Bilanz Deutscher Pflegetag
Heidemarie Rotschopf ist Diakonie RWL-Expertin für die Ausbildung in Gesundheitsberufen
Am Deutschen Pflegetag in Berlin habe ich als Referentin für Pflege- und Ausbildungsfragen im Geschäftsfeld Krankenhaus und Gesundheit der Diakonie RWL teilgenommen. Einer der ersten Redner war der neue Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Er äußerte sich als Befürworter von Pflegekammern und sicherte zu, die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung zum Pflegeberufegesetz jetzt schnell auf den Weg zu bringen.
Alle wollten Verbesserungen in der Pflege, sagte Spahn. Doch diese müssten auch finanzierbar sein. Er warb für einen "positiven Grundton" in den anstehenden Auseinandersetzungen und betonte: "Wir werden auch miteinander reden müssen". Für seine Ankündigung, Andreas Westfellhaus als Patienten- und Pflegebeauftragten der Bundesregierung vorzuschlagen, erntete Jens Spahn auf dem Kongress Standing Ovations.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn präsentiert den neuen Patientenbeauftragten Andreas Westerfellhaus.
Standing Ovations für neuen Patientenbeauftragten
Westerfellhaus war bis 2017 acht Jahre lang Präsident des Deutschen Pflegerates und trug entscheidend dazu bei, die Interessen der Pflegebeschäftigten stärker in den politischen Fokus zu rücken. Insbesondere die Berufsgruppe der Pflegenden freute sich sehr darüber, dass nun ein ausgewiesener Experte seine Sichtweise in politische Entscheidungen an zentraler Stelle einbringen kann.
Einer meiner Schwerpunkte auf dem Kongress war das Thema "Pflegekammern". Hierzu gab es am Freitagmorgen einen Themenblock, der vom Juristen Gerhard Igl gestaltet wurde. Der Professor ist ehemaliger Direktor des Instituts für Sozial- und Gesundheitsrecht der Universität Kiel. Er ging auf die Eirichtung einer Bundespflegekammer ein. Derzeit existiert auf der Bundesebene eine Gründungskonferenz, aber noch keine Bundespflegekammer. Die Einrichtung einer solchen ist erst sinnvoll, wenn zwei Landespflegekammern in einer Bundespflegekammer organisiert sind.
Markus Mai, Präsident der Pflegekammer Rheinland-Pfalz, stellte seinen Vortrag unter das Motto "Pro Pflegekammer contra Pflegering". In seinen Ausführungen verdeutlichte er, dass der bayrische Pflegering keine Alternative zu einer Pflegekammer darstellt, da dieser nicht unabhängig agieren könne. Zusammenfassend kam Mai zum Schluss: Ohne Kammer keine Selbstverwaltung, ohne Selbstverwaltung keine Selbstgestaltung, ohne Selbstgestaltung keine Aufwertung, ohne Aufwertung keine Zukunft. Die Anwesenden waren sich einig, dass die Selbstverwaltung ein Aspekt sein kann, den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten.
Der Personalmangel in der Pflege war in fast allen Debatten Thema.
Personalmangel führt zu Aufnahmestopps
Der Personalmangel in der Pflege war natürlich ein Schwerpunkt in den Diskussionen. Auf dem Pflegetag wurden die Ergebnisse des "Pflegebarometers 2018" vorgestellt. Danach sind in den rund 13.500 deutschen Pflegeheimen derzeit 17.000 Stellen offen. In der ambulanten Altenpflege sind weitere 21.000 Stellen nicht besetzt. Der Studie zufolge müssen 22 Prozent der Einrichtungen wegen Personalmangels zeitweilig Aufnahmestopps verhängen. 71 Prozent der Pflegeheime führen Wartelisten. Der Präsident des Deutschen Pflegerates, Franz Wagner, forderte daher einen "Masterplan Pflege".
Insgesamt wurde in den Debatten deutlich, dass es viele verschiedene Hebel gibt, um den Pflegeberuf attraktiver zu machen. Die Vergütung spielt dabei auch eine Rolle, aber längst nicht eine so große wie zu erwarten wäre. Wichtig ist den Pflegenden insbesondere, dass flächendeckend Tarife angewendet werden, um das deutliche Lohngefälle zwischen denjenigen, die im Krankenhaus arbeiten, und denjenigen, die in der Altenpflege angestellt sind, zu verringern. Weiterhin müssen unbedingt die Arbeitsbedingungen verbessert werden.
Dazu braucht es mehr Personal, das kostet Geld. Es gilt den Schatz zu heben, der darin begründet liegt, die Teilzeitquote zu verringern, aus dem Beruf Ausgestiegene wieder zur Rückkehr zu bewegen und ausreichend auszubilden. Es ist Geld erforderlich, das im Gesundheitswesen durchaus vorhanden ist, wenn es anders verteilt wird. Hier spielte die Anzahl der Betten in der akutstationären Versorgung eine große Rolle im Austausch der Argumente. Es sei auch dringend erforderlich, der Bevölkerung ehrlich zu vermitteln, dass gute Pflege Geld koste, hieß es. Potenzial für Verständnis dafür sei durchaus vorhanden.
Kurz vorbeischauen lohnt sich immer: Stand des Deutschen Pflegerates auf dem Pflegetag 2018.
Personaluntergrenzen in akutstationärer Pflege
Am Samstagmorgen nahm ich am Forum "Personalausstattung: Wie regeln, was sicher und gut ist?" teil. Derzeit verhandeln die Selbstverwaltungspartner auf der Bundesebene (Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen) über Personaluntergrenzen in der akutstationären Pflege. Bis Ende Juni sollen sie ihre Ergebnisse vorlegen, anderenfalls droht die Ersatzvornahme durch die Bundesregierung.
Selbstverständlich sind die Pflegenden aus unterschiedlichen Gründen nicht mit "Personaluntergrenzen" einverstanden, signalisieren diese doch die Verwaltung des Mangels, aber keine Lösung des Problems. Ein starrer - womöglich schichtbezogener Personalschlüssel - begünstigt Verlagerungseffekte. Es müsse verhindert werden, dass Pflegekräfte zu "Stationsnomaden" werden, hieß es.
Insgesamt hat es mir großen Spaß gemacht, beim Deutschen Pflegetag dabei zu sein, Neues zu erfahren und mit Gleichgesinnten zu diskutieren. Einen guten Anknüpfungspunkt bietet hier immer der Stand des Deutschen Pflegerates. Nächstes Jahr will ich unbedingt wieder hin!
Text: Heidemarie Rotschopf, Fotos: Deutscher Pflegetag
Geschäftsfeld Krankenhaus und Gesundheit