Soziale Projekte jetzt endlich angehen und sicher finanzieren
Diakonie RWL
Kinderarmut senken
"Mit der Kindergrundsicherung soll Kinderarmut endlich nachhaltig bekämpft werden. Das ist nicht nur für Nordrhein-Westfalen ein wichtiges Thema: Hier lebt mehr als jedes fünfte Kind in Armut – mehr als im Bundesdurchschnitt", erklärt Kirsten Schwenke. Die Diakonie RWL begrüßt den Plan der Ampel-Parteien, starke Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern sowie Bildung und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Das könnte zum Beispiel durch das Absenken des Wahlalters auf 16 Jahre für Europa- und Bundestagswahlen gelingen sowie durch den Ausbau der Freiwilligendienste.
Leistung der Pflegekräfte anerkennen
Bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags hat SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz einen erneuten Pflegebonus verkündet. Dafür wolle die neue Bundesregierung eine Milliarde Euro bereitstellen. "Das ist gerade in der aktuellen Pandemie-Lage ein wichtiger Schritt, der die enorme Leistung der Pflegekräfte anerkennt", betont Diakonie RWL-Vorstand Kirsten Schwenke. Entscheidend für alle sozialpolitischen Projekte sei die solide Finanzierung, damit sie nach der Regierungsbildung auch zügig umgesetzt werden können.
"Es sind sehr viele ambitionierte Vorhaben, die auch für die Verwaltungen in Bund, Ländern und Kommunen Veränderungen mit sich bringen werden. Als evangelischer Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege möchte die Diakonie RWL bei der Umsetzung eine verlässliche Partnerin sein."
Die Schwerpunkte des Koalitionsvertrags aus Sicht der Diakonie RWL im Einzelnen:
Kinder, Familien und Jugend:
Beim Ausbau von Ganztagsangeboten an Schulen sowie der Weiterentwicklung der Kindertagesstätten soll ein besonderes Augenmerk auf Qualität gesetzt werden. Das begrüßt die Diakonie RWL ausdrücklich. "Ebenso erfreut sind wir über die geplante Gesamtstrategie für neue Fachkräfte für Erziehungsberufe. Es ist richtig und wichtig, dass die Koalition hier bundesweit einheitliche Standards setzen möchte. Entscheidend wird sein, diese Ausbildungen nicht nur schulgeldfrei zu gestalten, sondern auch angemessen zu vergüten."
Das Fortführen des sogenannten "Gute-Kita-Gesetzes" ist sinnvoll. Auch die Überführung in ein Qualitätsentwicklungsgesetz mit bundesweiten Standards ist grundsätzlich gut. Sie dürfe allerdings nicht dazu führen, dass dadurch in manchen Bundesländern die Standards sinken. "Das wäre fatal", sagt Kirsten Schwenke.
Pflege und Gesundheit
Mit der Pflegepersonalregelung 2.0 im Krankenhaus und der Beschleunigung des Personalbemessungsverfahrens in der stationären Pflege sollen kurzfristig Verbesserungen der Personalausstattung erreicht werden. Für die Pflegebedürftigen in Heimen sollen die Eigenanteile an den Heimkosten weiter begrenzt werden. "Das ist dringend nötig, weil die ab Januar 2022 geltenden Regelungen nur 60 Prozent der Pflegebedürftigen entlasten – und die auch nur in einer Höhe von fünf Prozent im ersten Jahr und 25 Prozent im zweiten Jahr."
Der Koalitionsvertrag lässt vor allem im Bereich Pflege noch vieles offen. Ein Bündnis von Diakonie, weiteren Wohlfahrtsverbänden, Verdi, des DGB sowie verschiedenen Wissenschaftlern hatte die Kanzlerkandidat*innen vor der Wahl zu einem Pflegegipfel aufgefordert. Olaf Scholz hat im Falle seiner Wahl zugesagt. "Wir nehmen ihn beim Wort", betont Kirsten Schwenke.
Migration
Aufhorchen lässt der Koalitionsvertrag beim Thema Migration: Er stellt verbesserte Chancen vor allem für jugendliche Geflüchtete in Aussicht, über Ausbildung und Arbeit in einen sicheren Aufenthaltsstatus zu gelangen. "Darum bemüht sich die Diakonie RWL seit langem. Und auch das von evangelischer Kirche und Diakonie vor 30 Jahren in NRW eingeführte und bewährte Modell der unabhängigen Asylverfahrensberatung wird endlich bundesweit etabliert."
Die angekündigte Abkehr vom Konzept der AnkER-Zentren könnte künftig dazu führen, dass auch NRW von seinem Asylstufenplan abrückt und das Verteilen von Geflüchteten auf die Kommunen schneller abläuft. "Das kommt unseren Forderungen sehr entgegen, denn aktuell leben viele Geflüchtete bis zu 24 Monate in Landesunterkünften."
Armut und Wohnen
Die künftigen Koalitionspartner haben sich auf eine Abschaffung von Hartz IV verständigt. Stattdessen soll das Bürgergeld kommen. "Dieses Bürgergeld wird mit vielen positiven Zielen verbunden. Wir kritisieren allerdings, dass mit der Umwandlung offenbar keine Anhebung der Regelsätze verknüpft wird."
Laut Koalitionsvertrag sollen jährlich 400.000 neue Wohnungen entstehen, davon 100.000 im geförderten Wohnungsbau. "Das begrüßen wir ausdrücklich." Zudem ist ein "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" mit allen wichtigen Akteuren geplant. Die Diakonie RWL freut sich, dass dabei viele Forderungen aus den bestehenden Bündnissen aufgegriffen werden. "Wir hoffen, dass ein mögliches neues Ministerium für Bauen und Wohnen der Thematik zudem noch mehr Gewicht gibt – und nicht etwa die notwendige Verknüpfung in andere Ressorts erschwert."