Musiktherapie für Kinder und Senioren
Musikfreunde: Guillaume und Christa Stiller
Sie sind längst ein eingespieltes Team. Wenn die Zeit reicht, kommt Guillaume persönlich vorbei, um Christa Stiller zur gemeinsamen Musikstunde im Otto-Ohl-Haus der Bergischen Diakonie abzuholen. Als Christa Stiller davon erzählt, strahlt sie und Guillaume erklärt: "Wir sitzen bei dem Projekt nebeneinander und haben schon viel zusammengemacht." Die alte Dame lacht: "Ja, er ist hier der Maker."
Unbefangen erzählen Guillaume und Christa Stiller vor der Kamera von einer ungewöhnlichen Freundschaft. Die Vertrautheit und Freude beim gemeinsamen Musizieren ist ihnen im Film anzusehen, den die Bergische Diakonie jetzt über ihr ungewöhnliches Musiktherapieprojekt "Kinder im Altenheim" veröffentlicht hat. Schon seit 1994 treffen sich im Alten- und Pflegeheim Haus-Otto-Ohl in Wülfrath demenziell veränderte alte Menschen mit bis zu sechs Kindern zwischen 7 und 15 Jahren aus dem Heilpädagogisch-Psychotherapeutischen Zentrum (HPZ), um zusammen Musik zu machen.
Stella hält manchmal Elisabeth Kreutzers Hand
Singen, Trommeln, Hände halten
Das musiktherapeutische Angebot findet im Gemeinschaftsraum des Alten- und Pflegeheims statt. Die Kinder und Jugendlichen, die in Gruppen innerhalb des HPZ stationär betreut werden, kommen mit ihren jeweiligen Behandlungsgruppen dazu. Der Film, der bei der Bergischen Diakonie auch als DVD bestellt werden kann, erklärt das Projekt anhand einer typischen Gruppenstunde.
Die Kinder singen mit den Senioren, von denen viele im Rollstuhl sitzen und kaum noch sprechen können, Lieder wie "Das Wandern ist des Müllers Lust" oder "Die Gedanken sind frei". Sie schlagen mit ihnen Handtrommeln, halten ihre Hände und lehnen sich an die Senioren. "Erst saß ich einfach nur so und dann habe ich angefangen, Frau Kreutzers Hand zu halten", erzählt Stella. "Inzwischen findet sie es auch okay, wenn ich meinen Kopf auf ihren Arm lege und manchmal streiche ich ihr auch über die Wange."
Gegenseitiges Stärken und Halt geben
Diese Nähe, die durch das gemeinsame Musizieren entstehe, stärke die Kinder, erklärt Musiktherapeutin Cornelia Hessenberg. Viele von ihnen stammten aus schwierigen Familienverhältnissen und erlebten sich oft als schwach und ausgegrenzt. "Hier entstehen Freundschaften, es entsteht Körperkontakt. Das ist wie ein gegenseitiges Stärken und Halt geben."
Der Film dokumentiert nicht nur, wie das gemeinsame Musizieren die Kinder, die in ihren jungen Jahren schon schwere Krisen erlebt haben, zugänglicher und fürsorglicher macht. Er zeigt auch eindrücklich die Veränderung bei Senioren. Dass sich Musik auf demenziell erkrankte alte Menschen positiv auswirkt, ist schon länger wissenschaftlich belegt. Sie aktiviert das vegetative Nervensystem, steigert das Wohlbefinden und die Ausdrucksfähigkeit.
Musizieren im Gemeinschaftsraum des Seniorenheims
Senioren leben auf, Kinder werden ruhiger
Während viele der alten Menschen zunächst starr und abwesend in ihren Rollstühlen sitzen, werden sie im Laufe der Musikstunde lebendiger, blicken wacher in die Kamera und lächeln die Kinder an. Manchen sagen sogar ein paar Worte. Andere schlagen erst zögerlich, aber dann zunehmend kräftiger und mit offensichtlichem Spaß die Handtrommeln.
"Mit den Kindern entsteht bei den alten Leuten eine Lebendigkeit und Vitalität, die sonst nicht da ist", betont Cornelia Hessenberg. "Und umgekehrt ist es so, dass für die Kinder die alten Leute einen Ruhepol darstellen und etwas, das es ihnen ermöglicht, ihre Ressourcen in einer Form zu zeigen, wie sie das außerhalb der Gruppe oft nicht können."
Beim gemeinsamen Musizieren hat Luana "ein komisches Gefühl im Bauch"
"Superfröhlich" beim Singen alter Lieder
Da wäre es schließlich peinlich, mit Begeisterung alte Wanderlieder oder Gassenhauer wie "Die Gedanken sind frei" zu singen. Dabei habe sie ein "ganz komisches Gefühl im Bauch", sagt Luana und strahlt. "Ich finde es sehr schön, mit älteren Leuten zu arbeiten", gibt sie zu.
Auch Guillaume erklärt, dass er zu Beginn des Projekts überhaupt nichts mit den alten Liedern anfangen konnte. "Aber dann hat man ein paar davon gesungen und da war ich super fröhlich, neue Lieder zu kennen", meint er.
Diese Heiterkeit zeigt sich besonders am Schluss der Gruppenstunde, wenn die Kinder die alten Menschen wieder auf ihre Zimmer begleiten. Einige schieben die Rollstühle temperamentvoll über die Flure. Die Senioren haben sichtbar Spaß daran. Andere setzen sich sogar zu den alten Menschen und lassen sich schieben. "Es ist egal, wie alt man ist, man kann immer zusammen Spaß haben", stellt Julian fest.
Text: Sabine Damaschke, Fotos: Bergische Diakonie
Die DVD "Auf Ohrenhöhe – Kinder im Altenheim" kann bei der Bergischen Diakonie unter renate.zanjani@bergische-diakonie.de oder unter 0202/2729-603 bestellt werden. Sie kostet 10 Euro.