21. Juni 2017

Ambulante Pflege

Begehrte Zusatzleistung: Hausputz

Pflegen, betreuen und putzen – in all diesen Bereichen können Angehörige von Pflegebedürftigen Unterstützung beantragen. Dafür gibt es zusätzliches Geld. Groß ist das Interesse vor allem an Hilfen im Haushalt. Die ambulanten Pflegedienste müssen sich nun anders organisieren. Wie sie diese Herausforderungen meistern, war jetzt Thema einer Fachtagung der Diakonie RWL.

Frauke Bußkamp

Die Pflegestärkungsgesetze haben die ambulante Pflege finanziell besser ausgestattet. Besonders die Angehörigen von Pflegebedürftigen sollen entlastet werden. 2015 sind die Leistungssätze für Versicherte mit anerkannter Pflegestufe um vier Prozent gestiegen.

Zudem bestehen zusätzlich Ansprüche auf zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen. Seit 2017  sind es 125 Euro pro Pflegebedürftigem. Ein neuer Markt für die ambulante Pflege. "In der Praxis hat sich allerdings gezeigt, dass viele Pflegebedürftige nicht Betreuungsangebote in Anspruch nehmen, sondern Putzleistungen  aus dem Entlastungsbetrag einfordern", erklärte Frauke Bußkamp, Referentin bei der Diakonie RWL auf der Fachtagung "Putzen statt Pflegen?" in Münster.

Das hat laut Bußkamp alle Beteiligten überrascht, denn der Gesetzgeber wollte ursprünglich die Betreuungsleistungen wie Freizeit- oder Gruppenangebote für Pflegebedürftige stärken. Spazieren gehen, Vorlesen, Spielen – für all das sollten zusätzliche Kräfte eingestellt werden können.

Markus Leßmann, Abteilungsleiter im zuständigen Ministerium beantwortete Fragen zu den neuen Angeboten in der ambulanten Pflege

Praxisfragen noch nicht alle geklärt

Jetzt müssten sich die ambulanten Pflegedienste fragen, welche Angebote sie vorhalten wollen. Sie brauchen mehr Personal, das als Haushaltshilfe arbeitet. Haushaltsunterstützende Dienste in der Pflege sind von Betreuungsleistungen schwer abzugrenzen.

Denn: Wer bei Pflegebedürftigen putzt, muss auch gleichzeitig den Demenzkranken im Blick haben und mit ihm umgehen können. Zudem besteht bei den ambulanten Diensten Unsicherheit, ob sie zusätzlich zum Versorgungsvertrag eine Zulassung ihrer Angebote nach der Landesverordnung benötigen, da die genaue Umsetzung noch nicht in allen Punkten geklärt ist.

Markus Leßmann, Abteilungsleiter im zuständigen Ministerium, erläuterte, dass für die Zulassung der neuen Angebote nicht mehr die Bezirksregierung, sondern die Kommunen zuständig sind. Aber das werde sich noch einspielen, versprach er. Man müsse im Blick haben, dass die Leistungen der Solidargemeinschaft nicht zweckentfremdet würden. Hier sei Qualität entscheidend.

Teilnehmer der Fachtagung

Hausputz ist intim

Ina Bruns von den Evangelischen Sozialstationen in Duisburg berichtete über erste Erfahrungen mit Angeboten zur Unterstützung im Haushalt. Wenn jemand im Haushalt hilft, sei das für manche Kunden intimer als eine Ganzkörperwaschung.

Die gucken mit in die Schränke, hätten schon Kunden zu ihr gesagt, so Ina Bruns. "Nicht jede Hauswirtschaftsmitarbeiterin kann bei jedem Kunden eingesetzt werden." Es müsse passen. Aber die Putz-Dienstleistung sei oft der Einstieg. Wenn nötig käme die Pflegeleistung dann dazu.

Frauke Bußkamp (Mitte) mit demTeam der Diakonie RWL und den Fachverbandsvorsitzenden : Daniela Weymanns, Ulrike Telgenkämper, Wilfried Kehrbach, Sebastian Wirth und Regina Mehring (v.l.)

Pflege und Eingliederungshilfe zusammendenken

Für diakonische Träger liegt eine große Chance darin, Angebote der Pflege und der Eingliederungshilfe zu verzahnen und so neue Angebote zu stricken. "Anbieter vor Ort müssen sich zusammentun und zusammenarbeiten", meint Frauke Bußkamp.

Schon jetzt würden zum Beispiel beim ambulanten Wohnen Pflegeleistungen und Leistungen der Behindertenhilfe aus verschiedenen Töpfen refinanziert. "Die Chancen, dass wir verschiedene Dienste unter dem Dach der Diakonie haben, sollten wir nutzen."

Text und Fotos: Sabine Portmann / pixelio: Rainer Sturm

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