10. Dezember 2024

Hauptversammlung 2024

Diakonie RWL als starke Partnerin

Die Wahl des neuen Verwaltungsrates, eine Satzungsänderung und der Rückblick auf ein politisch bewegendes Jahr: Das sind nur einige Themen aus der umfassenden Tagesordnung der  diesjährigen Hauptversammlung der Diakonie RWL. Die Teilnehmenden der Podiumsdiskussion beschäftigten sich außerdem mit der Frage, wie sich soziales Leben in NRW zukunftssicher gestalten lassen könnte.    

  • Kirsten Schwenke und Christian Heine-Göttelmann, Vorstände der Diakonie RWL.
  • Kirsten Schwenke, Christian Heine-Göttelmann, Udo Zippel, Joachim Eumann
  • Dr. Georg Lunemann, Direktor Landschaftsverband Westfalen-Lippe, im Gespräch mit Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann.

Was aus 2024 in Erinnerung bleibt? Wohlfahrt kann auch laut sein. Das haben mehr als 32.000 Teilnehmende bei der großen Demo der Freien Wohlfahrtspflege NRW am 13. November in Düsseldorf gezeigt. Das Motto: "NRW bleib sozial!"
Gerade mal zwei Tage vor der Hauptversammlung der Diakonie RWL am 5. Dezember dann die Reaktion der schwarz-grünen Landesregierung, die ankündigt, einen Teil der geplanten Kürzungen im Sozialen zurückzunehmen. Ursprünglich wollte das Land 83 Millionen Euro im Sozialbereich kürzen, davon sollen nun wohl noch 40 Millionen Euro übrigbleiben. "Das ist zumindest ein Teilerfolg", sagt Diakonie RWL-Vorständin Kirsten Schwenke, die bei der viel beachteten Großkundgebung im November die Abschlussrede hielt.

Auch mal Grenzen aufzeigen

In der Hauptversammlung kommt diese Form des Protests gut an. "Wir werden politisch in die Ecke gedrängt, wenn wir die Macht der Demonstration nicht nutzen", sagt beispielsweise Udo Zippel, der nach vielen Jahren als Vorsitzender des Verwaltungsrates sein Amt zur Verfügung stellt. Nach dieser öffentlichen Eskalation sei es nun aber ebenso wichtig, wieder in einen "geordneten Dialog mit der Politik" zu kommen. Ulrich Christofczik, Vorstand Christophoruswerk und Geschäftsführer der Evangelischen Altenhilfe Duisburg, setzt ebenfalls auf Kooperation mit den politisch Verantwortlichen. Das schließe aber nicht aus, politisch auch mal unbequem zu sein. Christofczik:"Wir dürfen unsere Grenzen aufzeigen und sagen, dass wir das nicht mit uns machen lassen." Das gelte auch für die politische Arbeit vor Ort, ergänzt Ulrike Kilp, Geschäftsführerin Diakonisches Werk Solingen: "Die Diakonie RWL ist uns dabei eine starke Partnerin."

Bethel-Vorstand Dr. Bartolt Haase (li.) im Gespräch mit Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann und Dr. Georg Lunemann, Direktor Landschaftsverband Westfalen-Lippe (verdeckt) sowie Moderator Franz Werfel.

Bethel-Vorstand Dr. Bartolt Haase (li.) im Gespräch mit Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann und Dr. Georg Lunemann, Direktor Landschaftsverband Westfalen-Lippe (verdeckt), sowie Moderator Franz Werfel.

Verlässlichkeit und klare Absprachen

Der Umgang miteinander und die Art und Weise des gemeinsamen Austauschs waren auch Thema der Podiumsdiskussion mit dem Titel "Die Zukunft der Inklusion in NRW: Landschaftsverbände und Diakonie im konstruktiven Dialog". Dr. Georg Lunemann, Direktor des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL), machte im Gespräch mit Bethel-Vorstand Dr. Bartolt Haase und Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann deutlich, dass es wichtig sei, "miteinander ringen und das auch aushalten zu können". Schließlich verfolgten Spitzenverband und Landschaftsverbände gemeinsam das Ziel, "das soziale System NRW zukunftssicher zu bekommen".
Doch der Weg dahin ist schwer. Denn der Bedarf steigt, während gleichzeitig Geld und Personal immer knapper werden. Vor diesem Hintergrund fragt Christian Heine-Göttelmann: "Wie funktioniert dieser Sozialstaat in Zukunft?" Es dürfe nicht sein, dass die Politik sich zur Wohlfahrt als "wichtiger Player" bekenne und gleichzeitig deren Mittel kürze.

Bethel-Vorstand Dr. Bartolt Haase fordert im Aushandlungsprozess mit dem LWL eine "vertrauensvolle Kommunikation und ein Einhalten der Spielregeln". Er kritisiert: "Ich habe den Eindruck, dass auf beiden Seiten auch taktiert wird." Stattdessen plädiert er dafür, dass alle Beteiligten wieder zu einem konstruktiven und verlässlichen Miteinander kommen. "Wir brauchen Verlässlichkeit und klare Absprachen."

Von Moderator Franz Werfel, Leitung Stabsstelle Politik und Kommunikation der Diakonie RWL, auf den Verhandlungsstau in der Pflege und die mehr als 460 noch offenen Verhandlungen im LWL-Gebiet angesprochen, gibt LWL-Direktor Lunemann zu: "Der Zustand in Westfalen-Lippe ist nicht in Ordnung, aber wir arbeiten daran, dass es nächstes Jahr besser wird." Das Dilemma sei, dass schnelle, aber gleichzeitig individuelle Lösungen verlangt würden. Lunemann: "Die aktuelle Finanzsituation macht es noch schwieriger."

Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann im Gespräch mit Bethel-Vorstand Dr. Bartolt Haase.

"Wie funktioniert dieser Sozialstaat in Zukunft?", fragt Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann. Links neben ihm Bethel-Vorstand Dr. Bartolt Haase. 

Ernüchterung beim Bundesteilhabegesetz

Auch über die Herausforderungen beim Umsetzen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) wurde diskutiert. Die erste Begeisterung und Aufbruchstimmung seien längst großer Ernüchterung gewichen, schildert Dr. Bartolt Haase seine Beobachtungen. Klient*innen seien enttäuscht, weil nicht das bei ihnen ankomme, wofür Hoffnung geweckt worden sei. Haase: "Wir entwickeln Angebote, deren Finanzierung aber nicht klar ist." Grundsätzliche herrsche Unsicherheit, ob und wie es weitergehe.

LWL-Direktor Lunemann hingegen will nicht von "Enttäuschung" sprechen. "Unterm Strich ist das ein Erfolgsmodell, gerade in Nordrhein-Westfalen haben wir einen guten Weg erreicht." Dennoch gebe es Bedarf, das BTHG strategisch weiterzuentwickeln: Welche Angebote braucht es und welche können hinsichtlich Personals und Finanzierung umgesetzt werden? "Dabei wünschte ich mir mehr Kreativität und die Möglichkeit, auch mal etwas ausprobieren zu können", sagt Diakonie RWL-Vorstand Heine-Göttelmann.

Die Diakonie RWL-Vorstände Kirsten Schwenke und Christian Heine-Göttelmann präsentieren den Jahresbericht.

Die Diakonie RWL-Vorstände Kirsten Schwenke und Christian Heine-Göttelmann präsentieren den Jahresbericht.

Gut vernetzt

Seine Stärke hat der Landesverband im ausklingenden Jahr 2024 erneut in der politischen Lobbyarbeit bewiesen. Die beiden Vorstände Kirsten Schwenke und Christian Heine-Göttelmann haben zahlreiche Anlässe genutzt und geschaffen, um mit Politiker*innen ins Gespräch zu kommen, darunter NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur. Außerdem NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, Josefine Paul, Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, und Staatssekretär Matthias Heidmeier aus dem NRW-Gesundheitsministerium. Im Saarland bestehen gute Kontakte zu Sozialminister Dr. Magnus Jung und Ministerpräsidentin Anke Rehlinger. In Rheinland-Pfalz zeigt die Neuausrichtung der politischen Arbeit erste Erfolge, erst Anfang Dezember tauschte sich Christian Heine-Göttelmann beim neuen Format „Kamingespräch“ mit Clemens Hoch, Gesundheitsminister des Landes, aus.   

Mitglieder im neuen Verwaltungsrat

Die Hauptversammlung hat einen neuen Verwaltungsrat gewählt.

Service für Mitglieder

Im Mittelpunkt der politischen Arbeit standen in diesem Jahr die Kürzungspläne im Landes- und Bundeshaushalt für den sozialen Bereich. Über entsprechende Kampagnen, Prozesse und relevante Gespräche informiert der RWL-Vorstand die Entscheider*innen im Verbandsgebiet seit diesem Jahr im neuen Newsletter-Format "Vorstand exklusiv". Ein weiterer Schwerpunkt war eine Kooperation mit der KD-Bank. Das Ergebnis sind fünf animierte, je zweiminütige Erklärfilme zur Frage, wie sich Einrichtungen der sozialen Arbeit finanzieren: Kitas, OGS, Pflegeheime, Krankenhäuser und Werkstätten für behinderte Menschen. Außerdem ist im Frühjahr 2024 das Jobportal online gegangen, eine kostenlose Stellenbörse für alle Mitglieder der Diakonie RWL.

Neuwahl Verwaltungsrat 

Auf der diesjährigen Hauptversammlung wurden zehn Personen neu in den Verwaltungsrat gewählt, Kerstin Hensel übernimmt den Vorsitz (siehe Infokasten).
Wirtschaftlich steht der Landesverband gesund da. Die Delegierten in der Hauptversammlung bestätigten den Jahresabschluss sowie die Entlastung des Vorstandes und des Verwaltungsrates. Sie beschlossen außerdem eine Satzungsänderung und den vorgestellten Wirtschaftsplan für das Jahr 2025. Infolge der geplanten Kürzungen durch die Landesregierung geht der Verband im kommenden Jahr auf schwierige Zeiten zu.

Text: Verena Bretz, Fotos: Jana Hofmann

Ihr/e Ansprechpartner/in
Franz Werfel
Stabsstelle Politik und Kommunikation
Weitere Informationen
Ein Artikel zum Thema:
Diakonie RWL

Wahl Verwaltungsrat

In der Hauptversammlung am 5.12.2024 wurden neu in den Verwaltungsrat gewählt:
Kerstin Hensel (Vorsitzende)
Patrick Ehmann (stv. Vorsitzender)
Jens Koch (stv. Vorsitzender)
Prof. Dr. Frank Dieckbreder
Dr. Sabine Federmann
Dr. Bartolt Haase
Ulrike Kilp-Aranmolate
Barbara Montag
Heike Proske
Ilona Schlegel