50 Jahre Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche im Rheinland
Georg Albrecht 2013
Am 14. Juli 1966 wird die neue Geschäftsstelle in der Lenaustraße 41 eingeweiht, die in der Graf-Recke-Straße freiwerdenden Büros werden in "Werkdienstwohnungen" umgewandelt. Erster Mieter ist Georg Albrecht, der von 1966 bis 1995 als Referent im DW EKiR tätig ist.
Die neue Wohnung in der Graf-Recke-Straße, die Georg Albrecht mit seiner finnischen Frau und seinen zwei Kindern im Sommer 1966 bezieht, ist ihm bereits vertraut. Die damaligen Büros der Geschäftsstelle hatte er oft besucht. Als Referent im Amt für Diakonie in Köln ist er für die Beratung ausländischer Arbeitnehmer und ihrer Familien sowie für Asylsuchende zuständig – ein Aufgabenbereich, dessen zunehmende Bedeutung auch das Hilfswerk Anfang der 1960er Jahre wahrnimmt, nachdem Georg Albrecht dieses Thema immer wieder vorbringt. Als anerkannter Experte mit guten Kontakten zu Bundesministerien, dem Außenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland und zu Gewerkschaften wird Georg Albrecht dann im Frühjahr 1966 in den Räumen der Graf-Recke-Straße angeworben, um einen Arbeitsbereich zur sozialen und kulturellen Beratung ausländische Arbeitnehmer und Flüchtlinge im neuen Werk aufzubauen. Georg Albrecht reizt die neue Aufgabe. So zieht er in die freiwerdenden Räumlichkeiten und bekommt ein Büro in der neu errichteten Geschäftsstelle in der Lenaustraße 41.
"Im Haus wohnten nur Mitarbeiter des Diakonischen Werkes", erinnert sich Georg Albrecht. Er selbst im Parterre unten links, direkt über ihm wohnt sein Vorgesetzter, Albrecht Eggert, der damalige Leiter der Abteilung für Gesellschaftliche und Ökumenische Diakonie, darüber der Prokurist des neuen Werkes. "Wir haben uns im Haus sehr wohl gefühlt", erinnert sich Georg Albrecht. Besonders praktisch war, dass die neue Geschäftsstelle keine 100 Meter entfernt direkt um die Ecke liegt. So kann er mittags mit seiner Familie essen, aber andersrum auch am Abend noch mal ins Büro gehen, wo er oft noch lange arbeitet. "Viele haben bis spät gearbeitet, nicht selten bis nach 20 Uhr", erinnert sich Georg Albrecht. Margarethe Kulifay, die Assistentin des Direktors und, "ohne die geringste Übertreibung die Seele des Hauses der Diakonie", Frau Grünewald, seine Mitarbeiterin für Flüchtlingsfragen oder auch der Abteilungsleiter Eggert und Direktor von Staa sind fast immer noch am Abend anzutreffen. Wenn Georg Albrecht am Wochenende im Büro nicht erreichbar ist, ruft ihn sein Vorgesetzter aus der über ihm liegenden Wohnung auch mal zu Hause an, wenn es etwas dringend zu klären gibt. "Das war für mich in Ordnung, ich habe sowieso oft noch am Wochenende zu Hause gearbeitet", erzählt Georg Albrecht.
Gewöhnungsbedürftiger sind für seine Kinder die strengen Regeln in der Graf-Recke-Straße, sie sind die einzigen Kinder im Haus. So ist das Betreten des Rasens vor und hinter dem Haus untersagt. Bei den wenigen Verstößen wird Georg Albrecht von dem Prokuristen ermahnt, besser aufzupassen, dass seine Kinder den Rasen nicht betreten. Als im Winter viel Schnee fällt, dürfen die Kinder allerdings im Garten einen Schneemann bauen - nachdem sie zuvor die Genehmigung erfragt haben.
In sehr lebhafter schöner Erinnerung hat Georg Albrecht das Miteinander in der Lenaustraße. Die Woche beginnt mit einer gemeinsamen Andacht am Montag früh um neun Uhr, die, anders als heute, noch in einer richtigen Kirche, der Melanchthon-Kirche in der Graf-Recke-Straße 209, stattfindet. "Kurz vor neun gingen wir gemeinsam den kurzen Weg zur Andacht", ein immer fröhlicher und gemeinschaftsstiftender Ausflug zum Wochenanfang, so hat es Georg Albrecht in Erinnerung. "Überhaupt waren alle sehr hilfsbereit, auch untereinander, immer mit einem natürlichen freundlichen Lächeln, wenn man jemanden ansprach", erzählt Albrecht. Machte es einen Unterschied, ob Mitarbeitende aus dem Hilfswerk oder der Inneren Mission kamen? "Das spielte keine Rolle", sagt Georg Albrecht, "wir hatten gemeinsame Aufgaben in einer nach dem Krieg hoffnungsvollen und aufregenden Zeit". Dabei "standen wir im Geiste der Bergpredigt füreinander ein", sagt Albrecht. "Wenn ich morgens zur Arbeit kam, hatte ich oft das Gefühl, ich betrete einen Tempel".
Text: Christian Carls