4. April 2017

NRW-Familienministerin informiert sich über Freiwilligendienst

"Sie hat uns wirklich zugehört"

Ein bisschen aufgeregt sind Christina Mantler und Michael Gureczny kurz vor dem Treffen mit der Ministerin schon, doch die Nervosität legt sich schnell. Mit großem Interesse und ganz unkompliziert erkundigt sich NRW-Familienministerin Christina Kampmann nach den Erfahrungen der beiden Jugendlichen, die im vergangenen Sommer ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Diakonischen Stiftung Ummeln in Bielefeld angefangen haben. 

nebeneinander mit freundlichem Blick

Christina Kampmann und Christina Mantler

"Ich freue mich, die Arbeit kennen zu lernen", begrüßt Christina Kampmann die Runde beim gestrigen Besuch in Bielefeld. Ihr Anliegen: Sie möchte sich in der Diakonischen Stiftung Ummeln über den Freiwilligendienst informieren und einen praktischen Einblick in die Arbeit bekommen. Und natürlich will sie auch wissen, was junge Menschen motiviert, sich zu engagieren.  

Berufserfahrung sammeln ist ein wichtiger Punkt, sagt Christina Mantler. "Nach dem Abitur wusste ich nicht wirklich, was ich machen wollte", erzählt die 18-Jährige und entschied sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Diakonischen Stiftung Ummeln. Genau die richtige Entscheidung, sagt Christina Mantler heute. In einer Wohneinrichtung für alleinerziehende Mütter und schwangere Frauen betreut sie unter anderem kleine Kinder und weiß inzwischen, dass sie Erzieherin werden möchte. "Ich mag Kinder und will mit ihnen arbeiten." Einen Ausbildungsplatz nach dem Freiwilligendienst hat sie schon sicher. "Erzieherinnen können wir gut gebrauchen", freut sich die Ministerin und ist beeindruckt.  

nebeneinander

Christina Kampmann mit Michael Gureczny 

Den eigenen Blickwinkel ändern 

Michael Gureczny hat dagegen andere Ziele und wird ab Oktober Biologie studieren. Sein Berufswunsch hat keinen direkten Bezug zur Freiwilligenarbeit in der Mutter-Vater-Kind-Wohngruppe, und doch empfindet er den Einblick in die soziale Arbeit als wertvoll und hilfreich. "Ich hatte bislang wenig Berührungspunkte mit Kindern", erzählt der 18-Jährige.

Im Freiwilligendienst erweiterte sich sein Horizont. Der junge Mann spielt mit kleinen Kindern, liest ihnen vor, wechselt Windeln und merkt: Das kann ich auch. Nicht zuletzt erfährt er, dass es auch schwierige Schicksale und Familienumstände gibt. "Da ist es ein schönes Gefühl, eigene Erfahrungen weiter geben zu können und anderen zu helfen." Einfühlungsvermögen, den Blickwinkel ändern, Teamfähigkeit - Michael Gureczny ist überzeugt, dass ihm diese Erfahrungen und sozialen Kompetenzen auf seinem weiteren Berufs- und Lebensweg helfen werden.       

2.000 Freiwillige in der Diakonie RWL pro Jahr 

Von dem Modell profitieren beide Seiten, betont auch Jürgen Thor, Leiter des Zentrums Freiwilligendienste in der Diakonie RWL. Freiwillige bereichern soziale Einrichtungen, bringen Ideen und Impulse ein und verbessern dadurch die Qualität der sozialen Arbeit. Gleichzeitig profitieren die jungen Menschen, indem sie neue Erfahrungen sammeln und Einblicke in Berufsfelder bekommen.  

Rund zehn Prozent eines Jahrgangs nutzen diese Chance und machen ein Freiwilliges Soziales Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst, so Thor. Etwa 2.000 Freiwillige engagieren sich jedes Jahr allein in der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe. Die Einsatzfelder reichen von der Behindertenhilfe über Krankenhäuser, Jugendarbeit und Schule bis zur Altenhilfe. Doch so positiv die Erfahrungen für die Freiwilligen und die Einrichtungen auch sind - "es muss vernünftige Rahmenbedingungen geben", betont Thor. 

Gruppenbild vor dem Haus

Gruppenbild mit der Ministerin: (v. l.) Doreen Putzke, Vorstand Pastor Uwe Winkler, Christina Mantler, Wolfhard Kaschubat, Christina Kampmann, Jürgen Thor, Michael Gureczny, Sarah Dieckbreder-Vedder, Vorstand Dr. Frank Plaßmeyer und Annika Flagmeyer.

Zuschüsse zum Ticket für den öffentlichen Nahverkehr gefordert

Das Interesse ist groß, die Finanzierung für die Träger oft schwierig, ergänzen Frank Plaßmeyer und Pastor Uwe Winkler vom Vorstand der Diakonischen Stiftung Ummeln. Eine Regelförderung vom Land gibt es in Nordrhein-Westfalen nicht. Im Gespräch mit der Ministerin regte Jürgen Thor darum an, Freiwillige zum Beispiel durch Zuschüsse zum Ticket für den öffentlichen Nahverkehr zu unterstützen. Viele Freiwillige wie Michael Gureczny sind auf Bus und Bahn angewiesen, um zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen, und zahlen ihr Ticket selbst. Bei einem monatlichen Taschengeld von rund 380 Euro eine Belastung. "Das wäre eine kleine Anerkennung für die wichtige Arbeit, die Freiwillige leisten", bekräftigte Doreen Putzke von der Diakonischen Stiftung Ummeln. 

Eine Anregung, für die Christina Kampmann offene Ohren hatte. "Wir wollen das Semesterticket für Auszubildende ausweiten", kündigte sie an. In diesem Zusammenhang könne der Vorschlag diskutiert werden, auch Freiwillige einzubeziehen. Auch den Trägern wäre das etwas wert, versprach Jürgen Thor. "Die Freiwilligen haben 25 Seminartage im Jahr. Schon aus ökologischen Gründen wäre es sinnvoll, wenn sie dafür mit Bus und Bahn anreisen." 

Rund zwei Stunden nahm sich Christina Kampmann für den Besuch der Diakonischen Stiftung Ummeln Zeit. Christina Mantler und Michael Gureczny sind sich nach dem Treffen einig: Es war ein spannender Vormittag und ein Erlebnis, das beide so schnell nicht vergessen werden. Vor allem fühlen sie sich ernst genommen. "Es war super, dass die Ministerin so viele Fragen gestellt und uns wirklich zugehört hat."                                          

Text und Fotos: Silke Tornede