30. August 2019

Sommerreihe Ehrenamtliche in der Diakonie

Kaputtes wieder zum Laufen bringen

Jeder Deutsche wirft pro Jahr durchschnittlich 22,8 Kilogramm Haushaltsgeräte, Hifi-Anlagen, Handys oder Kabel in den Müll. Roland Schneider findet, dass defekte Geräte viel zu schnell verschrottet werden. Deshalb engagiert sich der gelernte Elektromechaniker ehrenamtlich im Repair-Café bei der Diakonie in Siegburg.

  • Alter Plattenspieler im Repaircafe
  • Werkzeugkasten im Repaircafe
  • Mit dem Elektrostab im Repaircafe

Wenn Roland Schneider das Innenleben alter Radios, Schallplattenspieler oder Verstärker vor sich hat, ist er in seinem Element. "Ich war immer fasziniert vom Thema Hifi", sagt der Rentner, der beruflich jahrzehntelang elektronische Messgeräte repariert hat. "Zuhause habe ich immer gerne elektronische Geräte, vor allem alte Plattenspieler, repariert." Nun sitzt der 71-Jährige im Repair-Café bei der Diakonie in Siegburg und schraubt das alte Transistor-Radio von Elke Müller auf, das nicht mehr richtig funktioniert. "Ich liebe diese alte Technik. Das Radio hat einen richtig guten Sound", erklärt Elke Müller, warum sie sich nicht von dem alten Gerät trennen will.

Ehrenamtliche des Repaircafes der Diakonie in Siegburg untersuchen ein altes Radio

Roland Schneider (r.) und sein Kollege Norbert Engels mit dem alten Radio von Elke Müller

Das Glück, alte Geräte zu retten

Schneider ist ganz ihrer Meinung. "Die alten Geräte haben oft einen besseren Klang", sagt er. Das Radio wegzuwerfen wäre in seinen Augen viel zu schade, auch wenn es schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat. "Oft sind es nur Kleinigkeiten, die sich leicht reparieren lassen." Und tatsächlich findet Schneider den Fehler schnell: ein oxidierter Kontakt. Der Elektromechaniker zückt ein dünnes, mit Schmirgelpapier beklebtes Holzstäbchen. Ein wenig Polieren, dann noch ein paar Sprühstöße Kontaktspray und schon ist das Radio wieder auf Empfang. Elke Müller strahlt.

Roland Schneider motiviert die Freude der Menschen, denen er hilft. "Wenn dann so ein Gerät wieder läuft, bin ich auch glücklich." Denn viel zu viele Elektrogeräte landeten auf dem Schrott, obwohl sie mit wenig Aufwand wieder tadellos funktionieren könnten. Doch die Hersteller hätten kein Interesse an der Langlebigkeit ihrer Produkte. Es werde immer schwieriger, Gerätegehäuse zu öffnen, weil diese oft nicht mehr geschraubt, sondern zugeklebt oder genietet würden. "Das macht die Industrie mit voller Absicht mit uns", ärgert sich Schneider.

Im Repaircafe der Diakonie in Siegburg gibt es auch ein Kaffeebuffet

Kaffee und Kuchen gibt's im Repaircafé natürlich auch. Und die Bitte um eine kleine Spende fürs Reparieren.

Repair-Café als Treffpunkt

Der Rentner fühlte sich gleich angesprochen, als er Ende 2013 von den Plänen zur Gründung des Siegburger Repair-Cafés in der Zeitung las. Er meldete sich als Reparateur und kümmert sich seitdem jeden ersten Samstag im Monat um defekte Geräte. Für ihn sei dieses Ehrenamt genau das Richtige, betont er. Denn neben der Freude am Reparieren mag er es auch, unter Leute zu kommen.

In seiner Firma war er als Vertrauensmann für Schwerbehinderte immer in Kontakt mit vielen Kollegen. "Das hat mir im Ruhestand gefehlt." Im Repair-Café trifft er auf ganz unterschiedliche Menschen. Es kämen nicht nur Leute mit kleinem Geldbeutel, sondern auch gut Situierte, für die es gar kein Problem wäre, ein neues Gerät anzuschaffen, beobachtet Schneider. Die Hilfe im Repair-Café ist grundsätzlich kostenlos. Aber die meisten Gäste folgen der Bitte um eine Spende und stecken beim Hinausgehen etwas Geld in das rosa Sparschwein, das neben dem Kuchenbuffet steht. Wie in einem richtigen Café gibt es hier nämlich – ebenfalls gegen eine Spende - Kaffee und Kuchen. Auch der wird von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen gebacken.

Arbeitsplatz mit einer Tasse Kaffee im Repaircafe der Diakonie in Siegburg

Reparieren, fachsimpeln, Kaffee trinken - Roland Schneider genießt es die Arbeitsatmosphäre im Repaircafé.

Fachsimpeln bei einer Tasse Kaffee

Wenn Schneider sich an die Reparatur eines Gerätes macht, dann wird bei einer Tasse Kaffee gefachsimpelt oder auch über Gott und die Welt gesprochen. Ihm gefällt die Zusammenarbeit mit den rund 20 anderen Ehrenamtlichen beim Repair-Café. "Wir haben ein gutes Klima hier." Bevor das Café um 10 Uhr öffnet, frühstücken meistens alle zusammen. Dann werden die Werkzeugkästen rausgeholt und die Tische mit Malerfilz abgedeckt.

Andere Ehrenamtliche kochen Kaffee für die Gäste oder postieren sich am Empfang. Vom Computer bis zum Staubsauger können alle defekten Geräte mitgebracht werden, "die man unter dem Arm tragen kann", so Schneider. Rund 30 Geräte reparieren die Ehrenamtlichen während jeder vierstündigen Öffnungszeit. Die meisten Reparateure haben - so wie Roland Schneider – ein Spezialgebiet. Viele bringen eine Ausbildung im Elektrobereich mit oder sind Ingenieure. Einige sind einfach nur geschickte Hobby-Bastler.

Ein altes Radio wird im Repaircafe der Diakonie in Siegburg repariert

Das alte Radio von Elke Müller hat Roland Schneider gerettet - und eine neue Kundin gewonnen.

Wertschätzen statt wegwerfen

Nicht alle Geräte können Schneider und seine Kollegen sofort reparieren. Was zeitaufwändiger ist, knöpft Schneider sich nach "Feierabend" noch einmal vor. Bei manchen Geräten müssen erst Ersatzteile beschafft werden. Was gängig ist, haben die Reparatur-Experten aber vorrätig. So hat Schneider inzwischen ein oft benötigtes Teil für Senseo-Kaffeemaschinen auf Lager. Die hätten immer den gleichen Defekt, kritisiert er. "Die meisten Leute schmeißen die Maschine dann wahrscheinlich weg." Dabei sei sie mit einem Ersatzteil für nur 50 Cent in 20 Minuten wieder flott zu machen.

Mit ihrem Repair-Café treffen die Ehrenamtlichen einen gesellschaftlichen Nerv. Immer mehr Menschen wollen einen persönlichen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten und achten auf Nachhaltigkeit. Sie möchten weniger Müll produzieren und aufwändig hergestellte Artikel stärker wertschätzen. Genau dabei hilft das Repaircafé. Elke Müller ist nicht die erste Kundin, die sich richtig freut, dass ihr Radio gerettet werden konnte. Und sie hat – wie viele Kunden des Cafés - noch mehr Geräte, die sie nicht wegschmeißen möchte. "Ich komme wieder", verspricht Müller.

Text und Fotos: Claudia Rometsch