2. Juni 2023

Talk-Sendung der Diakonie

Nachhaltigkeitsbericht und Klimaschutz

Ab 2025 sind viele diakonische Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet, ab 2035 will die Diakonie klimaneutral unterwegs sein. Was es damit auf sich hat und wie das umgesetzt werden kann,  darüber sprachen die Teilnehmenden beim digitalen Diakonie-Forum Nachhaltigkeit, zu dem die Diakonie RWL, die Diakonie Deutschland und die Bank für Kirche und Diakonie eingeladen hatten. 

  • Talk-Sendung Diakonie-Forum Nachhaltigkeit
  • NRW-Landtagsabgeordneter Peter Blumenrath (CDU)
  • Blick ins Studio 47 beim Diakonie-Forum Nachhaltigkeit
  • Blick ins Studio 47 beim Diakonie-Forum Nachhaltigkeit
  • Anja Liebert, Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen aus Wuppertal im Studio.
  • Ulrich Lilie, Präsident Diakonie Deutschland
  • Jörg Moltrecht vom Vorstand der KD-Bank
  • NRW-Landtagsabgeordneter Mehrdad Mostofizadeh (Bündnis 90/Die Grünen)
  • Carsten Pierburg von der KD-Bank im Studio

"Auf den Dächern unserer Einrichtungen entstehen Photovoltaikanlagen, im Garten werden Nistkästen installiert, der Rasen wird zur Blühwiese und bietet ein Zuhause für unzählige Insekten", zählt Sven Pernak, Referent für Theologie und Nachhaltigkeit bei der Diakonie Ruhr nur einiges auf, was für den Klimaschutz bei dem Träger passiert. Der große Hemmschuh – vor allem für die großen Ideen und Projekte – sei die Refinanzierung. Und wie ihm geht es vielen Akteuren unter den Dächern der Wohlfahrtsverbände. Sie stoßen an finanzielle Grenzen beim Klimaschutz weil der Gesetzgeber vorgibt, was refinanziert wird. Beim digitalen Diakonie-Forum Nachhaltigkeit aus dem Studio 47 kommt das auf den Tisch. Vor allem im zweiten Teil der Diskussionsrunde mit Journalist Tom Hegermann prallen die Ideen der Verantwortlichen der Diakonie und der Politik aufeinander.

Diakonie als Klima-Verbündete

Anja Liebert, Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen aus Wuppertal, spricht sich für Anreize zur Investition in erneuerbare Energien aus. Der Staat könne jedoch nicht jede Maßnahme zu hundert Prozent fördern. In diesem Zusammenhang warnt Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland, davor, die Problematik privater Immobilien mit der sozialer Immobilien in einen Topf zu werfen. Es gehe um komplexe Fragen, die eine enge Abstimmung erfordern. Die Freie Wohlfahrtspflege stehe hierfür bereit.

Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann

"Klimaschutz muss bei der Betrachtung unserer Gebäude als betriebsnotwendig anerkannt und bezahlt werden", fordert Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann.

Koalitionsvertrag in NRW 

"In Nordrhein-Westfalen gibt es im Koalitionsvertrag von CDU und Bündnis 90/Die Grünen ein klares Bekenntnis zum Klimaschutz in Sozialimmobilien", stellt der Vorstand der Diakonie RWL, Christian Heine-Göttelmann fest. Dort ist vorgesehen, die Finanzierung von Maßnahmen der Freien Wohlfahrtspflege für den Klimaschutz durch energetische Gebäudequalifizierung über die Investitionskostenförderung landesgesetzlich zu ermöglichen. Das bedeutet: "Klimaschutz muss bei der Betrachtung unserer Gebäude als betriebsnotwendig anerkannt und bezahlt werden", fordert Heine-Göttelmann. Dass das in NRW passiert, darauf machen die NRW-Landtagsabgeordneten Peter Blumenrath (CDU) und Mehrdad Mostofizadeh (Bündnis 90/Die Grünen) Hoffnung. Blumenrath erläutert, dass dazu die Mechanismen der Investitionskostenförderung und der laufenden Kosten, die Klimaschutzmaßnahmen verhindern, synchronisiert werden müssen. Das Problem habe er schon vor 30 Jahren erlebt – damals als Altenpfleger, schildert Mostofizadeh und verspricht: "Wir warten nicht nochmal 30 Jahre, sondern höchstens 30 Wochen, um das hinzukriegen."

Johanna Gary, Nachhaltigkeitsbeauftragte der Diakonie Deutschland.

"Nachhaltigkeit ist ein Thema, an dem niemand mehr vorbeikann", sagt Johanna Gary, Nachhaltigkeitsbeauftragte der Diakonie Deutschland. 

"Nachhaltigkeit ist für alle ein Thema"

Bereits zuvor sind Florian Harrlandt vom Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung, Carsten Pierburg von der KD-Bank, Johanna Gary als Leiterin der Gruppe Nachhaltigkeit der Diakonie Deutschland und Sven Pernak von der Diakonie Ruhr über die neu geforderte Nachhaltigkeitsberichtserstattung ins Gespräch gekommen. Der Hintergrund: Ab 2025 ist der Bericht auch für viele diakonische Einrichtungen verpflichtend. Moderator Tom Hegermann stellt auch die Frage ins digital zugeschaltete Publikum, zu dem Vorstände, Geschäftsführer*innen und Nachhaltigkeitsbeauftragte aus der Freien Wohlfahrt gehören, an welchem Punkt sie sich bei diesem Thema befänden. Die meistgewählte Antwort: "Noch am Anfang der Überlegungen." Die wenigsten allerdings hatten sich noch gar nicht mit dem Thema beschäftigt. "Nachhaltigkeit ist ein Thema, an dem niemand mehr vorbeikann", sagt Gary. "Es kommt Schwung in die Sache durch die EU-Vorgaben und auch durch das Interesse diakonischer Einrichtungen, etwas zu machen."

Unterstützung bekommen interessierte Unternehmen beim Aufbau eines Nachhaltigkeitsmanagements unter anderem im Büro Deutscher Nachhaltigkeitskodex (DNK). "Wir lassen niemanden mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung allein", betont Florian Harrlandt. Gemeinsam mache man sich ein realistisches Bild des aktuellen Standes beim Thema Nachhaltigkeit. "Und kaum einer fängt bei Null an", berichtet er aus Erfahrung. Es gibt viele Instrumente, die helfen – beim Rat für Nachhaltige Entwicklung genauso wie bei der Diakonie, die gemeinsam mit der Caritas einen Branchenleitfaden für die Nachhaltigkeitsberichterstattung erstellt hat, und bei der KD-Bank, die bei einem niederschwelligen Einstieg in das Thema helfen will. 

Schließlich werde das Thema auch für Investitionen oder Kredite immer wichtiger: "Nachhaltigkeitsberichte spielen eine bedeutende Rolle. In der Bonitätsbetrachtung wird das Thema zunehmend wichtig und signifikant eine Auswirkung darauf haben, welche Bonität ich als Kunde bekomme", informiert Carsten Pierburg von der KD-Bank. "Wir sehen uns dabei als Sparringspartner und Ratgeber", betont Jörg Moltrecht vom Vorstand der KD-Bank.

Sven Pernak (li.), Referent für Theologie und Nachhaltigkeit bei der Diakonie Ruhr. Rechts im Bild Moderator Tom Hegermann.

"Auf den Dächern unserer Einrichtungen entstehen Photovoltaikanlagen, im Garten werden Nistkästen installiert", berichtet Sven Pernak (li.), Referent für Theologie und Nachhaltigkeit bei der Diakonie Ruhr. Rechts im Bild Moderator Tom Hegermann.

Nachhaltigkeit als diakonischer Auftrag

Motivation gibt es also reichlich für das Thema – auch im Bereich der Freien Wohlfahrt. Ob als Arbeitgeber oder als Kreditnehmer: Nachhaltigkeit wird nachgefragt. "Und außerdem ist es unser diakonischer Auftrag, dass Menschen so leben können wie Gott das für die Menschen vorgesehen hat, nämlich in größtmöglicher Freiheit und Selbstbestimmung. Wir in der Diakonie sollen Menschen dabei unterstützen. Dazu gehört natürlich auch ein lebenswertes, menschenwürdiges Umfeld", betont Pernak von der Diakonie Ruhr. 

Dabei setzt die Diakonie auf ein breites Netzwerk, auf verlässliche Partner*innen und Gespräche mit der Politik. 

Text: Theresa Demski, Fotos: Diakonie RWL/Rudolf Michel-Fabian