Diakonie auf der Landessynode
Hinschauen, helfen und nachhaltig etwas verändern – darum geht es in der diakonischen Arbeit, erklärte Diakonie-RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann auf der Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland. Im größten diakonischen Landesverband arbeiten etwa 140.000 Hauptamtliche sowie rund 200.000 Ehrenamtliche. Das Diakonische Werk Rheinland-Westfalen-Lippe repräsentiert rund 5.000 Sozialeinrichtungen.
Wie der barmherzige Samariter aus dem Lukas-Gleichnis verstünden diakonische Mitarbeitende und Ehrenamtliche ihr Handeln als Berufung. "Gott wohnt dort, wo kein frommer Mensch hinziehen würde", zitierte Heine-Göttelmann den Autoren Wolfgang Borchert zu Beginn seiner Andacht in Bad Neuenahr. Das Gleichnis des barmherzigen Samariters sei für manchen "eine diakonisch abgegriffene Geschichte". Jedoch zeige es, dass "die Hilfe nicht bei der spontanen Erbarmung stehen bleiben kann". Vielmehr brauche es einen Übergang zur institutionalisierten Nächstenliebe. Den leiste die Diakonie.
Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, setzt sich für eine Kindergrundsicherung ein.
"Diakonie ist ein starkes Stück Kirche"
Das Verhältnis von Kirche und Diakonie und ihr soziales Engagement in der Gesellschaft sind Schwerpunkte der rheinischen Landessynode. "Diakonie ist ein starkes Stück Kirche", sagte der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski und hob die Bedeutung und Notwendigkeit evangelischer Sozialarbeit hervor. Diakonie und Kirche setzen sich gemeinsam für ein sozialeres Miteinander ein.
Im Vorfeld der Landessynode bekräftigte Präses Rekowski die gemeinsame diakonisch-kirchliche Forderung nach einer Kindergrundsicherung. Trotz jahrelanger öffentlicher Diskussion sei keine Verbesserung der Situation der von Armut und Armutsfolgen betroffenen Kinder und Jugendlichen in Deutschland zu erkennen. Es gebe "ein Handlungsproblem", heißt es in einer Beschlussvorlage. Bisherige pauschale Zahlungen zur Existenzsicherung von Kindern sollten durch die Grundsicherung als einzige Leistung ersetzt werden, forderte Rekowski.
Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland, fordert die großzügige Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine.
Regeln zum Schutz gegen sexualisierte Gewalt
Angesichts der schwierigen sozialen Situation vieler Menschen bleibe "die diakonische Auftragslage extrem gut", so Rekowski. Die Kirche müsse eine vermittelnde und diakonische Rolle übernehmen, bestätigte auch Diakonie-Präsident Ulrich Lilie. Kirchengemeinden müssten Verantwortung für alle Menschen übernehmen, "nicht nur für die Getauften oder für die, die regelmäßig zum Gottesdienst gehen", sagte er am Montag. "Wird Gemeinde zur geschlossenen Gesellschaft, ist sie – so scharf muss man es sagen – keine Gemeinde im Sinne Jesu mehr".
Neben dem Verhältnis zwischen Kirche und Diakonie geht es während der fünftägigen Synode auch um den Schutz vor sexualisierter Gewalt in kirchlichen Einrichtungen. Mitarbeitende sollen beispielsweise vor Beschäftigungsbeginn und mindestens alle fünf Jahre ein Führungszeugnis vorlegen müssen, wie Vizepräses Christoph Pistorius erläuterte. Auch Ehrenamtliche sollen dazu verpflichtet werden, wenn sie in intensivem Kontakt mit Minderjährigen stehen.
Die Regeln sollen als Kirchengesetz beschlossen werden. Sie sollen für alle 687 Gemeinden und 37 Kirchenkreise sowie die Ämter und Werke der zweitgrößten deutschen Landeskirche gelten. Die rheinische Kirche habe selbst bei dem Thema nicht immer richtig gehandelt, sagte Pistorius und betonte: "Täter dürfen auf keinen Fall durch ihr Amt in der Kirche vor Strafe und Konsequenzen geschützt werden."
Die Mitglieder der Synode vertreten rund 2,5 Millionen Protestanten im Rheinland.
Seenotrettung
"Grundpfeiler unserer Demokratie wie gegenseitiger Respekt, die Suche nach Konsens und das Eintreten für die Schwachen werden immer offensiver infrage gestellt", beklagte Rekowski am Montag in seinem Jahresbericht. Er verteidigte vehement das geplante Seenotrettungsschiff des Bündnisses "United 4 Rescue", an dem sich die evangelische Kirche und die Diakonie RWL beteiligen, gegen innerkirchliche Kritik. Man könne über die konkrete Ausgestaltung von humanitärer Flüchtlingspolitik kontrovers diskutieren, "aber man lässt keinen Menschen ertrinken", sagte er unter großem Applaus der Synode.
Entsetzt zeigte sich Rekowksi über populistische Stammtischparolen, Ausgrenzung, Hass und die Dämonisierung von Minderheiten. Die Christen müssten gegen Populismus und gesellschaftliche Spaltung aufstehen und gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen "auf dem Wert der Wahrheit bestehen, konstruktive Diskurse auch um schwierige Themen führen und so unsere freiheitlich-demokratische Rechtsordnung verteidigen".
Noch bis Donnerstag tagt die Landessynode. In den nächsten Tagen geht es unter anderem um Kinderarmut, die Beziehung von Christen und Juden und eine Untersuchung über ungeplante Millionen-Mehrkosten für die Umstellung einer Finanzsoftware.
Text: epd/ Ann-Kristin Herbst; Fotos: Ekir
Diakonische Identität
Landessynode der rheinischen Kirche
Die Landessynode ist das oberste Organ der rheinischen Kirche, die sich in 37 Kirchenkreisen und 668 Kirchengemeinden über Teile von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland erstreckt. Mit 2,45 Millionen Mitgliedern ist die Evangelische Kirche im Rheinland die zweitgrößte der 20 evangelischen Landeskirchen in Deutschland. (epd)