Freitag, 21. Juli 2023

Diskussion um Pflichtdienst

Diakonie RWL: "Nicht von geplanten Kürzungen im Freiwilligendienst ablenken"

Düsseldorf, 21. Juli 2023. Die SPD fordert die Einführung eines Pflichtdienstes. Neu ist das Vorhaben nicht. "Dass die SPD den Pflichtdienst gerade jetzt zum Thema macht, lenkt nur von den massiven Kürzungen bei den Freiwilligendiensten ab, die im Entwurf für den Bundeshaushalt vorgesehen sind", erklärt dazu Mathias Schmitten, Leiter des Zentrums Freiwilligendienste des Diakonischen Werkes Rheinland-Westfalen-Lippe (Diakonie RWL).

"Schon wegen der verfassungsrechtlichen Hürden und der fehlenden Infrastruktur würde die Einführung eines Pflichtdienstes Jahre dauern", so Schmitten weiter. In der Zwischenzeit würden die Freiwilligendienste austrocknen, wenn der Bundeshaushalt wie geplant verabschiedet wird. Innerhalb von zwei Jahren sollen die Mittel für das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) und den Bundesfreiwilligendienst (BFD) um mehr als ein Drittel (34 Prozent) gekürzt werden. "Die Einführung eines Pflichtdienstes wäre um ein Vielfaches teurer als der Ausbau der Freiwilligendienste", so Schmitten. Vor dem Hintergrund der Kürzungspläne ergebe die Debatte um einen unbezahlbaren Pflichtdienst keinen Sinn.

Bereits jetzt Mangel an Einsatzstellen

Mit jährlich rund 2.000 Freiwilligen ist die Diakonie RWL bundesweit einer der größten Anbieter für ein Freiwilliges Soziales Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst in Schulen, Krankenhäusern, Kindertagesstätten oder Altenheimen. Fast zwei Drittel von ihnen bleiben danach im sozialen Bereich.

Im vergangenen Jahr erhielt die Diakonie RWL deutlich mehr Bewerbungen als in den Jahren zuvor. Doch vielen Bewerber*innen musste eine Absage erteilt werden. Hintergrund ist die angespannte Finanzierung sozialer Einrichtungen durch stagnierende Mittel bei zugleich inflationsbedingt steigenden Kosten. "Bereits jetzt erleben wir, dass Kitas in ganzen Regionen auf Freiwillige verzichten, weil sie die zusätzlichen Kosten nicht stemmen können", erklärt Schmitten. Freiwillige als Zusatzkräfte seien bei steigenden Kosten eine Einsparmöglichkeit. Die geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt würden den Rückgang attraktiver Einsatzstellen weiter verschärfen. "So aber werden sich in Zukunft noch weniger Menschen für einen sozialen Beruf entscheiden", prognostiziert Schmitten. 

100.000 Unterschriften für Ausbau der Freiwilligendienste

"Umso wichtiger finden wir die Initiative junger Freiwilliger, die sich für einen Ausbau der Freiwilligendienste einsetzen", erklärt Schmitten. Unter dem Motto "Freiwilligendienste stärken" hatte die Initiative eine Petition beim Bundestag eingereicht, die nach aktuellem Zählstand mehr als 100.000 Unterschriften erhalten hat.

Wir vermitteln Interviewpartner*innen zum Thema Pflicht- und Freiwilligendienste 
Wenn Sie Expert*innen oder politisch engagierte Freiwillige zum Thema Pflicht- und Freiwilligendienst interviewen möchten, können wir Sie gerne und schnell unterstützen.
Bitte wenden Sie sich an Mathias Schmitten, Leiter des Zentrums Freiwilligendienste der Diakonie RWL: 0211 6398-459, m.schmitten@diakonie-rwl.de