Wechsel des juristischen Vorstands
Wie die drei Bundespolitiker ins Spiel kamen? Jörg Kruttschnitt, Vorstand im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung, erinnerte in einer Videobotschaft an die Fernseh-Trielle vor der Wahl – und betonte, dass der scheidende Diakonie RWL-Vorstand Thomas Oelkers alle Vorzüge der drei Politiker in sich vereine: "Noch gelassener als der Hanseat Olaf Scholz, noch humorvoller als der Rheinländer Armin Laschet und in seiner Liebe zum dreiteiligen Anzug noch eleganter als Annalena Baerbock."
Ulf Schlüter, theologischer Vizepräsident der evangelischen Kirche von Westfalen, griff in seinem Grußwort die Fusion der Landesverbände Rheinland und Westfalen-Lippe 2016 auf, denn die hatte der scheidende Vorstand Thomas Oelkers maßgeblich begleitet. Schlüter erinnerte dabei an ein Zitat von Kabarettist Jürgen Becker: "Wie das Verhältnis von Rheinländern und Westfalen ist? Es ist furchtbar, aber es geht." Dass es tatsächlich gehe, habe die Diakonie RWL in den vergangenen fünf Jahren unter Beweis gestellt, betonte Schlüter. Und das trotz kultureller, rechtlicher und traditionsbedingter Unterschiede in den vier Bundesländern des neuen Verbandsgebietes.
Immer eine offene Tür: Carina Gödecke, stellvertretende Landtagspräsidentin, ermunterte Kirsten Schwenke, den Kontakt zur Politik zu suchen.
"Ich biete Ihnen offene Türen"
Die stellvertretende Landtagspräsidentin Carina Gödecke machte in ihrer Rede deutlich, in welch schwierige Zeiten der Start für Vorständin Kirsten Schwenke falle. "Corona alleine ist schon eine Herausforderung, die nicht zu Überforderung führen darf." Hinzu kämen Kirchenaustritte, die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Kirche und nicht zuletzt der Klimawandel. Diakonie-Angebote müssten sich noch stärker an den Bedürfnissen der Menschen orientieren. Aufgabe der Diakonie RWL sei es, diese Angebote zu koordinieren und weiterzuentwickeln, so Gödecke. Sie richtete sich direkt an Kirsten Schwenke: "Zum ersten Mal ist eine Frau in dieser Position, allein das ist eine Meldung wert. Ich ermuntere Sie, den Kontakt zur Politik zu suchen – und biete Ihnen offene Türen im Landtag an."
Den Gottesdienst an diesem Abend hatten Dr. Thorsten Latzel (Präses Evangelische Kirche im Rheinland), Ulf Schlüter, Landessuperintendent Dietmar Arends sowie Christian Heine-Göttelmann (Theologischer Vorstand Diakonie RWL) gemeinsam gestaltet. Auch Arends betonte Thomas Oelkers Einsatz bei der Fusion der Landesverbände. "Wir bringen hierbei unser aller Dank zum Ausdruck." Vor der Einführung von Kirsten Schwenke würdigte er deren juristische Kompetenz als Fachanwältin für Arbeitsrecht. "Es war ein großes Glück, dass Kirche und Diakonie sie vor elf Jahren gewinnen konnten." Dass Schwenke die kirchlich-diakonischen Strukturen nicht nur rechtlich am Herzen liegen, zeige ihr langjähriges Ehrenamt als Presbyterin.
Amtsübergabe: Thomas Oelkers war acht Jahre lang juristischer Vorstand der Diakonie RWL. Jetzt übernimmt Kirsten Schwenke.
Dem Verwaltungsrat Beine machen
Udo Zippel, Verwaltungsratsvorsitzender der Diakonie RWL, erinnerte an die Klarheit und hanseatische Präzision von Thomas Oelkers. Gleichzeitig freue er sich auf den frischen Wind und die Entschlossenheit, die Kirsten Schwenke mitbringe. "Sie werden uns im Verwaltungsrat schon Beine machen, damit wir den richtigen Weg finden", sagte er schmunzelnd.
Der Wechsel im Vorstand sei sowohl für die Diakonie als auch die Landeskirchen entscheidend, betonte Präses Thorsten Latzel in seiner Ansprache. Die Tatsache, dass in der Bibel das Thema "Amtsübergabe" weite Teile einnehme, zeige die Bedeutung dieses besonderen Moments. "Sie können das Staffelholz aber mutig in die Hand nehmen, getrost anfangen – und eben auch loslassen: Gott war und wird bei uns sein."
Genau diesen Übergang thematisierten Thomas Oelkers und Kirsten Schwenke in ihrem abschließenden Dialog: Wie denn die ersten Tage im Amt beziehungsweise zu Hause gewesen seien, befragten sie sich gegenseitig. "Gewohnt und trotzdem fremd", beschrieb Schwenke die Anfänge im ehemaligen Oelkers-Büro. Und der? Die vielen Stunden auf der Autobahn vermisse er nicht. Trotzdem müsse er jetzt seine Tage neu strukturieren. "Und ich sage Ihnen eines: Zu Hause sind alle guten Jobs schon weg."
Text: Ilka Hahn, Fotos: Hans-Jürgen Bauer