Elternpartizipation in der Erziehungshilfe
Frau Knuth am Mikrofon
Ziel des Projekts soll es sein, dass Eltern und Fachkräfte an einem Strang ziehen. "Partizipation von Eltern bedeutet mehr als Elternarbeit, die darauf abzielt, die Erziehungskompetenz zu verbessern. Elternpartizipation bedeutet, dass sie an der Entwicklung ihrer Kinder teilhaben und aktiv an deren Alltag und der Gestaltung der Rahmenbedingungen in der Einrichtung mitwirken können", so Prof. Dr. Peter Hansbauer von der Fachhochschule Münster beim Werkstattgespräch zum Projekt. Eine häufige Erfahrung sei, dass das Machtgefälle zwischen Eltern und pädagogischen Fachkräften im Alltag groß ist. Die Erzieherinnen und Erzieher dürften nicht nur auf ihren Status als Experten pochen, sondern müssten Macht abgeben, wenn die Eltern bereit seien, Verantwortung zu übernehmen.
Von Empowerment-Workshop bis Elternkomitee
Wie der Anspruch nach mehr Beteiligung von Eltern umgesetzt werden kann, wird zurzeit in neun diakonischen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe in Rheinland, Westfalen und Lippe erprobt. „Unsere Erfahrung in dem seit 2014 laufenden Projekt ist, dass die Eltern ein großes Interesse daran haben, dass es ihrem Kind in der Einrichtung gut geht – auch wenn in der Erziehung bislang manches schief gelaufen ist“, so Nicole Knuth von der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe.
In dem Projekt sind mittlerweile von den beteiligten Fachkräften und Eltern eine Vielzahl an Maßnahmen wie Elternbeirat und Elternkomitees, Empowerment-Workshops, Hospitation von Eltern oder ein Elterncafé entstanden. Diese Konzepte werden jetzt in der Praxis erprobt und weiterentwickelt.
Informationen sind wichtig – da reicht nicht nur ein Flyer
Plenum des Vortrags
„Wir waren als Eltern bei allen Entscheidungen, die unser Kind betrafen beteiligt, da ging es um Themen wie Ärztewahl, Freizeitaktivitäten und natürlich Schule“, so Thomas Schwörbel, dessen Sohn in einer diakonischen Außenwohngruppe lebt, in der mehr Elternpartizipation schon geprobt wird. Der Beginn der Heimunterbringung sei sehr schwierig gewesen, da wären immer wieder Hilferufe des Sohnes gekommen, dass er sich nicht wohl fühle. „Das war für uns als Eltern eine sehr schwierige Zeit, denn wenn man das eigene Kind in ein Heim abgibt, dann ist das ja auch ein Scheitern. Wir haben gemerkt, wir schaffen es nicht mehr, die Probleme alleine zu lösen und hatten das Gefühl, wir haben es vermasselt“.
In der Zeit habe er gelernt, dass man mit den Erzieherinnen und Erziehern an einem Strang ziehen müsse, so Schwörbel. „Informationen über die Einrichtung und was da passiert, sind sehr wichtig für Eltern, da reicht nicht nur ein Flyer. Denn dem Fachpersonal fehlt da oft die Zeit“. Er beteiligt sich jetzt an einem Gesprächsangebot für Eltern, deren Kinder in der Einrichtung leben. Die Idee ist, dass „erfahrene Eltern“ Neulinge unterstützen und betreuen. „Ich verstehe das als Unterstützung durch Händchenhalten. Andere sollen von unserer Erfahrung profitieren. Mit jemandem zu reden, der das alles selber durchgemacht hat, hilft mehr, als es nur aus akademischer Sicht zu betrachten“, meint Schwörbel. Es sei ja auch ein Zeichen von Verantwortung, wenn man eingestehen könne, ich schaffe es nicht mehr alleine. Die Einstellung von manchen Erziehern, die sich nur für das Kind interessierten, findet er falsch.
Heute kommt Thomas Schwörbels Sohn jedes Wochenende nach Hause. Er zieht bald in eine Außenwohngruppe, die darauf vorbereitet, dass man alleine lebt. Der Sohn wechselt demnächst zum Berufskolleg. Ein Berufsziel hat sein Sohn schon – er möchte Erzieher werden.