dass die Kinder weniger reizüberflutet sind. Außerdem bekommen sie einen Einblick in den Gärtner-Beruf. Sie übernehmen mit dem Anbau und der Pflege Verantwortung", beschreibt Stefanie Meckenstock das Konzept.

"Die Gartenarbeit fördert die Wahrnehmungsfähigkeit", sagt Sozialarbeiterin Stefanie Meckenstock. (Foto: Diakonie Düsseldorf)

Im Schulgarten züchten die Kinder und Jugendlichen Kräuter und Gemüse, das sie anschließend im Hauswirtschaftsunterricht und in Projekten verwerten.

Lebensmitteltüten im Lockdown

Auf die Corona-Krise war die Schule damit gut vorbereitet. "An der Alfred-Herrhausen-Schule gab es bereits vor Corona viele Strukturen, um Familien in Not zu unterstützen. Darauf konnten wir in der Krise zurückgreifen", sagt Petra Draheim-Klein. So konnte die Schule zum Beispiel kurzfristig iPads für die Schüler*innen zur Verfügung stellen, deren Familien nicht über entsprechende Geräte verfügten. Außerdem erhielten Familien bei Bedarf Lebensmitteltüten zur Grundversorgung, um wegfallende Mahlzeiten der Kinder in der Schule zu kompensieren. Statt Eltern im Klassenzimmer zu beraten, traf man sich regelmäßig auf dem Schulhof. "Die Kinder, die zu uns kommen, haben einen besonderen Förderbedarf", erklärt Petra Draheim-Klein. "Darum ist es uns wichtig, ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Familien zu halten. Gab es während der Corona-Krise familiäre Probleme, waren die Lehrer*innen und wir für die Eltern oft die ersten Ansprechpartner*innen."

2023 – da sind sich alle sicher – wird die Zahl der hilfesuchenden Familien wieder größer werden. "Die steigenden Kosten stellen viele schon jetzt vor große Herausforderungen" sagt Peter Zerfaß. "Aber natürlich hat Schule auch die Aufgabe, Familien in Krisensituationen zu unterstützen." Auch deshalb sei er froh, dass es die Schulsozialarbeiterinnen gibt, die helfen, wenn es Probleme bei der finanziellen Absicherung gibt. "Es ist ja nicht so, dass alle finanziell schwachen Familien automatisch in der Grundsicherung sind. Viele benötigen Unterstützung bei der Antragstellung."

Wer sehen möchte, wie gut die Mitarbeitenden der Alfred-Herrhausen-Schule ihre Arbeit machen, kann sich auch die Zahl der Schüler*innen ansehen, die nach dem Lockdown wieder im Unterricht erschienen. "Bei uns haben sich alle riesig gefreut, als es wieder losging", sagt Zerfaß. Zwar habe die Schule einige wenige Schüler*innen durch den Lockdown verloren, aber: "Das waren Schüler*innen, die schon vor Corona kaum noch zum Unterricht erschienen sind und bei denen absehbar war, dass sie trotz aller Bemühungen die Schule abbrechen würden." Denn: Sind die Jugendlichen erst einmal erwachsen, entscheiden sie selbst über ihren Lebensweg. Zerfaß, Meckenstock, Dahmen und Draheim-Klein sind froh, dass sie diesen Weg ein Stück weit begleiten können und in eine positive Richtung bringen.

Text: Anne Wolf, Diakonie Düsseldorf, Fotos: Anne Wolf/Diakonie Düsseldorf, Shutterstock

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Tim Rietzke
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