15. Mai 2018

Welttag der Familie

Hilfe für überlastete Mütter

Der Name ist alt, aber das Anliegen hochaktuell: Mit dem Müttergenesungswerk können Mütter und neuerdings auch Väter zur Kur fahren. Jetzt hat das Werk im einwohnerstärksten Bundesland erstmals eine Schirmherrin. Susanne Laschet, Ehefrau des NRW-Ministerpräsidenten, sammelte auf der Kölner Domplatte gemeinsam mit Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann und vielen Ehrenamtlichen für das Müttergenesungswerk.

Gruppenfoto

Erster Sammler: Bundespräsident Theodor Heuss mit Gattin Elly Heuss-Knapp, der Gründerin des Müttergenesungswerks

Beruf und Familie, Haushalt und Pflege von Angehörigen: Viele Frauen leiden unter einer Doppel- oder Dreifachbelastung. Eine Kur kann Entlastung schaffen. Hier engagiert sich das Müttergenesungswerk – und das seit 1950. Elly Heuss-Knapp, Ehefrau des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss, gründete das Werk, um Frauen in den Trümmer- und Wiederaufbaujahren nach dem Zweiten Weltkrieg zu unterstützen.

Heute stehen andere Alltagsnöte im Vordergrund. Die "Familienmanagerinnen" sollen alles unter einen Hut bringen: In einer gelingenden Partnerschaft gilt es, Beruf und Kindererziehung optimal flexibel auszutarieren. Die Kinder sind bitte erfolgreich durch die Schullaufbahn zu begleiten. Zudem ist Familie zentrale Instanz für die Pflege der älteren Angehörigen - und fast immer ist das Frauensache. Erziehungsprobleme, Trennungen und Scheidungen können Mütter an den Rand der Erschöpfung bringen. Im Geschwindigkeitsrausch des digitalen Zeitalters bleibt oft wenig Zeit für Gespräch und Gemeinsamkeit.

Mutter in der Küche zwischen Kind und Herd

Beruf, Haushalt und Hausaufgabenbetreuung der Kinder - Viele Mütter sind heute im Dauerstress.

Erst Beratung, dann Kur

Wenn auch gutes "Selbstmanagement" nicht mehr weiterhilft, müssen "niederschwellige Hilfen" greifen. Das Müttergenesungswerk bietet einen solchen präventiven familienunterstützenden Dienst. In Nordrhein-Westfalen arbeiten unter dem Dach der Elly Heuss-Knapp-Stiftung, wie das Müttergenesungswerk auch heißt, die fünf Wohlfahrtsverbände Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Deutsches Rotes Kreuz und Diakonie zusammen. Die Verbände betreiben im Bundesland 150 Kurberatungsstellen, die Mütter und Väter auf eine Vorsorge- oder Reha-Maßnahme vorbereiten. Fünf eigene Kliniken hat das MGW in Nordrhein-Westfalen.

Die Beratungsstellen prüfen, ob eine Kur die richtige Hilfemaßnahme ist und helfen bei der Antragsstellung bei den Krankenkassen. Eine Kur dauert in der Regel drei Wochen, in Einzelfällen ist eine Verlängerung möglich. Mehr als 12.000 Mütter und Väter und mehr als 17.000 Kinder aus NRW haben 2017 an einer Reha-Maßnahme des Müttergenesungswerkes teilnehmen können. Der Anteil der Väter steigt leicht an, liegt aber immer noch bei lediglich vier Prozent. Um den Kurerfolg langfristig zu sichern, unterstützen die Beraterinnen die Mütter auch mit Nachsorgeangeboten.

Eine Aktion mit vielen Unterstützerinnen: Susanne Laschet (im rosa Mantel) und Christian Heine-Göttelmann sammelten vor dem Kölner Döm für das Müttergenesungswerk. (Foto: Reinhard van Spankeren)

Sammlung mit Schirmherrin Susanne Laschet

Das Müttergenesungswerk in Nordrhein-Westfalen bekommt jetzt eine prominente Unterstützerin. Susanne Laschet, Ehefrau von Ministerpräsident  Armin Laschet, übernimmt die Schirmherrschaft. Das ist neu: Das Werk musste in NRW bisher ohne Schirmherrin auskommen. Am Samstag vor dem Muttertag sammelte sie erstmals auf der Kölner Domplatte mit anderen Ehrenamtlichen für die gute Sache. Mit dabei war auch Diakonie-Vorstand Christian Heine-Göttelmann in seiner Funktion als Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege NRW.

Schon seit einigen Jahren sind Mütter/Vater-Kind-Kuren eine Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenkassen. Klappt es mit einer Kur, werden die Grundkosten einer Vorsorge- oder Reha-Maßnahme für die betroffenen Mütter von den Krankenkassen übernommen, aber es bleiben Restkosten, die für ärmere Familien dazu führen können, dass eine Kur nicht angetreten wird. Dabei geht es um den Eigenanteil von 220 Euro wie auch um einen Anteil an den Fahrtkosten, den Transport des Gepäcks und manche kleinere Posten, die am Kurort selbst anfallen und für arme Familien schwer zu tragen sind. Hier sind bis zum Muttertag die ehrenamtlichen Helferinnen unterwegs, um auf Straßen und an Haustüren für erschöpfte und kranke Mütter zu sammeln.

Zwei Frauen machen Gymnastik auf einer Matte

Entspannen mit Sport: In den Kuren tun Mütter etwas für sich.

Frauengesundheit im Fokus

"Überlasteten Müttern neuen Antrieb geben" - so lautet in diesem Jahr das Motto für die Haus- und Straßensammlung des Müttergenesungswerks. Im Verbandsgebiet der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe ist der Evangelische Fachverband für Frauengesundheit mit der Elly Heuss-Knapp-Stiftung verbunden. Engagiert sind hier der Evangelische Verein für Müttergenesung in Mönchengladbach, die Evangelische Frauenhilfe im Rheinland mit Sitz in Bonn und die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen in Soest.

Das früher so genannte "Mutter-Kind-Heim" der rheinischen Frauenhilfe auf Spiekeroog diente als Vorbild für die Gründung der Elly Heuss-Knapp-Stiftung. Der Landesverband der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen unterhält eine Landesvermittlungsstelle für Müttergenesung, zu der sich elf evangelische Beratungsstellen zusammengeschlossen haben. Die aufwendige Beratung sicherzustellen, fällt den evangelischen wie auch allen anderen Beratungsdiensten der Freien Wohlfahrtspflege allerdings schwer. Hierfür gibt es keine ausreichende Refinanzierung.

Beraterin mit Mann

Erfolgreiche Kurberatung: Die Kassen lehnen inzwischen weniger Anträge ab.

Weniger Ablehnung von Kuren

Von der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen wurden 2017 705 Mütter und 29 Väter in 1.300 Gesprächen zu Kurmaßnahmen beraten, 420 Personen wurden bei der konkreten Antragsstellung unterstützt. Mit Erfolg. Noch 2011 lehnten die Krankenkassen ein Drittel aller Anträge ab. Heute liegt die Ablehnungsquote bei unter zehn Prozent. Die Mutter-Kind-Kliniken sind zu 90 Prozent ausgelastet.

Da unter den Müttern und Väter, die eine Kur machen, viele Familien mit geringem Einkommen sind, bleibt für die Sammler und Sammlerinnen des Müttergenesungswerks genug zu tun. Die Ehrenamtlichen der Frauenhilfe beteiligen sich an den Aktionen, indem sie Geld bei Gruppentreffen, in Gottesdiensten oder bei Vorträgen sammeln. Referentin Manuela Schunk hält allerdings fest: "Es ist bitter, dass auch heute noch Spenden notwendig sind, um Müttern eine Auszeit aus gesundheitlichen Gründen zu ermöglichen."

Text: Reinhard van Spankeren, Fotos: Deutsches Müttergenesungswerk

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