Nachhaltigkeit
Gerhard Bröker, Leiter Zentraleinkauf der Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen, versteht seine Position als eine "mit sozialer und ökologischer Verantwortung". Neben ihm steht ein Mitarbeiter mit umweltschonenden Reinigungsmitteln in der Hand. Seine Arbeitskleidung ist fair produziert.
"Langwierig und anstrengend", so beschreibt Gerhard Bröker die Aufgabe, die ihm die Geschäftsführung des Diakonischen Werks im Kirchenkreis Recklinghausen da vor rund zehn Jahren aufgetragen hatte. Bröker, der die Wirtschaftsbetriebe leitet, sollte prüfen, welche Textilien sich "auf nachhaltig" umstellen ließen. Ihm war von Beginn an klar: "Wir müssen in diesem Bereich etwas tun. Schließlich haben wir als kirchliche Wohlfahrtsorganisation eine besondere Vorbildfunktion."
Aber er ahnte auch die Herausforderung. Denn Vorbilder für seine aufwändige Unternehmung gab es damals kaum. Dazu kommt die Größe des Diakonischen Werks im Kirchenkreis Recklinghausen, für das er arbeitet. Es beschäftigt in seinen rund 140 Einrichtungen annähernd 2.000 Mitarbeitende. Und deren Arbeitskleidung sollte gleich am Anfang auf den Prüfstand kommen. Doch Bröker, der auch den Zentraleinkauf der Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen leitet und das als eine Position mit sozialer und ökologischer Verantwortung versteht, war überzeugt: "Als Kirche sind wir hier gefordert. Wir wollen doch den nächsten Generationen einen vernünftigen Planeten hinterlassen." Und so machte er sich ans Werk.
Er begann mit dem Bereich Garten- und Landschaftsbau, fragte seine Kolleginnen und Kollegen, welche Eigenschaften ihre Arbeitskleidung haben muss. Er verglich Angebote, ließ sich von Fachleuten beraten und nahm schließlich Kontakt zu kommunalen Beschaffungsstellen mit entsprechenden Angeboten für nachhaltige Textilien auf. Danach ging es mit den Mitarbeitenden der Schreinerei, der Küche und der Pflegeeinrichtungen weiter. Auch sie sollten bedarfsgerecht und gleichzeitig nachhaltig eingekleidet werden. Gerhard Brökers Konzept: "Schritt für Schritt immer nachhaltiger werden."
Auch die Wäscherei für das Restaurant im Matthias-Claudius-Zentrum arbeitet nachhaltig.
"Es ist geschafft"
Der Prozess zog sich über Jahre. Bröker musste unter anderem immer wieder prüfen, ob es nicht doch noch günstigere Alternativen auf dem Markt gab. Denn das Diakonische Werk muss sich am Markt behaupten, die Balance zwischen Ökonomie, Ökologie und Sozialem halten. "Aber es ist geschafft", freut sich Bröker jetzt, mehr als zehn Jahre später. "Mehr als 1.500 Kleidungsstücke aus fair gehandelter Bio-Baumwolle haben wir bereits im Einsatz."
Schon warten die nächsten Aufgaben: Am Thema Arbeitsschuhe ist er dran. Und schon bald wird die "Flachwäsche" umgestellt, also Bettwäsche und Handtücher. "Ab 1. April liefert uns eine Wäscherei aus Münster, die mit dem Bundesnachhaltigkeitssiegel 'Grüner Knopf' ausgezeichnet ist, die Flachwäsche für rund 340 Bewohnerinnen und Bewohner in unseren Einrichtungen", berichtet Gerhard Bröker. Außerdem gibt es im Diakonischen Werk im Kirchenkreis Recklinghausen eine eigene Wäscherei für das Restaurant im Matthias-Claudius-Zentrum und im Haus der Diakonie. Auch diese Wäscherei, in der Menschen mit Behinderung arbeiten, ist mittlerweile nachhaltig aufgestellt.
Die Mitarbeitenden des Diakonischen Werks im Kirchenkreis Recklinghausen können Leihfahrräder nutzen oder ein Firmenfahrrad beantragen.
Nachhaltig in allen Bereichen
Bereits seit zehn Jahren sind auch sämtliche Büromaterialien und Reinigungsmittel nachhaltig. "Unsere Stifte etwa werden aus alten Plastikflaschen hergestellt", sagt Bröker. Und die Gebäudereinigungsfirma, die seit 2012 für die 143 diakonischen Einrichtungen im gesamten Kirchenkreis zuständig ist, hat sich verpflichtet, nur umweltschonende und EU-gelabelte Reinigungsmittel zu verwenden, die zugleich hygienischen Krankenhausstandards entsprechen.
"Im Jahr 2014 sind wir unsere ersten Schritte in Sachen Ökostrom gegangen und heizen mit Strom aus dem eigenen Blockheizkraftwerk", zählt Bröker weiter auf. Und ab diesem Jahr sollen nach und nach 24 Fotovoltaikanlagen auf die Dächer ausgewählter Einrichtungen und Werkstätten montiert werden; fünf Gebäude sind bislang schon mit Solarzellen ausgestattet. Bröker: "Wir arbeiten wirklich an allen Ecken und Enden am Thema Nachhaltigkeit." Dass die Mitarbeitenden des Diakonischen Werks im Kirchenkreis Recklinghausen das Jobticket und Leihräder nutzen oder ein Firmenfahrrad beantragen können, sei in diesem Zusammenhang ebenso selbstverständlich wie einige E-Fahrzeuge im Fuhrpark.
Gerhard Bröker (Mitte) mit Mitarbeitenden in nachhaltig produzierter Arbeitskleidung.
Recklinghausen ist Vorreiter
Wenn es um den Wechsel auf Textilien geht, die nach ökologischen und sozialen Kriterien produziert sind, ist das Diakonische Werk im Kirchenkreis Recklinghausen mit seinen Anstrengungen zu einem Vorreiter unter diakonischen Einrichtungen geworden. Doch dabei wolle es die Diakonie nicht belassen, sagt Johanna Gary, Nachhaltigkeitsreferentin bei der Diakonie Deutschland. Künftig solle das Thema mit mehr Nachdruck angegangen werden. "Denn wie bei modischen Textilien geht es auch bei der Arbeitskleidung um Lieferketten, um Flächen- und Wasserverbrauch, um Pestizideinsatz und um Chemikalien, um Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen und um CO2-Emissionen." Es gebe kaum einen Schritt der textilen Kette, der nicht mit sozialen und ökologischen Risiken behaftet sei, so Gary weiter. "Entsprechend viele Fragen sind deswegen zu klären. Welche Siegel und Standards gibt es und wofür stehen sie jeweils? Wer bietet entsprechende Textilien in der erforderlichen Menge an, über wen kann ich sie kaufen oder mieten? Kann ich möglicherweise meinen bisherigen Lieferanten oder textilen Vollversorger überzeugen, seine Produktpalette zu erweitern?"
Damit die Umstellung auf nachhaltige Textilien in diakonischen Einrichtungen weiter an Fahrt aufnehmen kann, wurde bereits im Jahr 2019 eine "Machbarkeitsstudie zur nachhaltigen Beschaffung von Textilien in der Diakonie" durchgeführt, sagt Johanna Gary. Im September 2020 wurde die "Absichtserklärung zur Förderung nachhaltiger Textilbeschaffung" zwischen dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), dem Deutschen Caritasverband und der Diakonie Deutschland unterzeichnet. So sollen nach und nach mehr Beispiele entstehen, an der sich diakonische Einrichtungen bei der eigenen Umstellung orientieren können.
Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland, ermutigt alle diakonischen Einrichtungen, zielgerichtet ökologisch produzierte und fair gehandelte Textilien nachzufragen.
Etwas zum Besseren bewegen
Seit etwa einem Jahr unterstützt eine Fachfrau, als Business Scout for Development vom BMZ an die Diakonie entsandt, fünf Pilotunternehmen, darunter auch das Diakonische Werk im Kirchenkreis Recklinghausen. "Ich berate beispielsweise zu Siegeln und Zertifikaten, stelle Informationen wie Beispielausschreibungen bereit und helfe bei der Suche nach geeigneten Anbietern", beschreibt sie ihre Arbeit.
"Wenn man sich klarmacht, wie viel Wäsche in unseren Pflegeinrichtungen und Krankenhäusern Tag für Tag anfällt, wird anschaulich, dass unser Einkaufsverhalten tatsächlich Marktrelevanz hat", sagt Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland. "Wenn wir zielgerichtet ökologisch produzierte und fair gehandelte Textilien nachfragen, haben wir einen großen Hebel, um etwas zum Besseren zu bewegen."
Auch Gerhard Bröker steht voll hinter dem Projekt und hofft, dass viele weitere diakonische Einrichtungen auf nachhaltige Textilien umstellen. "Wenn wir die Schöpfung bewahren und als Diakonie glaubwürdig sein wollen, haben wir gar keine andere Wahl."
Text: Johanna Gary, Sven Kriszio, Verena Bretz, Fotos: Diakonisches Werk im Kirchenkreis Recklinghausen, Thomas Meyer/Diakonie Deutschland
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