Sommerreihe: Ehrenamtliche in der Diakonie
"Meistens ruft mich Margret mittwochnachmittags an, um unser Treffen am Sonntag klarzumachen. Dann legen wir Zeit und Ort fest", erzählt Joelle Hoffmann. Bei schönem Wetter treffen sie sich zu einem Spaziergang und suchen sich im Anschluss ein gemütliches Café aus. In letzter Zeit bringt die 26-Jährige auch ihren Hund mit. "Der stiehlt uns dann die Show, weil er alle Blicke auf sich zieht", lacht Joelle Hoffmann.
"Ich freue mich, wenn er dabei ist. Ich mag den sehr“, betont Margret Stark. Wer die beiden trifft, merkt schnell, dass sie sich vertraut sind. Sie sprechen über alles und tauschen ihre Gedanken aus: Sport, Freizeit, Gesundheit, Urlaubspläne, Liebe, und auch die kleinen Sorgen finden ihren Platz. Dabei lachen sie viel und geben sich Ratschläge. So wie es Freundinnen auch tun. Der Altersunterschied von über 25 Jahren spielt für sie keine Rolle – und auch nicht, dass sie aus ganz verschiedenen Welten kommen.
Etwas tun, das wirklich zählt
"Wir sind beide eher zurückhaltend und fühlen uns in großen Gruppen nicht so wohl", sagt Joelle Hoffmann. Ein Geständnis, das erstaunt, denn die 26-Jährige Kölnerin ist eine erfolgreiche Bloggerin. Regelmäßig versorgt sie über 30.000 Fans mit Tipps und Trends aus den Bereichen Mode, Schönheit, Reisen und Ausgehen. Namhafte Firmen kooperieren mit ihr und setzen auf ihren bekannten Namen zur Vermarktung ihrer Produkte.
Joelle Hoffmann hat Medienmanagement studiert und als Marketingexpertin gearbeitet. Doch so erfolgreich es für sie lief, sie merkte bald, dass sie unzufrieden war. "Studium und Beruf haben mir Spaß gemacht, mich aber nicht wirklich ausgefüllt", gibt sie zu. "Das, was für mich zählt, ist das soziale Engagement." Schon nach dem Abitur wollte die Kölner Bloggerin ein Freiwilliges Soziales Jahr machen. Sie habe auch darüber nachgedacht, einen sozialen Beruf zu ergreifen, berichtet sie, sich aber dagegen entschieden. "Der Beruf kann schnell zur Gewohnheit werden. Ich wollte, dass soziales Engagement etwas Besonderes bleibt."
Modebewusst: Joelle gibt in ihrem Blog Tipps zu Schönheit, Reisen und Ausgehen.
Ein Ehrenamt fürs Wochenende
Doch in ihrer Freizeit möchte sie für andere da sein. "Ich habe viel Glück gehabt und will Menschen, die ihr Leben nicht immer so gestalten können, wie sie es sich wünschen, meine Zeit und Aufmerksamkeit schenken, damit sie sich geschätzt fühlen", sagt sie. Vor vier Jahren hat sie sich deshalb bei der Diakonie Michaelshoven gemeldet.
Sie traf sich zu einem Beratungsgespräch mit dem Ehrenamtsbeauftragten und klärte mit ihm, was möglich ist. "Mir war nicht bewusst, dass ich meine ehrenamtliche Tätigkeit auch individuell gestalten kann. Das war auch wichtig, denn ich kann nur am Wochenende Zeit einplanen", erklärt Joelle Hoffmann.
Joelle und Margret treffen sich sonntags und zu besonderen Anlässen - wie hier beim Karneval in Köln.
Eine besondere Freundschaft
Dann lernte sie Margret Stark kennen, die in einer Wohngruppe der Diakonie Michaelshoven lebt. Diese wünschte sich einen Freizeitkontakt, da sie kaum Familienanschluss und nur wenige Freunde hat. Beide fanden sich auf Anhieb sympathisch und trafen sie sich ab dann jeden Sonntag und auch an besonderen Tagen, wie an Karneval, Weihnachten oder Geburtstagen.
Auch gab es schon ein Treffen mit der Familie von Joelle Hoffmann. Für Margret Stark ist diese Verbindung etwas Besonderes. Ungern teilt sie ihre Freundin mit anderen. Überhaupt sei Margret eher ein Mensch, der sich zurückhält, beobachtet und zuhört. Die Bloggerin schätzt das. "Margret merkt sofort, wenn es mir nicht so gut geht. Sie interessiert sich wirklich für mich. Ich kann ihr absolut vertrauen."
Margret arbeitet in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. In ihrer Freizeit ist sie gerne unterwegs, zum Beispiel auf der Kirmes.
Einblick in eine fremde Welt
Über ihre Freundin hat Joelle Hoffmann Einblick in eine Welt bekommen, mit der sie früher nie in Berührung gekommen ist. Margret Stark arbeitet in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung und lebt in einer Wohnung mit einer anderen Frau, die ebenfalls eine geistige Beeinträchtigung hat.
Sie versorgt sich weitgehend selbst, braucht aber Unterstützung, wenn es um Anträge und Behördengänge, Arztbesuche, größere Einkäufe und die Organisation von Geburtstagsfeiern geht. "Margret ist sehr liebenswürdig und geht offen auf andere Menschen zu. Sie beurteilt sie nicht nach ihrem Äußeren", sagt Joelle Hoffmann. Das schätzt die Bloggerin an ihrer älteren Freundin. Und es ist genau das, was sie in der Marketingwelt vermisst hat. Deshalb orientiert sie sich beruflich gerade um und wird Steuerberaterin. Ein Job, den viele für staubtrocken hielten, der aber viel interessanter sei als Marketing, betont sie. "Auch dort kann ich Menschen konkret helfen und mich für sie einsetzen."
Text: Melanie Köroglu/Sabine Damaschke, Fotos: Diakonie Michaelshoven/Joelle Hoffmann