Tag der offenen Gesellschaft
Raus in den Park und gemeinsam die Demokratie feiern - das wollte der "Tag der Offenen Gesellschaft".
Am Samstag, kurz vor dem längsten Tag des Jahres, hieß es wieder: Tische und Stühle raus, Freundinnen, Freunde, Nachbarn einladen, essen, debattieren, feiern und gemeinsam zeigen, welches Land Deutschland sein will und kann. Öffentlich getafelt wurde in Düsseldorf, Kandel (Rheinland-Pfalz), Rostock, Stuttgart, Kempten, Kiel und Dresden.
Zu dem Aktionstag hatte die "Offene Gesellschaft“ gemeinsam mit der Diakonie Deutschland und weiteren Bündnispartnern bereits zum zweiten Mal eingeladen. Während im vergangenen Jahr vor allem in den Großstädten getafelt wurde, machten diesmal viele kleinere Orte und Regionen mit. Zeitgleich fanden überall im Land Aktionen statt: auf Dorfangern und Rathausmärkten, Fußballplätzen und Dachterrassen, Plätzen und Bürgersteigen, in Stadtparks und Hinterhöfen.
In Düsseldorf hatte die Diakonie in den Innenhof der Bergerkirche eingeladen. (Foto: Heinz Frantzmann)
Tafeln in der Düsseldorfer Altstadt
Den 16. Juni hatten die Initiatoren bewusst ausgesucht. Es war der Tag vor dem 65. Jahrestag des DDR-Volksaufstandes. Er stehe für den Einsatz für Demokratie, Freiheit und Einheit, betonten sie. Die Bürgergesellschaft müsse diese Werte verteidigen und dürfe das Feld nicht Rechtspopulisten und autoritären Strömungen überlassen.
In der NRW-Landeshauptstadt hatte die Diakonie Düsseldorf an eine Tafel im Hof vor der Bergerkirche in der Altstadt eingeladen. In Berlin nahmen etwa 100 Menschen an einer langen Tafel auf dem Tempelhofer Feld Platz, darunter Prominente wie die Schauspielerin Katja Riemann, die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) und Diakoniepräsident Ulrich Lilie.
Demokratie persönlich zu nehmen, dazu rief Soziologe Harald Welzer die Berliner Teilnehmer auf.
Flagge für die Demokratie zeigen
In einem verlesenen Grußwort betonte Altbundespräsident Joachim Gauck, alle, die an einer der Tafeln Platz genommen hätten, leisteten mit ihrer Bereitschaft zum Austausch einen großen Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wertschätzung sei unerlässlich für ein gutes Zusammenleben. In einer Gesellschaft der Verschiedenen sei ein gelingendes Miteinander nicht immer einfach, aber auch nicht immer schwierig.
Der Mitbegründer der Initiative "Offene Gesellschaft", der Soziologe Harald Welzer, erklärte, Demokratien gingen nicht an zu vielen Feinden, sondern an zu wenigen Freunden und Verteidigerinnen zugrunde. Hass und Hetze, Angriffe auf die Demokratie und Menschenfreundlichkeit würden immer stärker artikuliert. "Wenn man sich als Demokrat versteht, sollte man deshalb die Sache persönlich nehmen", sagte Welzer. Auch die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli betonte, es gehe darum, "Flagge für die Demokratie zu zeigen".
Katja Riemann bedauert, dass sich zu wenige Kollegen engagieren - hier im Gespräch mit Diakoniepräsident Ulrich Lilie.
Zu wenig Künstler dabei
Schauspielerin Riemann bemängelte in der "tageszeitung" (Samstag), sie vermisse eine stärkere Beteiligung von Künstlern bei der Verteidigung der offenen Gesellschaft gegen autoritäre Kräfte. "Ich finde, es sind viel zu wenig Künstler dabei, zu wenig meiner Kollegen", kritisierte Riemann. Sie habe "schon Fussel auf der Zunge, vom dauernden Erzählen".
Am ersten "Tag der offenen Gesellschaft" hatten sich bundesweit mehr als 20.000 Menschen an den Tischgesellschaften beteiligt. Partner der Initiative "Die Offene Gesellschaft" sind unter anderem die Allianz Kulturstiftung, Pulse of Europe, die Open Society Foundation und die Bertelsmann-Stiftung (Gütersloh).
Text: Sabine Damaschke/epd, Fotos: Diakonie Deutschland