14. März 2024

Roboter in der Pflege

Pepper und Rosi sind die Stars im Pflegeheim

In den Senioreneinrichtungen der Diakonie Düsseldorf ist Pepper, der kleine Roboter, ein beliebter Gast. Seine Kollegin Rosi, eine Robbe zum Kuscheln, ist in einer Kölner Einrichtung im Einsatz. Pflegefachkräfte können die beiden Roboter nicht ersetzen – sollen sie auch gar nicht. Dafür haben sie andere Talente.

  • Der humanoide Roboter Pepper wird in der Pflege eingesetzt.

Pepper richtet sich auf, öffnet seine großen schwarzen Augen, reckt den Hals, ballt die Hände zu Fäusten und löst sie wieder. Dann mustert er aufmerksam sein Gegenüber, eine Bewohnerin im Katharina-von-Bora-Haus der Diakonie in Düsseldorf. "Los, sagen Sie mal was, keine Angst", ermuntert der zuständige Betreuungsassistent die Seniorin. "Hallo Pepper, wie alt bin ich?", fragt diese. "Sie sind 73 Jahre alt", antwortet Pepper mechanisch und mit knarziger Stimme. 20 Jahre verschätzt. Aber egal, wer wäre nicht gerne nochmal 73 statt 93? "Und jetzt drücken Sie ihm einmal die Hand", geht die nächste Aufforderung an eine andere Bewohnerin. "Oh, die ist aber warm", sagt Pepper, als sich die Frauenhand vorsichtig in seine schiebt.

Kuscheln lässt sich mit diesem humanoiden Roboter, der die Größe eines Kleinkindes hat, nicht wirklich. Sein Körper ist glatt und aus Plastik. Wer Pepper jedoch über den Kopf streichelt, muss damit rechnen, dass der Roboter richtig laut lacht oder "Das kitzelt" sagt. "Pepper singt auch Lieder, etwa Hoch auf dem gelben Wagen", berichtet Saule Müller, Leitung Soziale Dienste im Otto-Ohl-Haus der Diakonie Düsseldorf. "Und Pepper kann Macarena tanzen."

Der Roboter Pepper bewegt sich im Zimmer einer Pflegeinrichtung für Senior*innen.

Pepper berührt die Menschen im Pflegeheim mit seiner fröhlichen Art. 

Pepper macht einfach Spaß

Der kleine Roboter berühre die Menschen mit seiner fröhlichen Art, beschreibt Saule Müller Peppers Talent: Er muntere die alten Menschen mit Geschichten auf, mache Ratespiele mit ihnen, teile ihnen die Fußballergebnisse mit und sorge immer wieder für Gesprächsstoff. "Pepper ist wirklich süß, und ihn in Aktion zu beobachten, macht den Menschen einfach Spaß", sagt Saule Müller. Dass sich die Bewohner*innen vor dem Roboter gruselten, habe sie noch nie erlebt, im Gegenteil: "Für alle ist er "unser kleiner Roboter" oder "unser Pepper", er gehört einfach dazu."

Seit rund fünf Jahren ist der Roboter in verschiedenen Pflegeeinrichtungen der Diakonie Düsseldorf im Einsatz. Meist dauert so ein Einsatz mehrere Monate. Dabei muss Pepper permanent von einer Person begleitet werden, die ihn bedienen kann. Wenn sein Aufenthalt im Katharina-von-Bora-Haus demnächst beendet ist, wird der Roboter ins Wichern-Haus in Flingern wechseln. "Wir wünschen uns, dass alle Einrichtungen Pepper nutzen können", sagt Saule Müller. Eine menschliche Pflegekraft könne so ein Roboter natürlich nicht ersetzen, betont sie. "Aber das wollen wir auch gar nicht." Pepper sei vielmehr ein körperlich gewordenes Gesellschaftsspiel, das den Bewohner*innen viel Spaß macht. 

Rosi, deren Werksname Paro lautet, ist eine der wenigen künstlichen Intelligenzen, die es bisher in der Pflege gibt.

Rosi spürt, ob ein Mensch sie sanft streichelt oder grob behandelt und reagiert entsprechend anhänglich oder abweisend.

Sensoren am Bauch

Einige Kilometer weiter, genau: im Kölner Süden im Arnold-Overzier-Haus der Awo. Hier vergnügen sich die Bewohner*innen mit Rosi. Die flauschige Robbe hat einen Augenaufschlag, der die Herzen zum Schmelzen bringt. Wenn Rosi erwacht, richtet sie ihren silbergrauen Kopf vorsichtig auf, gibt ein leichtes Quieken von sich und öffnet ihre schwarzen Augen mit den langen Wimpern. Rosi ist der heimliche Star im Pflegeheim, und auch Rosi ist ein Roboter. Ein Stofftier mit Festplatte im weichen Bauch, das die Bewohner*innen kraulen können, ohne dass es die Geduld verliert.

Rosi, deren Werksname Paro lautet, ist eine der wenigen künstlichen Intelligenzen, die es bisher in der Pflege gibt. Ausgestattet mit Sensoren an Bauch, Rücken und den filigranen Barthaaren, die jede Reaktion registrieren, lernt Rosi jeden Tag dazu: Sie kann Stimmen erkennen und reagiert verhalten, wenn sie einen Menschen zum ersten Mal trifft. Und lebhafter, wenn ein Mensch sie schon häufiger auf dem Schoß hatte. Sie spürt, ob ein Mensch sie sanft streichelt oder grob behandelt und reagiert entsprechend anhänglich oder abweisend. Und sie hat im Arnold-Overzier-Haus gelernt, dass es Schlafenszeit ist, wenn das Licht ausgeht. Dann klappt auch Rosi ihre großen schwarzen Augen bis zum nächsten Morgen zu.

Aber ist den Bewohner*innen klar, dass Rosi ein Roboter und kein Lebewesen ist? Ja, allen sei durchaus bewusst, dass es sich bei Rosi um eine Künstliche Intelligenz handele, betont Elisabeth Römisch. Als Einrichtungsleitung hat sie sich für die Anschaffung der Robbe beim Förderverein stark gemacht. Die meisten ließen sich sehr gerne auf das Spiel ein, erzählt sie weiter und berichtet von einer Bewohnerin, die der Robbe neulich ins Ohr flüsterte: "Ich weiß, dass du nicht echt bist, aber das ist mir egal."

Positive Emotionen wecken

Forschungen bestätigen: Wenn Menschen ein gewisses Maß an Berührung nicht bekommen, fehlt ihnen etwas. Gerade ältere Menschen hätten ein großes Bedürfnis nach Körperkontakt. Sie drückten etwa Pflegekräfte im Flur schon mal an sich, wollten Hände gar nicht mehr loslassen und streichelten über Handrücken. Die Kuschelrobbe hat deshalb Potenzial und kann positive Emotionen in Menschen wecken.

Menschlichen Kontakt und Nähe ersetzen, können aber weder Rosi noch Pepper. "Der zwischenmenschliche Kontakt regt einfach ein deutlich größeres sensorisches Spektrum an als ein Roboter", sagt Römisch. Tatsächlich sei sie am Anfang skeptisch gewesen, ob sie Rosi überhaupt anschaffen sollte. "Aber nachdem ich sie im Einsatz gesehen habe, hat sich das geändert." Für sie zählt nur eines: "Rosi wirkt beruhigend auf die Bewohner*innen." Vielen gehe es besser, wenn sie Rosi streicheln könnten.

Regeln für den Einsatz der Robbe gibt es dennoch: Ist sie unterwegs – dann immer gemeinsam mit einer Kraft vom Sozialen Dienst. Und wer keine Lust hat, muss nicht mitmachen. Schließlich sei nicht jeder Mensch gleich kuschelbedürftig. "Da ist der Bedarf sehr unterschiedlich."

Eine Roboterhand greift eine menschliche Hand. Echte Nähe kann ein Roboter nicht geben.

Roboter empfinden keine Empathie. Doch Empathie ist eine der wichtigsten Eigenschaften, die der Pflegeberuf fordert. 

Ohne Empathie geht es nicht

Streng genommen kann Pepper kaum mehr als ein Tablet. Allerdings lädt Pepper im Vergleich zum Tablet eher zur Interaktion ein. "Pepper guckt die Menschen an, er bewegt sich und redet – deshalb geben die Menschen ihm einen Vertrauensvorschuss", sagt Felix Carros, der an der Uni Siegen ein Forschungsprojekt zu humanoiden Robotern in der Pflege begleitet. "Sie glauben, dass Pepper mehr kann als ein Tablet und entsprechend interagieren sie mehr mit ihm als mit einem Tablet."

Dass Pepper mit ein paar Funktionen mehr und innerhalb kurzer Zeit vom Gesellschaftsroboter zur Pflegekraft mutieren könnte, hält er jedoch für ausgeschlossen: "Das werden wir so schnell nicht erleben. Roboter empfinden keine Empathie. Doch Empathie ist eine der wichtigsten Eigenschaften, die der Pflegeberuf fordert. Ohne sie geht es nicht."

Text Anne Wolf/Diakonie Düsseldorf und Verena Bretz, Fotos: Saule Müller, Pixabay, Shutterstock

Ihr/e Ansprechpartner/in
Verena Bretz
Stabsstelle Politik und Kommunikation
Weitere Informationen
Ein Artikel zum Thema:
Alter und Pflege