19. Januar 2018

Flüchtlinge als Pflegefachkraft

Fit für die Pflege mit "welcome@healthcare"

In NRW fehlen in den nächsten Jahren rund 40.000 Pflegekräfte. Mit ihrer Koordinierungsstelle "welcome@healthcare" will die Freie Wohlfahrtspflege NRW Flüchtlinge für Gesundheitsberufe gewinnen. Doch dabei sind noch viele Hürden zu überwinden. Auf einer Tagung haben Fachleute jetzt über Lösungsmöglichkeiten diskutiert. Diakonie RWL-Referentin Heidemarie Rotschopf war dabei.

Bild: Heidemarie Rotschopf

Heidemarie Rotschopf ist Diakonie RWL-Expertin für die Ausbildung in Gesundheitsberufen

Als Referentin im Geschäftsfeld Krankenhaus und Gesundheit habe ich am ersten Fachforum der Koordinierungsstelle "welcome@healthcare" teilgenommen. Die Koordinierungsstelle hat als Hauptziel, Projekte, die sich im weitesten Sinne mit dem Thema „Integration von geflüchteten Menschen in die Pflegeberufe“ beschäftigen, zu identifizieren und miteinander zu vernetzen. Sie soll die Hindernisse, die sich auf dem Weg der Integration von geflüchteten Menschen ergeben, aufdecken, an die politisch Verantwortlichen weitergeben und so dazu beitragen, dass diese bald beseitigt werden.

Insgesamt sind bei der Koordinierungsstelle bisher 40 Projekte bekannt, von denen im Rahmen des Fachtags etliche präsentiert wurden. Am meisten hat mich Andrea Kuckert-Wöstheinrich mit dem Vortrag über ihr Projekt begeistert. Sie arbeitet beim St. Augustinus Memory Zentrum in Neuss und hat ein Projekt entwickelt, bei dem geflüchtete Menschen eine Qualifikation zum Alltagsbegleiter erwerben.

Portrait

Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann eröffnete die Tagung als Vorsitzender der Freien Wohlfahrtsfplege NRW

Auf das Fragen kommt es an

Andrea Kuckert-Wöstheinrich verdeutlichte, wie wichtig es ist, dass nicht nur die Teilnehmenden Wissen erwerben. Es trägt wesentlich zum Gelingen bei, wenn auch die Mitarbeitenden geschult werden. Dazu hat sie ein Modul entwickelt, das sich "Caring in a culture context" nennt. Während dieses Moduls gehen die Teilnehmenden ihrer eigenen Identität nach und erforschen, durch welche kulturellen Faktoren diese geprägt sind. Sie lernen, Vorurteile zu hinterfragen. Überhaupt: Auf das Fragen kommt es an! 

Die Referentin erzählte ein Beispiel: Die Mitarbeitenden auf der Station beschwerten sich über einen jungen Menschen, der einen freiwilligen Dienst absolviert. Sie seien zwar grundsätzlich mit seinem Arbeitseinsatz zufrieden, aber er würde immer zu spät gekommen. Nachgefragt kam dabei heraus, dass der Jugendliche meinte, er befände sich ja in einem "freiwilligen" Dienst, deshalb könne er selbst entscheiden, wann er seine Arbeitskraft zur Verfügung stelle. Während des Bausteines, der sich an Mitarbeitenden wendet, lernen diese eine verstehende Haltung einzunehmen. Sie beendete ihren Vortrag mit dem Satz: "Es ist nicht wichtig, woher du kommst, sondern wohin du gehst und mit wem!"

Flüchtlinge Tarek mit einer Trage

Tarek Alkousa gehört zu den Flüchtlingen, die den Freiwilligendienst genutzt haben, um sich für die Pflege zu qualifizieren.

FSJ mit Deutsch- und Politikunterricht

Am Nachmittag habe ich an einem Workshop der Diakonie in Süd-Westfalen teilgenommen. Der dortige Referent für Freiwilligendienste, Dirk Hermann, berichtete sehr anschaulich darüber, auf welchen Weg sich die Diakonie Südwestfalen gemacht hat, um Flüchtlingen eine Perspektive in den Pflegeberufen aufzuzeigen. Kernstück des Projektes ist die Teilnahme der Geflüchteten an einem Freiwilligen Sozialen Jahr. Während diesem erhalten sie zusätzlich Unterricht in Deutsch und in Geschichte sowie Politik mit dem Ziel, nach Abschluss der Maßnahme die Zugangsvoraussetzungen für die dreijährige Ausbildung in der Pflege und ein Sprachlevel auf das C1 zu erreichen.

Mittlerweile konnten seit Ende 2016 fünf Auszubildende in die Altenpflegeausbildung vermittelt werden. Weitere sechs werden im Jahr 2018 mit der Ausbildung beginnen. Ein Jugendlicher wird die Ausbildung als Notfallsanitäter, zwei weitere werden mit einer anderen Ausbildung starten. Ich finde es klasse, was dort auf Initiative eines berufserfahrenen Netzwerkers lediglich mit Eigen- und Kollektenmitteln unbürokratisch auf die Beine gestellt wird! Insgesamt war es ein gelungener Tag, die Vielfalt der Projekte und das persönliche Engagement der Beteiligten hat mich fasziniert.

Text: Heidemarie Rotschopf

Ihr/e Ansprechpartner/in
Heidemarie Rotschopf
Referent/inDiakonie Rheinland-Westfalen-Lippe e.V.
Geschäftsfeld Krankenhaus und Gesundheit