6. Mai 2020

Lockerungen des Besuchsverbots

Start in eine neue Normalität

Sechs Wochen lang waren die Senioren- und Pflegeheime sowie Werkstätten und Wohnheime der Behindertenhilfe für Besucher geschlossen. Jetzt können sich die Einrichtungen allmählich wieder nach außen öffnen. Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann appelliert an Angehörige und Einrichtungen, Besuche umsichtig zu gestalten.

  • Besuche waren nicht möglich: Sechs Wochen lang konnten Angehörige die Bewohnerinnen und Bewohner von Pflege- und Seniorenheimen nur durch Fenster, über Videotelefonie oder auf dem Balkon sehen. (Foto: Shutterstock)

Pünktlich zum Muttertag am 10. Mai sollen Besuche in Alten- und Pflegeheimen und in Einrichtungen der Behindertenhilfe in Nordrhein-Westfalen wieder möglich sein. Das hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann gestern in einem Schreiben angekündigt.

Auch die Werkstätten in der Behindertenhilfe dürfen unter besonderen Schutzvorkehrungen wieder öffnen. Die Rückkehr an den Arbeitsplatz ist für die Menschen mit Behinderung allerdings freiwillig.

Wer seine Angehörigen in einem der rund 2.800 Pflegeheime in NRW besuchen möchte, muss sich einem Kurzscreening unterziehen. Besucher müssen ihre Daten hinterlegen und Fragen zu ihrem Gesundheitszustand sowie zu möglichen Kontakten zu Covid-19-Patienten beantworten. Außerdem dürfen nur maximal zwei Gäste einen Bewohner besuchen. Sie müssen dabei Schutzmasken tragen. In Heimen mit Corona-Infizierten sind Besuche weiterhin tabu.

Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann

Wir werden uns an eine neue Normalität gewöhnen müssen, sagt Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann.

Nachfrage nach Seelsorge gestiegen

"Wir freuen uns, dass Bewohnerinnen und Bewohner ihre Angehörigen nach sechs langen Wochen nach und nach wieder sehen können", sagt Christian Heine-Göttelmann, Vorstand der Diakonie RWL. Die massiv gestiegene Nachfrage nach Seelsorge zeige deutlich, wie stark die Kontaktbeschränkungen die Menschen belastet hätten.

Es gehe jetzt darum, die vorsichtigen Öffnungen so zu gestalten, dass Mitarbeitende und Bewohner in den Einrichtungen nicht gefährdet werden. "Niemand sollte erwarten, dass ab Sonntag alles so wird wie vor der Corona-Pandemie. Wir werden uns an eine neue Normalität gewöhnen müssen", so Heine-Göttelmann weiter. Dazu gehörten klare Hygiene- und Besuchskonzepte zum Schutz der Bewohner, der Mitarbeitenden und der Angehörigen. Die Einrichtungen müssten vor Ort mit den Gesundheitsämtern und den Kommunen zusammenarbeiten, um schnell sichere Lösungen zu finden. Die Konzepte sollten dabei auf die regionalen Bedingungen abgestimmt werden. 

Regelmäßiges Händewaschen ist wichtig, um eine Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern. (Foto: Pixabay)

Regelmäßiges Händewaschen ist wichtig, um eine Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern. (Foto: Pixabay)

Hygienestandards einhalten

Sämtliche Hygienestandards des Robert-Koch-Instituts sollen eingehalten werden, heißt es in dem Schreiben des Gesundheitsministers. Besuche sollen in separaten Arealen stattfinden, wie in Zelten und Containern im Garten oder auf Terrassen.

Auch begleitete Spaziergänge seien möglich. Mit Schutzkleidung dürfen Besucher die Heime auch betreten und bettlägerige Personen in ihrem Zimmer besuchen. Direkt in das Zimmer eines Bewohners darf jeweils nur eine Person. "Nicht alle Einrichtungen haben genügend Platz, um große Besuchszelte vor den Gebäuden zu errichten", erklärt Heine-Göttelmann in einer ersten Reaktion auf das Schreiben. "In einigen unserer Mitgliedseinrichtungen fehlt es immer noch an Schutzkleidung. All das sind Herausforderungen, die wir nach und nach bewältigen müssen."

Küsschen und Umarmungen fallen zum Muttertag aus: Besucher müssen weiterhin Abstand halten. (Foto: Pixabay)

Küsschen und Umarmungen fallen zum Muttertag aus: Besucher müssen weiterhin Abstand halten. (Foto: Pixabay)

Appell zum Muttertag

Die Pflegeversicherung werde Kosten übernehmen, die den Heimen durch Kontrollen und Sicherheitsmaßnahmen entstehen, sicherte Karl-Josef Laumann zu. Für die Einrichtungen bedeutet die Lockerung jedoch einen hohen Personalaufwand.

Christian Heine-Göttelmann appelliert deshalb auch an die Angehörigen: "Besprechen Sie mit unseren Mitarbeitenden in den Einrichtungen, was möglich ist und was noch nicht. Wir alle müssen jetzt kreative Lösungen finden, um eine zweite Infektionswelle zu verhindern. Dazu brauchen wir Geduld und gegenseitige Rücksichtnahme."

Text: Ann-Kristin Herbst; Fotos: Pixabay und Shutterstock