Werkstätten
Werkstatträte und Vertrauenspersonen im NRW-Landtag
Carina Gödecke, die als Stellvertreterin des Landtagspräsidenten ein Grußwort hielt, betonte, dass dies nun bereits das dritte Mal geschieht. Vor acht Jahren hielt an dieser Stelle Minister Karl-Josef Laumann ein Grußwort, was nun Christine Reichel vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW übernahm. Sie erinnerte daran, dass die Werkstätten-Mitwirkungsverordnung, die rechtliche Grundlage für die Vertretung der behinderten Menschen, seit nunmehr 17 Jahren existiert. Anfangs ging es dabei eher um Mitwirkung – in einfache Sprache übersetzt: ums Reden – mittlerweile ist echte Mitbestimmung daraus geworden. Zum Beispiel bei der Arbeitszeit, den Pausen, der Verpflegung oder Grundsätzen der Entlohnung bestimmen Menschen mit Behinderung nun mit. Und sie tauschen sich untereinander aus, ein Grund, warum sie sich auch auf Landesebene organisieren. „Das ist eine ganz ähnliche Struktur, wie sie auch die Werkstätten selbst aufgebaut haben“, betonte Dr. Michael Weber, der für die Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten an der Sitzung teilnahm.
Positive Bilanz
Sprecherratsvorsitzende Ute Wegner konnte eine positive Bilanz der letzten vier Jahre ziehen: „Ohne uns gäbe es keine Erhöhung des Arbeitsförderungsgelds.“ Dieser Bestandteil der Vergütung in Werkstätten ist verdoppelt worden, und zwar ohne dass er auf andere Sozialleistungen wie die Grundsicherung angerechnet wird.
Auch Thomas Fonck, der beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) im Bereich Teilhabe am Arbeitsleben tätig ist, zog eine sehr positive Bilanz der bisherigen Tätigkeiten und betonte, dass die Delegierten Experten in eigener Sache seien und aufgrund dessen Menschen mit Behinderung noch einmal ganz anders vertreten als es die Fachkräfte können. In der LAG der Werkstatträte finden sich, wie in den Werkstätten auch, Menschen mit geistiger Behinderung, mit psychischer Erkrankung und mit körperlichen Einschränkungen. Die meisten sind in Begleitung ihrer Vertrauenspersonen da, das heißt in Begleitung von Mitarbeitenden der jeweiligen Werkstatt, die sie bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unterstützen.
Auch die großen Wohlfahrtsverbände, also AWO, Caritas, Diakonie, das DRK und die Paritäter arbeiten seit vielen Jahren mit daran, die Selbstvertretung der Menschen mit Behinderung in den Werkstätten zu stärken. Deren Vertreterinnen und Vertreter verfolgten gespannt die Ziele und Wünsche, die die Delegierten äußerten. Die Werkstätten sollen erhalten bleiben, der Mensch dort weiterhin im Mittelpunkt stehen und auch Schwerstbehinderte wie bisher integriert sein – ein Plädoyer für eine höchst humane Arbeitswelt.
Neues politisches Gewicht: Werkstatträte bei der konstituierenden Sitzung der Landesarbeitsgemeinschaft
Wahlen
Bei der Wahl überzeugten dann zwei der Kandidaten, die auch vorher schon den Sprecherrat gebildet hatten, Ute Wegner von der REKON in Höxter und Jürgen Linnemann vom Wertkreis Gütersloh. Neu hinzu kam Anja Kott von den Recklinghäuser Werkstätten. Kott, die eine berührende Rede hielt, ist bereits seit fast drei Jahrzehnten im Werkstattrat selbst aktiv. Als Vorsitzende des Sprecherrates wurde erneut Ute Wegner bestätigt.
Sprecherrat und Delegierte haben bereits ein ganz konkretes Ziel, das sie die nächste Zeit beschäftigen wird. Sie werden sich für eine gesicherte Finanzierung ihrer Arbeit einsetzen.
Alle, die diesen Termin im Landtag miterlebt haben, können bestätigen, dass nicht nur die Aussicht auf den Rhein spektakulär war, sondern die Selbstvertretung der Menschen mit Behinderung in den Werkstätten eine wirklich gute Perspektive hat.
Bericht: Petra Welzel
Behinderung und Teilhabe
In Nordrhein-Westfalen gibt es insgesamt 118 Werkstätten für Menschen mit Behinderung. In diesen Werkstätten arbeiten fast 70 000 Menschen. In der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte sind 17 Delegierte aus allen Spitzenverbänden, die Werkstätten für behinderte Menschen betreiben, vertreten.